Montag, 13. Oktober 2025

Das Mädchen ohne Hände Teil 5

Durch ein Loch im Felsgestein,
schlüpfte sie in eine Halle.
Bleich und dünn bei rotem Wein
warteten die Geister alle,
neben einer vollen Tafel
und im Schein der Kandelaber,
sehr vertieft in ihr Geschwafel,
an die hundertzwölf Kadaver.

“Iss mit uns und stärke dich!”
luden sie die Dame ein,
führten sie dann an den Tisch,
gaben ihr und schenkten ein,
süsse Früchte, Hasenbraten,
kühles Bier und heißen Tee.

“Liebe Frau, lass mich dir raten,
alles was ich vor mir seh,
ist für Lebewesen giftig.”
flüsterte ihr Mantel leise
und sie nahm, der Grund war triftig,
einen Biss von jeder Speise,
einen Schluck von jedem Trank,
doch in Wahrheit spuckte sie
all das unter ihre Bank.

Und erschrocken zuckte sie
als ein Geist sie höflich fragte:
„Wißt ihr wie es vor sich ging,
dass mein Sohn, der stets Verzagte,
plötzlich für Euch Feuer fing
und wie er danach entschieden,
eurer sicher überdrüssig,
sich mit Ihnen zu begnügen?
Das ergibt sich mir nicht schlüssig.“

„Frauchen wir sind selber schuld,
da wir unser Kind beschädigt.“
sprach ein zweiter mit Geduld.
"Und das Schicksal war uns gnädig,
dass das nette Frauenbild
sich mit unserm Sohn vermählte
und dass er auch zu ihr hielt
trotz des Herzstücks, das ihm fehlte.“

„Dass wir beide fehlerhaft
und so voller Zweifel waren
hat den Unterschied gemacht.“
sprach die Frau, um fortzufahren
„Freundschaft, Achtung und Geduld
sind die Bänder unsrer Liebe.
Sagt, wer hatte denn die Schuld,
wer schnitt denn so jung die Triebe
seines Herzens auseinander?“

„Ach, das war ein schweres Los!
Doch, mein Kind, das ist ein langer
Faden, den ich spinnen muss.
Reicht mir eure Hand zum Tanz,
lasst uns ein paar Runden drehen,
dann erzähle ich euch ganz,
was vor Jahren ist geschehen.“

Aus den Knocheninstrumenten
drangen grässliche Geräusche
zu dem Geisterdirigenten
und es hielten sich die Bäuche,
oder was davon geblieben,
alle, die den Jammer hörten
und die Stimmung war gestiegen
weil es quietschte, quäkte, röhrte.
Seit dem Jahr drölfhundertacht
oder wars drölfhundertneun
hat man nicht mehr so gelacht,
ach, wie war der Unfug fein.

Alles war alsbald gestimmt,
ausgebürstet und gereinigt 
und das Tanzbein schwang beschwingt,
auch die Dame war beteiligt,
manche Königin samt Gatten.
„Meine Werte, Sie gestatten,
dass ich ihnen jetzt erzähle,
was seit einer Weile schon
brennt und liegt auf meiner Seele.“

Weiter ging’s im ernsten Ton:
„Es traf einst zwei Feenkindlein
ein bedauernswerter Fluch,
als ein Händler war mit Kästlein
im Palaste zu Besuch.
Brachte Seifen und Gewürze,
Weihrauch und auch Haushaltswaren,
Lampen, Öle, ja in Kürze,
Dinge die die Sinne laben.

In der Nacht, die darauf folgte,
fand der Junge, also ich,
wie er auf dem Boden tollte,
eine Lampe unterm Tisch.
Er trug sie zu seiner Freundin,
die ihm auch als Braut versprochen,
und sie applaudierte freudig,
und kam aus dem Bett gekrochen. 

Als wir mit der Lampe spielten,
fuhr ein Wind durch unser Haar.
worauf wir uns reizbar fühlten,
zornig und auch sonderbar.
„Gib es mir! Nein es ist meine!“
balgten wir uns um das Ding.
Und wir sagten dann gemeine
Worte als es weiter ging:
„Du bist hässlich!“ „Du bist dumm!“

Kaum, das wir es laut gesagt,
schrie ein Stimmlein barsch herum 
„Kinder, die es dreist gewagt,
mich nach fünfzehnhundert Jahren,
aufzuwecken aus dem Schlaf,
will ich trefflich aufbewahren!“,
was uns unerwartet traf.
Nach dem ersten Schreck kam Lachen,
und wir legten uns ins Bett.
Am nächsten Tag war das Erwachen 
aber nicht mehr ganz so nett. 

