Mittwoch, 3. April 2024

Der Froschkönig (Brüder Grimm) gereimt

In einer Zeit - man glaubt es glatt, 
als Wünschen noch geholfen hat,
lebte eine Königstochter, 
des Königs und des Hofes Wonne
schöner noch als selbst die Sonne, 
die sich wohl oft wundern mochte,
wenn sie in ihr Antlitz schien.

Nah beim Schlosse lag ein Wald
dann in diesem Walde bald,
fand sich eine große Linde und
an diesem kühlen Ort
saß am Brunnen jenes Mädchen
herzlich gern und spielte dort.

Eine Kugel ganz aus Gold
warf sie hoch und fing sie wieder
ihrem Spielzeug war sie hold,
und sang dabei Kinderlieder.

Eines Tages fiel die Kugel
nicht aus der Höhe in ihr Händchen,
sondern sie schlug auf den Stein
und sie sprang darauf vom Rändchen
platschend in das Nass hinein.

Mit großen Augen folgte ihr
nach die junge Werferin,
doch der Brunnen hier war tief,
tief und ohne Grund darin.

So weinte sie nun bitter drein
da rief jemand laut ihr zu:
„Bist du nicht die Königstochter?
Sag, was störst du meine Ruh,
und schreist, dass sich erbarmt ein Stein?"

Sie blickte um sich voller Scham,
woher diese Stimme kam,
und sah einen Frosch der bläßlich
seinen Kopf, der dick und häßlich,
aus dem Brunnenwasser hob.

Und sie sagte ihm darob:
"Ach du bists, altes Wassertier!
Um einen goldnen Ball den meinen,
der an diesem Brunnen hier
mir aus meinen Händen fiel,
muss ich unaufhörlich weinen."

"Nun sei schon still und weine nicht",
sprach der Frosch mit viel Gespür.
"Denn ich bring ihn dir ans Licht,
doch was gibst du mir dafür?"

"Alles was du willst und mehr,
Kleider, Perlen, Edelsteine,
auch die Krone, die ich trage,
all das geb ich dir dafür,
wenn den Ball du bringst zutage."

„Kleider, Perlen, Edelsteine, 
und die goldne Krone deine,
will ich nicht, doch eine
Freundschaft und Gesellschaft fein,
will dein Spielgeselle sein.

Iss mit mir und trink mit mir 
vom Teller und aus goldnen Bechern
und zuletzt gib Zutritt mir,
zu deinen edlen Schlafgemächern!“

Und sie dachte, lass ihn schwatzen,
nur schnell herauf den goldnen Batzen!
Ein Frosch sitzt gern bei seinesgleichen
in den trüben Fröscheteichen.
Deshalb kann er keinesfalls
einem Mensch das Wasser reichen. 

„Bringst du meine Kugel mir,
bekommst du alles das dafür
was du dir wünschst und obendrauf
Küsschen noch von mir zuhauf.“

Der Lurch, sobald sie das gehaucht,
ist sogleich zum Grund getaucht,
sank hinab und kam dann wieder
aus dem Schacht heraufgekrochen.
Und aus dem Froschemaul hernieder,
fiel die Kugel wie versprochen.

Die Königstochter war voll Freude,
als sie ihr schönes Spielzeug sah,
sie hob es auf und sprang hinfort.
Der Frosch saß wie ein Pudel da.
Was galt der jungen Dame Wort?
"Warte, warte," rief der Frosch,
"nimm mich mit, ich bin so klein!"
Doch sie blieb taub und daher hüpfte
er den ganzen Weg allein.

Tags drauf hatte die Prinzessin alles wohl vergessen
und mit dem Hofstaat beim Salat zu Tische schon gesessen.
Da kam von der Marmortreppe "Plitscheplatsche" ein Geräusch
Und es klopfte an der Tür: "Ich rufe Königstochter, Euch!"

Sie lief die Treppen schnell herab, zu sehn, wer vor dem Tor,
doch als sie es öffnete, saß nur der Frosch davor.
Sie warf die Tür ins Schloß ganz ängstlich
und stieg wieder zu den Tafelnden empor.

Der König sah, dass ihr das Herze klopfte bis zum Hals,
und sprach "Was ist da außerhalb unseres Portals?
Ists ein Riese der die Keule schwingt wie ein Barbar?"
"Nein da sitzet nur ein Frosch, der mein Retter war."

