Die Nacht war sternenhell und es befand sich auf einem schwankenden Holzschiff. Auf und ab. Auf und ab. Weisse Stoffbahnen blähten sich an drei Mastbäumen. Und am höchsten Mast ganz oben flatterte eine Schädelflagge! Tock, tock, tock. „Wen haben wir denn da?" Der Velourgrünling schaute in ein langes, knochiges Gesicht mit schmallippigem Mund, Hakennase und kühlen hellgrauen Augen, umrandet von ebenso grauem, silberigem Haar, auf dem ein Dreispitz saß. „Guck guck!" Eine Hand mit stählernem Griff umklammerte seine Schnauze und das Kroko verlor den Boden unter den Füßen. „ Ein willkommene Abwechslung für die Küche, har, har. Du kommst in den Topf, mein Kleiner!" Dann richtete der Mann sich auf (er war sehr groß und trug das bibberige Speiseplankroko über Deck. Mit seinem Holzbein (tock, tock) unterhielt er dabei die Männer unten in ihren Kojen ganz ausgezeichnet.
Die Sterne beguckten noch immer die Schiffsplanken und manchmal
blinzelte eines. So sahen sie auch, wie der lange graue Mann mit dem
Kroko unter dem Arm unter Deck verschwand. Aber Sterne sind eitel und
sonnen sich nur in ihrem eigenen Licht. An der Tür griff der
Holzbeinmann nach einer Petroleumfunzel. Dann ging es über wackelige
hölzerne Stufen abwärts. Tock, tock.
Ein riesiger, krummer Schatten
folgte ihnen. Kroko hielt sich die Vorderbeine vors Gesicht. Dann
blieb der graue Hühne stehen und hämmerte gegen eine Tür. „Käpt'n!
Neuigkeiten!" Hinter der Tür rumpelte es, Glas klirrte und ein paar
saftige Flüche folgten. Knarr, das Brett öffnete sich einen Spalt breit
und ein Pistolenlauf schob sich dazwischen hervor. „Mr. Graven, wenn's
nichts Ernstes ist, landen sie bei den Fischen, ich schwör's!" „Nee,
Käpt'n! Ich hab was Lustiges gefunden." „Hah, sag's doch gleich, alter
Halunke! Hereinspaziert!" So schwang die Tür auf und gab den Blick auf
einen Mann frei, der etwas kleiner war als Holzbeinmann. Wie dieser war
er nicht besonders dick, sondern drahtig und wettergegerbt. Im Gesicht
wucherte ihm ein wilder schwarzer Bart und seine Augen funkelten wie
polierte Metallkugeln. So schwarz wie sein Bart war seine Kleidung, von
der sich eine rote Schärpe albern abhob. Mit einer weit ausholenden
Geste hieß er den Grauen eintreten und steckte die Pistole zwischen
Wams und Schärpe. Wo seine rechte Hand hätte sein sollen, war ein
Haken. Ein schmieriges Lächeln bemächtigte sich seiner. „Nun raus mit
der Beute, har, har!"
Schwarzbart schob mit der Hakenhand ein
paar leere Weinflaschen vom Tisch, die zu Boden polterten und im
Halbdunkel zwischen güldenen Kelchen, Kisten mit Dublonen, Edelsteinen,
Perlen und Elfenbeingötzen verschwanden. Mr. Graven packte das Kroko
auf die Platte, die Schnauze weiterhin fest umklammert. „Naa? Zuviel
versprochen? Fass mol dran" „Ich wird verrückt, ein Krokodil mit Fell!"
„Sollen wir das essen?" Sofort guckte Holzbeinmann wieder in die
Pistolenmündung. „Das könnt euch so passen" diesmal hatte die Stimme
des Käptn's einen messerscharfen Schliff. „Ordinäres Gesindel! Ohne
Bildung und Verstand! Ihr würdet ein Kiste Gold nicht erkennen, selbst
wenn ihr mit dem Gesicht drin läget! Das ist jetzt meins! Jeder, der
sich dem Ding auf fünf Schritt nähert, bekommt den Scheitel gelüftet,
beim Barte meiner Großmutter ! Nun raus, du stinkender Holzknochen!
Willst du meine Zeit stehlen?" Holzbeinmann ließ die Krokoschnauze
zögernd los und wich zurück. Böse grinsend schloss er die Tür. Sobald
der widerliche Trunkenbold wieder einmal besoffen röchelnd in seiner
Kajüte lag, würde er keinen Piaster mehr auf seine schwarze Seele
verwetten. Einen Dietrich hatte er schon lange. Da pfiff er sich eins
und grüsste im Vorbeigehen den Steuermann. „Einen gesegneten Abend, Mr.
Oars!" Mr. Oars nickte schweigend.
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