„Wo sind wir?“, fragte ich mein Blümchen.
„Wo sind wir?“ fragte sie auch mich.
Doch so sehr wir uns bemühten,
wussten wir es beide nicht.
In den Gängen, schmal und leer,
viele waren`s an der Zahl,
hingen Spiegel ringsumher
und das Licht war blau und fahl.
Und dann sah man in den Spiegeln,
flackernd, klein und sonderbar,
ein Gesicht mit Brillenbügeln,
welches das des Händlers war.

„Hab ich euch, ihr schlimmen Diebe,
die mir meine Lampe stahlen.
Diese ungezähmten Triebe
dürft ihr teuerlich bezahlen!“
„Davon stimmt doch überhaupt nichts,“
wagte ich den Widerspruch
angesichts des Strafgerichtes.

„Hier in meinem Kassenbuch,
da steht nichts, dass ihr erworben 
Lampen oder anderlei,
ihr seid feige und verdorben!
Dennoch lasse ich euch frei,
wenn ihr euer erstes Kindlein
meiner Obhut überreichet
und so eurer dunkles Sündlein
ehrlich und gerecht begleichet."

Und so mussten wir das Spiel
über uns ergehen lassen,
nur um beide, ängstlich still,
folgenden Entschluss zu fassen:
Niemals gäben wir ein Kind
einem Teufel so wie diesem.
Doch wir sagten: "Ganz bestimmt!",
denn wir waren angewiesen
auf des Hexers falsche Gnade. 

Und wir fielen in die Betten
als die Sonne stieg gerade.
Trotzdem wollten wir ihn retten,
unsern Sohn, den sie gebar.
Jahre später, unter Mühen,
als er noch ein Säugling war,
wirkten wir den Zauber, der,
sollte ihm ein Unglück blühen,
brächte seine Wiederkehr.

Deshalb ward das Herz geteilet,
dass, nach altem Ritual,
ein Teil in der Gruft verweilet,
für den allerschlimmsten Fall.
Himmel- oder höllenwärts
mag man es für sich stibitzen:
niemand kann ein halbes Herz
jemals ganz für sich besitzen."

Die Musik erstarb im Nu,
und die Geister zischten laut.
Und dann sah man ihre Wut,
kalt und lange aufgestaut.
"Eindringling!", so riefen sie
und die leeren Augenhöhlen
glühten rot, dann eilten sie,
um den Bösewicht zu stellen,
aus dem Saal die Treppen hoch.
Nur die Dame und ihr Mäntlein
blieben in der Halle noch.

… Quäntlein






Samstag, 6. September 2025

Das Mädchen ohne Hände Teil 2 (Grimm/Schleich)

Es war ein schöner, kühler Tag,
der Himmel klar und heiter.
Den Pinsel schwang mit rotem Lack
der Herbst auf seiner Leiter.
Gänse zogen mit den Wolken
langsam durch das satte Blau
und dem jungen Mädchen folgten
kleine Spuren durch den Tau.

“Es liefen zwei kleine Hände,
die ihrer Herrin so hold,
sie liefen durch manches Ländle
und brachten ihr Segen und Gold.”
Sie sprang und sang von ihrem Glück
und konnt es kaum erwarten
und wanderte ein gutes Stück
zu einem großen Garten.

Dort hingen nachts im Mondenschein
des Herbstes reiche Gaben.
Den Garten schlossen Gitter ein
und ringsum lag ein Graben.
Saftig süße Früchte zogen
Wandrer an mit ihrem Duft.

Und über schweren Ästen flogen
kleine Feen in der Luft.
Das Mädchen spürte großen Hunger,
dachte 'wär ich nur darin!'
Sie betete zu Gott im Kummer
und sank zu ihren Füßen hin.

Da schritt ein Schimmer durch das Dunkel,
ein Raunen ging durchs kleine Volk.
Ein Engel schwebte im Gefunkel
der Sterne und mit ernstem Stolz
zog er nun an Tor und Schleuse,
das Wasser gab den Eingang frei.