"Als im Wald ich gestern war und meine Kugel fiel,
in den tiefen Lindenbrunnen dann bei meinem Spiel,
Da weinte ich so bitterlich in allerhöchster Not,
dass jener Frosch mir gegen Pfand seine Hilfe bot.
So verlangte er durchaus, mein Gesell zu sein,
doch ich dacht niemals könnte er hier zur Tür herein.
Aber nun ist er da draußen justament am Schrei'n."

"Mach mir auf, mach mir auf, Königstochter, jüngste,
weißt du, was du mir versprachst für meine guten Dienste?"
"Was du ihm versprochen hast, musst du nun auch halten.
Mach ihm auf, gehorche deinem Vater, deinem alten!"

Sie öffnete die Tür betrübt und es sprang herein,
die Treppe hoch zu ihrem Stuhl, das freche Fröschelein.
Da saß es schließlich und es rief "Heb mich zu dir empor!"
Und es aß seinen Kopfsalat, bis ihr der Mut gefror. 

Gang für Gang ließ sich der Frosch die guten Speisen schmecken,
Ihr jedoch blieb jeder Bissen fast im Halse stecken.
Der Frosch bedankte sich bei ihr sehr für das Bankett,
"Nun bring mich, Mädchen," sagte er, "in dein Himmelbett!"

Der Königstochter schauderte es vor dem kalten Lurch.
Als sie ihn fasste fuhr ein rechter Ekel durch sie durch.
Der König aber zornig sprach "Du sollst ihn nicht verachten!
Er half dir und er darf dafür bei dir übernachten!"

Mit zwei Fingern trug sie ihn hinauf ins Ruhezimmer,
in ein Eck schob sie ihn schnell, doch kam es noch schlimmer,
denn gerade als sie ging zur verdienten Ruh,
kroch er heran "Ich will bequem schlafen so wie du."

Bitterböse warf sie nun den Quaker an die Wand,
mit vollen Kräften worauf er mit einem "Plopp" verschwand.
"Du alter garstger Forsch kannst nie zu meinem Freunde taugen!"
Doch nun stand da ein Königssohn mit wunderschönen Augen.

Eine Hexe hätte ihn verzaubert, eine böse,
und lange hätte er gewartet, dass man ihn erlöse.
Morgen würden sie dann reisen in sein Heimatreich,
Darauf gingen sie zu Bett und sie schliefen gleich.

Am andern Morgen als die helle Sonne sie geweckt,
kam ein Wagen vorgefahrn, mit Federn angesteckt,
Acht weiße Rosse standen da, in güldenem Gezäum,
von hinten rief ein Diener froh "Ach Prinz, wir kehren heim!"

Der Diener war der treue Heinrich der in seinem Schmerz,
drei harte Ringe hatte legen lassen um sein Herz.
Denn es sollte nicht vor lauter Traurigkeit zerspringen,
Bis er endlich könnt den Herrn heil nach Hause bringen.

Als sie dann ein Stück des langen Wegs gefahrn hernach,
gab es einen lauten Knall als ob ein Rad zerbrach.
Der Prinz schob seinen Kopf hinaus zum Fenster und er sprach:

"Heinrich der Wagen bricht!"
"Nein Herr der Wagen nicht,
es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen,
als Ihr in dem Brunnen saßt,
als ihr noch ein Fröschlein wart."

Noch einmal und noch einmal krachten auf dem Weg die Ringe
und zweimal fragte auch der Prinz, ob es zum Rechten ginge.
So reisten sie zum Märchenschloß und wie ich mich entsinne,
sind sie noch immer ganz wohlauf  und allerbester Dinge.


Melancholische Lieder

Hier eine Liste von melancholischen Songs.

The Mission: Kingdom Come (Forever and Again), Butterfly on a Wheel
Echo and the Bunnymen: Killing Moon
Cultured Pearls: Silverball
The Hollies: He‘s my Brother, he aint heavy
ABBA: Chiquitita, Happy New Year
Last/Zamfir: Einsamer Hirte (Lonely Shepherd)
Metric: Breathing Underwater, Youth without Youth
Donkeyboy: Ambitions, Caught in a life
Silversun Pickups: The royal we, Growing old is getting old
Sia: Chandelier, I’m still here
Robyn: Indestructible 
Fragma: You are alive 
Garbage: I am milk
Depeche Mode: Halo, Walking in my shoes
New Order: True Faith
Tears for Fears: Mad world
The Cure: Same deep water as you
Mecano: Un año mas, Es no serio en cementerio
Dominique A: Immortels, Monochrome 
The Beatles: Eleanor Rigby
Don McLean: Vincent
Simon and Garfunkel: Sound of Silence
David Bowie: Absolute Beginners
Pink Floyd: Comfortably Numb
Wolfsheim: Kein Weg zurück

Donnerstag, 28. März 2024

Wochenkinder

Auf Anfrage hin hat mir meine Mutter eröffnet, dass ich die ersten vier Lebensjahre ab dem 3 Monat im Kinder-Wochenheim der DDR war. 

