2. Silbenzählen: sich reimende Zeilen (A und A bzw. B und B) sollten die gleiche Silbenzahl haben, maximal eine mehr oder eine weniger. Falsche Silbenzahlen sind der häufigste Fehler, den aber nicht nur Anfänger machen. Dazu muss man sich nur mal Goethes "Faust" oder Heines "Deutschland. Ein Wintermärchen" ansehen. Wörter kann man strecken oder kürzen, um Silbenzahlen anzupassen (z.B. lieg‘ für liege oder lieget für liegt). Oft werden auch umgangssprachlich Wörter gekürzt (warn für waren, sahn für sahen). A und B, die sich ja nicht reimen müssen, können unterschiedliche Silbenzahlen haben.
3. Wortbetonung: machmal erzwingen Reime falsche Betonungen, dann kann man z.B. andere Worte wählen.
4. Wortfluss: besonders lange Wörter mit vielen Konsonanten hemmen den Wortfluss. Die Sprache soll so natürlich wie möglich klingen.
5. Vorlesen: Deshalb das Geschriebene regelmäßig laut vorlesen, um Betonung und Wortfluss zu überprüfen.
6. Sprachmelodie: Wenn man schon eine Melodie für den Text im Kopf hat, fällt alles viel leichter. Wenn man eine Sprachmelodie herausbekommen will, geht man folgendermaßen vor: Man ersetzt alle Silben in einem Satz durch eine einzige, wie da, di oder la. Dann liest man diese Silbenfolge mit der gleichen Betonung vor wie den originalen Satz und schon stellt es sich heraus, dass man einige Silben höher ausspricht als andere oder lauter als andere oder länger als andere. Das ist schon so etwas ähnliches wie musikalische Noten. Mit dieser Methode kann man auch herausfinden, wann eine Zeile "ins Stocken gerät".
7. „Waisen“: besonders bei ABAB Reimen kann es passieren, dass man aus Versehen Zeilen ohne Reim stehen läßt. Das ist besonders ärgerlich, wenn man schon viel weiter gedichtet hat und alles nochmal aufdröseln muss. Als Schnellreparatur kann man eine weitere Reimzeile dranhängen.
8. Wortlänge: ein- und zweisilbige Wörter klingen in Gedichten am besten. Dreisilbige Wörter am besten nur eins pro Zeile. Vier- und mehrsilbige Wörter sind wie teure Gewürze, besser sparsam verwenden. Sätze können dahingegen ruhig lang sein und möglichst viele Bindewörter wie und, aber, oder haben.
9. Adjektive: helfen, den Text besonders audiovisuell zu verstehen. Adjektive am Zeilenende nach einem Komma sollte man unbedingt vermeiden. (Schlechtes Beispiel: „Sie kamen zu dem Hause, kalt. Darinnen standen Möbel, alt“ Besser: "Sie traten in das alte Haus, die Möbel sahen modrig aus."). Dies ist der zweithäufigste Anfängerfehler.
10. Wortwahl: "Beamtendeutsch" am besten vermeiden und umgangssprachlich einfach schreiben. Die Wortwahl auch an die Figuren oder das Thema anpassen. Es gibt einige Wörter, die nur noch in Gedichten verwendet werden, wie "ward" für wurde und "frug" für fragte.
11. Reime finden: Dafür gibt es online Hilfe. Einfach mal nach "Was reimt sich auf ..." suchen. Gibt es keinen passenden Reim, hilft oft ein Synonym, welches dann einen passenden Reim hat. Dann sucht man nach "Synonym für ..."
12. Manche Gedichte kann man nur flüssig vorlesen, wenn man die richtige Silbe in der Zeile besonders betont. Das passiert oft bei langen Gedichtzeilen und ist dann eine Herausforderung für den Vorlesenden, weil der sich extra Hervorhebungen markieren muss. Dies ist ein Fehler für Fortgeschrittene. Auch hier ist Goethes "Faust" das beste Beispiel.
13. In Prosa kann man alle erdenkliche Information hineinpacken. Sie gleicht einem barocken Ölgemälde. In Lyrik bzw. Gedichten muss man minimalistisch arbeiten. Das gleicht einer Zeichnung mit Tusche, Stift, Kreide oder Aquarell. Daher muss man planen, wohin man den Blick des Zuschauers lenkt. Ein Teil der Szene wird besonders hervorgehoben, der Rest bleibt schemenhaft. Wenn beim Leser trotzdem der Eindruck eines kompletten Bildes entsteht, hat man alles richtig gemacht.
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