Es rief die Maid vor lauter Freude
und erhob sich nebenbei:
„Du Engel bist schön, schön und hell
leuchtend am andern Gestade.
von meinen Träumen bist du wohl
der mit Flügeln gerade.“

Nun ging sie in den Obsthain
und der Engel ging mit ihr.
Sie lief hin zu den Birnlein,
die waren nummeriert.
Jede Birne ward gezählet
auf die täglich gleiche Weise.
Denn sie waren auf der Welt
des Königs liebste Speise.

Sie trat hinzu und aß die Birne,
die vor ihrem Munde hing
und hinter ihr verzog die Stirne
der Gärtner, dem das nahe ging.
Er hatte Angst und dachte schon 
die Kleine sei ein echter Geist,
der in himmlischer Mission
in Gegenwart von Engeln reist.
Er schlug sich seitwärts ins Gebüsch
und das Mädchen ebenfalls.
Beide beteten für sich
zum Geber dieses Abendmahls.

Es kam der König anderntags,
um nach dem Obst zu schauen,
denn er konnte, wie gesagt,
nicht so recht vertrauen.
Er zählte und er sah sodann,
daß eine Birne fehlte
und fragte "Heda Gärtnersmann,
wo ist der Birnen zwölfte?"
Der Gärtner sprach: "Die letzte Nacht
kam ein Geist herein
der hatte keine Hände, ach,
und mit dem Mund allein,
aß er eine Birne ab!"
"Wie kam er über den Kanal?"

„Es kam ein Engel noch herab
und der schloss dann auf jeden Fall
die Schleuse und der Geist war drin.
Und des graus‘gen Engels wegen
kam ich auch nicht mehr dahin,
zu fragen oder einzugreifen.“

Der König sprach: „Oh, welche Pfeifen
habe ich nur eingestellt!
Komm, ich will mich auch verstecken,
du furchtsamer Pantoffelheld!
Wir warten hinter diesen Hecken,
wies als Jäger sich empfiehlt,
um den frechen Geist zu fangen,
der mir meine Birnen stiehlt." 

Um Mitternacht dann kam die Maid
hungrig hin zum Baum geschlichen,
streckte sich und hat vom Zweig
eine Birne abgebissen.
Der König flog, nach Feenart,
dem Mädchen mutig vors Gesicht
und er sprach: "Bei meinem Bart,
hab ich dich, du Bösewicht!
Bist du ein Mensch oder ein Geist?
Komm, spuck's aus und sei nicht scheu,
Es gibt Ärger, wenn du kneifst,
Ich schwöre es, bei meiner Treu!"

Sie gab zurück: "Ich bin kein Geist,
sondern nur ein armer Mensch.
Ich bin hungrig, dass du's weißt
und kein dummes Nachtgespenst.
Alle haben mich verlassen,
nur der liebe Gott noch nicht.

Wird die Strafe mir erlassen,
oder muß ich vor Gericht?"
„Bist du auf der Welt allein
und arm wie eine Kirchenmaus,
sollst du’s fürder nicht mehr sein.
Ich nehm dich mit zu mir nach Haus!“

„Ich bin groß und du bist klein,
ehrenwerter Feenfürst.
Wie pass ich in dein Häuslein rein?“
„Wie du gleich erleben wirst,
haben wir die schöne Gabe
der metamorphen Zauberei.

Wenn ich dich verkleinert habe,
stehn dir hundert Zimmer frei.“
Er mochte sie, das konnt` sie spüren,
der König gab ihr Silberhände,
um sie in sein Heim zu führen.
Alles nahm ein gutes Ende. 

Ein Jahr oder Jahre später
oder eine Spatzenfeder … später:

Am Tag der Hochzeit wimmelten
kleine Wichte durch die Nesseln
und süße Dämpfe kringelten
aus Töpfen und aus Kupferkesseln.
Aus Blumen und aus Spinnwebspitzen
ward das Tischtuch vorbereitet,
und auf breiten, flachen Pilzen
mit viel Sorgfalt ausgebreitet.
Kleine Musikanten schlugen
auf die blauen Blütenglocken
und auch freche Tröten trugen
bei zu Jauchzen und Frohlocken.

Viele tausend Glühwurmlichter
brachten feierlichen Schein
viele hundert Wichtgesichter
trafen sich zum Stelldichein.
Die Herrscher der vier Feenstämme
Erde, Himmel, Wasser, Feuer,
fuhren vor zum Festgeschlemme
in Karossen schmuck und teuer.

Des Erdenkönigs Kutsche ward
gezogen von sechs braunen Wieseln.
Dem Kutscher hing der grüne Bart
hinunter bis zu seinen Stiefeln.
Der Meereskönig glitt heran
in einem gelben Bernsteinwagen,
samt roten Krabben als Gespann
und mit blaubefrackten Pagen.