Dies ist meine Whatsapp Kommunikation mit meiner Mutter:

Rico: "Ich habe gerade ein ganz interessantes Buch zu Wochenkindergärten gefunden. Kannst du mir bitte noch mal sagen, von wann bis wann ich dort war? Ich finde es unheimlich spannend, mich zur eigenen Persönlichkeit weiter zu bilden."
Mutter: "Wegen der Wochenheime hab ich keine Unterlagen. Die Erinnerung ist nicht ganz vollständig. Du warst in einer Wochenkrippe am Schillerplatz bis zum 3. Geburtstag und anschließend im Wochenkindergarten in Rochwitz. Ich weiß  aber nicht mehr genau, wie lange. Der wurde irgendwann geschlossen und dann warst du in einem normalen Kindergarten in Dresden."
Rico: "Hast du noch eine Idee vom Eintrittsalter in die Wochenkrippe? Eher 3 Monate, 6, 9 oder 12. So ungefähr? Und ob die Krippe eine staatliche war? Ich würde gerne an einer (anonymen) Unistudie teilnehmen, die gerade läuft. Das wäre sehr nett von dir und würde mir sehr weiterhelfen!"
Mutter: "Das war staatlich. Private gab es sicher damals gar nicht. Und ja -  ab 3 Monate."
 
 

Wie man auf dem Bild sehen kann, war es aber doch eine betriebliche Einrichtung, nämlich die Wochenkinderkrippe "Lilo Herrmann" der VEB Verkehrsbetriebe Dresden auf der Waldparkstr. 6.

Das war also damals eine ideologische und logistische Maßnahme zur Befreiung der weiblichen Arbeitskräfte von der Mutterschaft.
Jetzt kann ich alle meine weirden Macken dahin schieben.Tatsächlich hat frühkindliche Säuglingsheimverwahrung weitreichende Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung (eben Hospitalismus), wobei es durchaus Überschneidungen mit Autismus und ADS gibt (Kommunikationsstörungen, fehlerhafte Mimikinterpretation, Ablenkbarkeit, Festhalten an Gewohnheiten).
Hervortretend sind aber im Gegensatz zu diesen: Angststörungen, Bindungsprobleme bis zur Unfähigkeit, Empathieminderung, Überanpassung, ausgeprägte Selbstständigkeit (niemanden brauchen, "Scheinbare Selbstständigkeit"), niedriges Selbstwertgefühl, gestörtes Gefühlsempfinden (deswegen psychosomatische Probleme). Ein Teil davon entsteht, weil der Stress Botenstoff Cortisol die Verarbeitung von inneren und äusseren Wahrnehmungen in verständliche Gefühle blockiert. Durch fehlende oder negative Spiegelung der Bezugsperson entsteht ausserdem möglicherweise "toxische Scham", bei der man sich als "falsch", "abstoßend", "wertlos", "überflüssig", "anders" und "nicht zugehörig" empfindet.

Ich nehm natürlich auch gleich, sowie auch viele andere Wochenkinder,an einer Psychostudie der Uni Rostock teil, sollen ja auch ein paar Doktoranden was von meiner Macke haben.
http://wochenkinder.de

Ich habe es erst jetzt komplett erfahren, vorher war ich nur von einem Jahr Wochenkindergarten ausgegangen. Ich habe kaum Erinnerungen daran, da war ich zu klein. Nur wenige Bilder. Scheint also nicht so spannend gewesen zu sein.

Ja, man bleibt dabei die ganze Arbeits-Woche im Heim, auch nachts. In einem Schlafsaal mit vielen anderen Kindern und einer Aufsicht.
Grausam ist nicht das Heim ansich, es ist sogar ganz nett da. Fehlt nur die persönliche Zuwendung. Jedes Kind bekam pro Tag durchschnittlich eine halbe Stunde Aufmerksamkeit von einem Erwachsenen. Es ist eine Art schmerzlose (weil man sich nicht daran erinnert) Operation, nachder man nicht mehr richtig fühlen kann oder man selbst ist. Wie im Buch „Der Goldene Kompass“ mit den Kindern und ihren Tierdämonen. Die DDR an sich war nicht für alle Kinder schlecht. Nur für die die Pech hatten.

