Mittwoch, 3. April 2024

Kommissar Blindschleiche

Es fand die blinde Schleiche
im Walde eine Leiche.
Unter einer Kiefer,
ganz nah beim Schienenstrang.
Nach kurzer Investigation
und Leibesvisitisation,
dem neugiergem Reptil ein tiefer
Seufzer sich entrang,
"Ach, den Täter gält's zu finden!
Was musste ich denn nur erblinden?"

Der Auftritt

Fugelhuf Vielgebein war eine Ein-Mann-Band. Vielgebein war von der Art her ein Hundertfüssler (Centipede), stand einem König zu Diensten und zwar einem geizigen, dem eine orchestrale Bemannung mit separat eßlustigen Individuen gegen den Strich ging, salopp gesagt. Fugelhuf spielte etwa 60 Instrumente, ein, zwei oder 3-händig, ein Standbein nicht zu vergessen.

Alle Blasinstrumente waren jedoch des Mundes bedürftig und davon hatte Fugelhuf auch etwa 25. Mehr oder weniger (aber gottseidank nur einer mit Zugang zum Magen, wie Ihro Durchlaucht bemerkte). Der Hundertfüsser besaß auch eine bemerkenswerte Präzision. Nachdem er Instrument für Instrument eine jeweilige Sinfonie oder Sonate einstudiert hatte, ratterte alles nur so und schnurrte aus ihm heraus. Beim Spielen wiegte er sich dann auch ästhetisch und der Klang der Geigen, Oboen und Brummtöpfe und wasweissich schwappte nur so kreisrund in das sprachlos gaffende Publikum.

Aber es begab sich zu der Zeit, als just auch der Dekan für neue Musik der musikalischen Fakultät Ausschau nach Möglichkeiten hielt, die maroden und verkommen blasierten alten Zöpfe der Kammermusik radikal neu zu frisieren, das Herr Vielgebein krank wurde. Ein zehrendes Fieber zerstörte seine Präzision zunehmend, Husten und Schneuzanfälle kamen hinzu!

Der Dekan erreichte den Hof mit verhaltener Langeweile, während bei dem Musikanten schon kein Fuß wußte mehr, was der andere tat, man munkelte auch von Gehirnerweichung! Der Füsser hatte darob in den vergangenen Tagen begonnen, scheußliche Klangunfälle zu produzieren, Disharmonien von solch entfesselter Vehemenz, dass Mittelohrentzündungen den halben Hof erfassten. Der Koch etwa konnte den Unterschied zwischen Rouladen und Buletten nicht mehr verstehen und servierte Rouletten. Der König grübelte, ob er sich eine Orchesterpause leisten konnte, während der Dekan, nach Erfrischung und Neugewandung an der Tafel Platz nahm.

„Herr Vielgebein spielt heute die Lachkantate von Vogelschrei dem Runden!“ tönte der Herold, während auch der Hof platziert war und sich, die Ohren wohlverstopft, über das Essen wunderte. „Fanget an!“ Fugelhuf begann nun sein jämmerliches Schauspiel, während Triefbäche sich seines Körpers entwanden und ihn so glitschig gestalteten, dass er glänzte wie eine Specktomate und einzelne Instumente, flutsch, sich ins Dunkel verabschiedeten. Während die Fürsten und Grafen und dergestalt trotz Pfropfen schmerzvoll die Augen verdrehten, durchfuhr den Dekan ein ganz neues Gefühl der Leichtigkeit. Diese Freiheit der Form! Diese lustigen Soli! Das war neu, das war vielleicht sogar Jazz! Juchzend sprang er auf und applaudierte. „Maestro, bravo, bravo.“ Dann hielt er inne und sinnierte, ob er diesem Wahnsinnswerk noch das eine oder andere Krönchen aufsetzen könne.

Da hielt er ihm eine Handvoll Heu unter die Nase, das er achtlos aus dem Sitzkissen gerupft. Der Centipede explodierte daraufhin, der Schall der Hörner brachte eine Wand der Burg zum völligen Einsturz. „Aha!!!“ „Und hiermit?“respektlos stopfte er einen Löffel Senf in einen der Münder, bis heute ist es fraglich, ob es der richtige war. Vielgebein schwankte und schüttelte sich, ja er zitterte ein zermürbendes Vibrato, das nicht nur die Gläser und Krüge zersplitterten. Etliche Damen fielen in Ohnmacht. Vielgebein flatulierte und vestummte. "Welch ein neuer Ton!" frohlockte der Musikwissenschaflter.

"GENUG!", brüllte der König. "DAS DULDE ICH NICHT LÄNGER! VERSCHWINDE ER DER HERR DEKAN UND NEHME ER DEN KRACHMACHER MIT SICH!“ Sprachlos vor Glück hüpfte der Dekan durch das Loch in der Mauer, schleifte sein japsendes Geschenk mit sich, hängte es über den Esel, warf die Instrumente in den Karren und schritt hinfort. Über den Genesungsfortgang und wissenschaftlichen Fortlauf der atonalen Experimente des Dekans und seines Maestros ist wenig dokumentiert, nur einige wenige Auftritte mit Neuschöpfungen des Dekans, die kaum Anklang fanden, sind in den Annalen der musikalischen Fakultät notiert. Später freilich, lange nach deren Tod wurde der Dekan rehabilitiert und Fugelhufs Dissonanzen etablierten sich auf dem Musikmarkt.

Der Schellfisch

Ein Schellfisch blieb verschollen,
wollt weg von seiner Ollen.
Er sah die Wellen rollen,
an südlichen Atollen
Und sie die Wogen schwellen,
in den Dardanellen.
Da konnt sie jetzt den Schollen
ihren Mist erzählen.

Derweil an karamellen-
süssen Sprudelquellen,
mit lieblichen Sardellen
und einem Tintenfisch
als hellen Tischgesellen,
liess er sich gefallen,
das Leben so in allem.
Na, auf jeden Fall,
sucht' sie ihn überall.
Er trank auf seine Olle,
dass sie der Kescher hole.

Doch dann im hohen Norden
ein Stör betört im Fjord
freut' sich ganz unerhört,
ein Schellfischweibchensingle
ist seine Frau im Schnellen,
gerade noch im Hellen,
dann ohne Flax geworden.
Und wenn sie nicht erfroren sind,
leben sie noch dorten

Die Leierei

Es war ein mal ein Geier,
der spielte seine Leier
Das hörte ein Reiher,
der saß im Reiherweiher.

Bald wars für den Reiher
genug der Geierleier
Er sprach "Deine Leierei
verursacht bei mir Reiherei!
und das ist mir nicht einerlei,
denn ich leg grad ein Reiher-Ei."

Der Geier sagt darauf "Auweia,
ich üb' für eine Geierfeier
und was wär eine Geierfeier
ohne einen Leiergeier?"

Darauf der Reiher sprach" Verzeih,
ich wusst nichts von der Feierei.
Doch kannst du nicht leiser leiern?
Sonst muss ich mich heiser reihern."

So übte nun der Geier leise
seine Geierleierweise
und der Reiher schlief dann bleiern
ein auf seinen Reihereiern.


Dann senkt sich der Nebelschleier
leise auf den Reiherweier
und der fleissge Leiergeier
fliegt zu seiner Geierfeier.