Aus dünnen Spalten in der Erde
züngelten nun Irrlichtflammen.
Schwarze Salamanderpferde,
mit orange gefleckten Wangen
zogen die Rubinkalesche
des Feuerkönigs in die Runde
und dabei war seine fesche
Lockenpracht in aller Munde.

Die Kometengondel trug
ein mächtger Falke in den Klauen.
und heraus sah stolz und klug
der Liebling aller Wichtelfrauen.
Der Luftikus, Herr König Sturm,
die Vier des Elementenreigens
flog in Silberuniform
zum Mittelpunkt des Hochzeitstreibens.

Der Erdenkönig sprach “Mit Küssen,
grüß ich euch in meinem Garten!
Doch geduldet euch, wir müssen
kurz auf meine Gattin warten.“
Das Mädchen kam im weißen Kleid,
mit spiegelblanken Silberhänden.
Von den Gästen konnt vor Neid
keiner seinen Blick abwenden.

„Komm mit mir!“, so rief der eine,
und du wirst ein Kind der See.”
Der zweite sagte: „Sei die meine!“
Auf den Wolken, weiß wie Schnee.“
„Nein, sei meine Feuersbraut,
Du hast rechtes Temprament!”
sprach der dritte und er staunte
“Himmelherrgottsakrament!”

Der Erdenkönig hob darüber
mürrisch seine Augenbrauen,
sprach: "Auf eure Treue, Brüder,
kann ich wahre Schlösser bauen!"
An diesem Punkt, der sehr pikant
oder doch zumindest heikel
kam der Gärtner angerannt,
wie ein angesengter Teufel,
warf sich hin und stiess hervor
„Diese sonderbaren Spinnen
fand ich drinnen, nah am Tor!“

Und dann, ohne langes Sinnen
sprangen aus dem Korb, dem seinen
zwei flinke Hände und spazierten,
untermalt von spitzen Schreien,
die die Ohren strapazierten,
zum Mädchen, das vor Freude jauchzte:
"Kommt zu mir, oh meine Schätzchen!"
und dann etwas leiser hauchte:
"Hopp, an eure rechten Plätzchen!"

Von fern her klang nun, weinend, klagend,
eine Flötenmelodie,
Drang und Sehnsucht mit sich tragend
nach Verzeih'n und Harmonie.
Die Händchen hielten zögernd inne
und begannen sich dann wiegend,
wie das Gras im Abendwinde,
an die Melodie zu schmiegen.

Und die Flöte sie klang so hell,
langsam und manchmal schnell
und sie verführte zum Tanz.
Ja, und die Wichte sie drehten sich
fühlten sich glückselig,
hielten sich fest an der Hand.
Und sie vergaßen all ihren Streit,
Wünsche und Herzeleid
und so geschahs, dass vom Fest
nach einem ganzen Jahr
noch großes Reden war,
wenn man sich darauf verlässt. 

Dienstag, 2. September 2025

Jugendsünde (Jambus)

Es hat ein Marionettenmann,
an seinen Zwirnen hing er dran,
den Lenker suchen sich getraut,
ach, hat da nur ein Kind erschaut.

Und wenn ich keine Fäden hätt,
so grübelte der Marionett,
wär jeder Tag voll Sonnenschein, 
ja, und ich trüg mein Kreuz allein. 

Er riss sich los, doch war er schwach
und schlug lang hin mit lautem Krach.
Dem Boden der Tatsachen war
er mit der Nase traurig nah.

Nur weiter jetzt und ganz in Ruh, 
so sprach sich leis der Holzkopf zu.
Und lernt nun laufen Tag für Tag,
und Handstand und den Überschlag.

Sonntag, 31. August 2025

Der gestiefelte Kater (Grimm) (Trochäus)

Es war mal ein alter Müller, 
der war dreier Söhne Vater.
Eine Mühle war sein Reichtum 
und ein Esel und ein Kater.
Wie es sich so traurig fügte, 
lag der Müller bald im Sterben
und was er dereinst besessen, 
teilten sich die werten Erben.
So bekam die Mühl der erste
und den Esel dann der zweite,
und der Kater kam zum Jüngsten, 
den das überhaupt nicht freute.