Wütend bin ich, aber eher diffus. Nach all der Zeit kann man das an niemandem mehr auslassen ausser meiner Mutter und selbst die ist 72. Das bringt nix mehr. Sie war damals alleinerziehend, musste arbeiten und bekam keinen Tageskrippenplatz, der auf dem Arbeitsweg lag. Mein Vater ist damals nach Westdeutschland ausgereist. Bezugsperson war meine Urgroßmutter, bei der ich oft meine Wochenenden verbrachte. Die war allerdings damals 74 Jahre alt, also begrenzt bespielbar.

Die Betreuung im Heim lief nach dem Uhrwerk, ein Pfleger auf 10 Kinder. Sobald man laufen konnte, wurde eventuell sogar ein Tambourin benutzt, um das Taktgefühl zu verbessern. Marschieren rund um den Tisch und dergleichen. Kinder wurden teilweise zwangsgefüttert, im Bett und auf dem Topf festgebunden. Das sind logische Methoden landwirtschaftlich organisierter Aufzucht, vergleichbar mit einem Kälberstall.

 
Ein kleiner Einblick:

https://www.mdr.de/geschichte/stoebern/damals/video44532.html

https://www.youtube.com/watch?v=iLjHAP9Cho4

https://www.youtube.com/watch?v=8V2SnfigZAI

Ich verlinke noch das Video von einem Symposium über Säuglingsheime und Kinderwochenheime.

Bei einem derart starken Kindheitstrauma entsteht eventuell nicht nur ein "Schattenkind", wie bei normalen Menschen, indem der emotionale Anteil unterdrückt wird, der mit den Eltern in Konflikt stand, es wird manchmal ein großer Teil oder sogar die gesamte emotionale Persönlichkeit (EP) abgespalten ("Splitting") und verschlossen, man nennt das "
strukturierte Dissoziation". Man hat dann  möglicherweise fast keinen Zugang mehr zu seinen Gefühlen, was auch Alexithymie genannt wird. Hinzu kommt möglicherweise eine "komplexe posttraumatische Belastungsstörung".

Bei mir tritt folgendes auf: Ich kann meine Gefühle nur mit Hilfe von einer anderen Person erkennen. Ich fühle mich oft wie ein totes Stück Holz und habe auch keine gute Temperaturwahrnehmung. Bei stressigen Situationen gerate ich manchmal in einen Totstellreflex oder wechsele in eine Art äusseren Betrachter, der nur zuschaut oder schlagfertig lakonisch kommentiert. Ich kann aber auch einfach nur „funktionieren“. Ich spiele und täusche Emotionen in sozialen Situationen manchmal vor. Darin bin ich mittlerweile so gut, dass Fremde nichts mitbekommen. Ich habe Probleme mit der geschlechtlichen Wahrnehmung (nicht Identität) meiner Selbst. Ich empfinde körperliche Nähe situationsbedingt als belastend und intrusiv. Ich habe ungeordnete, widersprüchliche und schwer datierbare Erinnerungen nicht nur an meine frühe Kindheit, sondern bis hinein in meine Pubertät. Meist sage ich "etwa 10 Jahre" um dann später zu merken, es waren 7 oder 14. Ich hatte und habe (wahrscheinlich psychosomatische) Schmerzen in den Muskeln am ganzen Körper. Ich bin wenig emphatisch und kann Emotionen anderer Menschen schlecht zuordnen.

Meine Frau merkt noch an, dass ich von meiner Familie entfremdet bin, mich nicht über Erfolge freuen kann und meine Gefühle und Wünsche wie gesagt schwer verbalisieren kann.

Dienstag, 5. März 2024

So, Frühling

Als die Kätzchen weiden gingen,
pelzig sich von Zweigen hingen,
in das glucksend Bächlein neigten,
still ihr Spiegelbild beäugten,
grasten Halme sanft und leise
und die Spatzen suchten Speise.
Tranken aus den Märzenbechern,
pfiffen es von allen Dächern,
dass bald Osterglocken läuten
um zu wecken aller Breiten,
schlafbeäugte Siebenschläfer,
Schmetterling und Maienkäfer.