Lauthals rief er: "Eine Katze!
Das ist wahrlich für die Katz!
Was tu ich denn damit bitte?
Einen warmen Pelzbesatz
gar für meine kalten Ohren? 
Doch solang ich barfuß gehe,
wirkt das freilich unverfroren.  
Und das Fleisch wie ich es sehe,
reicht wohl kaum für einen Braten." 

"Ach, mein Herr ich will dir raten,
lieber nicht so lang zu trauern."
sprach der Kater schließlich sauer.
"Ehrlich, spar dir dein Bedauern! 
Gib mir einen großen Beutel
und auch leidlich gute Stiefel 
und dann schleiche ich mich heute,
nur um mich dir zu beweisen, 
hurtig unter reiche Leute."

Ja, der Jüngste war verwundert, 
wegen seines Katers Reden.
Und doch rief er schnell den Schuster, 
um die Elle anzulegen.
Als die Stiefel fertig waren, 
zog sie gleich der Kater an
und verschloss den Leinenbeutel 
fest mit einer Schnüre dann.
Auf zwei Beinen, wie ein Menschlein,
ging er stolz zur Tür hinaus
und er legte tief im Walde
einen Weizenköder aus.

Denn des Königs Rebhuhnhunger
war bekannt und gar nicht neu, 
und die hohe Zahl der Jagden 
machte diese Vögel scheu.
Doch der Kater jagte nicht mal, 
sondern stellte eine Falle
und die Hühner kamen her, 
ein paar richtiggehend dralle.
Huhn für Huhn, mit großer Neugier,
kroch nun in den offnen Sack 
und der Kater zog am Stricke,
nahm den Sack selbst huckepack.

Schnurgeraden Weges ging er 
damit zu des Königs Schloß
und die Wachen, die ihn sahen, 
lachten hämisch wiehernd los.
„Wohin will denn der so große 
Sack mit diesem kleinen Kätzchen?“
„Mensch, den König will ich sehen,
lass er diese blöden Mätzchen.“
„Bist du tollkühn, als ein Kater 
möchtest du zu unserm König?“
„Laß ihn durch, dass wird ein Späßchen
unser König lacht so wenig.“

Nun, der Kater kam zum König 
und er beugte sich vornüber.
„Flügelwild schickt Euch mein Gräflein
und vom fettesten Kaliber.“ 
Ihre Hoheit wusste darob
sich vor Freude nicht zu fassen
und er gab dem Kater ein paar 
Taler aus den Landeskassen.
„Diese bringe deinem Herren 
und den Dank für das Geschenk!“

Derweil schob das Müllerssöhnchen 
trüb den Kopf aufs Handgelenk. 
Denn er sann am Fenster danach, 
wann das Unglück von ihm ließe
und da trat der Kater ein, 
warf ihm etwas vor die Füße.
„Hier sind Münzen für die Schuhe, 
unser König lässt dich grüßen.“
sprach der Kater und zog flott die 
Stiefel von den Katerfüßen.

"Geld hast du jetzt zwar genügend 
doch dabei solls gar nicht bleiben.
Morgen will ich mein Geschäft gleich 
noch einmal im Wald betreiben.
Ich werd Rebhuhnlieferant dann
für den höfischen Bedarf. Und
du, mein werter Müllerssohn, 
wirst mein feiner Herr, der Graf."

Wiederum, am nächsten Tage
ging der Kater Fallen stellen.
Und dem Jungen blieb nichts weiter, 
als das ganze Gold zu zählen.
Als beliebter Zaungast saß der
Kater in des Schlosses Küche
und er hörte dort vom Herde 
her des Kutschers derbe Flüche.

"Ach, ich wünsche die Prinzessin  
und den Herrn zum Belzebuben!
Denn dann könnt ich heute Karten
spielen in den Wirtshausstuben!
Doch statt dessen wollen beide 
nun am See spazieren fahren
und ich langweil mich dann oben 
auf dem gottverdammten Karren!"

Wie der Kater das vernahm, 
schlich er sich geschwind nach Haus
und dem Müllersburschen sprach er 
dort die frohe Nachricht aus.

„Frisch, mein Junge, willst du Graf sein,

musst du nackt im Wasser schwimmen. 

Aufs Signal hin wirst du darauf 

rasch das Ufer mir erklimmen."

Dieser zuckte nur die Schultern
und die beiden liefen fort.
Noch zur rechten Zeit gerade
kamen sie zum rechten Ort.
Hastig zog sich nun der Junge 
splitterfasernackend aus
und die Kleider nahm der Kater,
als die Kutsche kam gesaust.

„Ach, mein Herr ist in Bredouille, 
allergnädiglichster König.
Er steckt dort im Wasser feste
und hat neue Kleider nötig!
Seine wurden ihm beim Baden
von den Landstreichern gestohlen.
Kommt er nicht sofort ins Trockne, 
wird ihn bald der Schnupfen holen!“

Das hat kläglich laut und nervend   
unser Kater nun miauet,
bis der irritierte König 
dann den Störenfried erschauet.
Nach Geknarre und auch Ächzen 
stand die Staatskarosse still,
"Schnell, mein Bote, reit geschwinde, 
bring dem Grafen, was er will!"
sprach der König, denn er war ja
wohl dem Kater sehr gewogen.

Und der Graf von Habegarnichts 
hat die Kleidung angezogen,
die alsbald und überreichlich 
zur Verfügung ihm nun stand.
"Kater, reich er mir die Hosen
und dann geh er mir zur Hand!"
Als er sich dann angezogen, 
durfte er im Wagen sitzen.
und die Königstochter ließ hier 
reizend ihre Äuglein blitzen.

Schnell lief da der Kater los
wie verfolgt von wilden Bienen,
fragte Leute auf dem Wege: 
"Sprecht, wem möget ihr wohl dienen?"
Alle riefen: "Na, dem Magier!", 
ob auf Wiese, Wald und Feld.
"Sagt ihr diesen Quatsch zum König, 
ist es schlecht um euch bestellt.
Alles hier gehört dem Grafen, 
merkt euch diese Antwort gut."
Hastig kam zurück "Gewiß doch!", 
schließlich war man auf der Hut.
Denn ein Tier wie dieses hier
sieht man ja nicht alle Tage,
lieber gibt man falsche Auskunft 
auf so eine heikle Frage.

In das Schloß des Magiers schlich er, 
leckte sich vor ihm die Pfoten.
Dieser fand so ein Verhalten 
ungebührlich und verboten.
"Kater, sag, was willst du hier?" 
rief er und er starrte böse.
"Herr, gestatten Sie mir, dass ich 
Ihnen dieses Rätsel löse.
Dass Ihr Euch in vielerlei 
Wildgetier verwandeln könnt,
hörte ich und fragte mich nun,
ob mir ein Beweis vergönnt,
von den hohen Zauberkünsten? 
Weder Fuchs, noch Wolf, noch Hund,
nein, ein echter Elefant, der 
wäre mir zum Staunen Grund."
Darauf sagte stolz der Magier: 
"Für mich eine Kleinigkeit!“
und stand da als Rüsseltierchen
nach verblüffend kurzer Zeit. 
"So ein großer Elefant, 
das ist ja schon kolossal,
doch ein Löwe wär für mich jetzt 
noch das Zauberstück der Wahl."

Als der Löwe schaurig brüllte 

klein, wie sich der Kater fühlte
sprang er schnell in eine Uhr, 
und daraus klang Mauzen nur
„So ein Brüller, ei der Daus, 
sicher kannst du keine Maus!“
Schaurig lachte das Genie 
„Diese Maus vergisst du nie!“ 
Was der Kater nicht vergaß,
als er dieses Mäuschen fraß.
Nur ein Biss, ein leiser Schrei, 
dann war die Zauberei vorbei.

Und die Kutsche schaukelte 
über Wiese, Feld und Wald,
und wo immer man gefragt, 
hat es laut „Der Graf!“ gehallt.
Sehr erstaunt der König sprach, 
"Reich seid ihr gewiß, Herr Graf."
An das Schloss fuhr’n sie heran, da
wo der Kater lässig stand.
Von den Treppen sprang er munter 
zu den Gästen nun herunter,
öffnete galant den Wagen, 
sprach mit sichtlichem Behagen:

"Hohheit, ihr erlaubet mir, 
dass ich Eintritt euch gewähre
in das Haus des werten Grafen, 
dem es eine große Ehre
ist euch heute zu begrüßen 
und er leget Euch zu Füßen,
alle seine Kraft und Macht 
und des Schlosses edle Pracht."

Der Prinzessin schritt der Jüngling
vor zum Saal voll Prunk und Gold.
Aber diese war dem Grafen
schon seit dem Momente hold,
als er nackt am Wege stand. 
"Ach nimm mich zur Frau, mein Liebster!"
Dann ward er zum Prinz ernannt, 
und der Kater ward Minister.