Samstag, 21. August 2010
Montag, 19. April 2010
1 Ostern und 2 Geburtstage
Meine Familie braucht mich nicht mehr. Diesen Gedanken hatte ich gestern Nacht.
Früher fühlte ich mich unabdingbar als soziale Schmiere, als Witzereisser, um die Atmosphäre aus mühsam unterdrücktem Frust erträglich zu machen. Jetzt sind alle erwachsen, so weit es geht auch meine Eltern und es ist eigentlich egal, ob ich noch da bin, bei so Familienaktivitäten oder nicht.
Der erste Geburtstag meiner Kleineren Schwester, die nun auch schon 24 ist, fand in ihrer grossen Wohnung statt, die sie mitten in der Stadt mit ihrem (umgangssprachlich, hehe) reichen Freund hat, der auch Hobby-Pokerspieler ist. Der ist ein schwer tätowierter und netter Kerl.
Jedenfalls sassen wir da an zwei Tischen, wie das in modernen Wohnungen so ist, die keine grossen, ausziehbaren Holzesstische mehr haben, so wie früher.
Die Eltern am Couchtisch, alle anderen am Esstisch, na klar mit Glasplatte. Man blickte kaum hier oder dahinüber, weil bei meinen Schwestern immer der Fernseher laufen muss und in dem Fall ist es einer dieser riesigen LCD Bildschirme, die so lang sind wie ausgebreitete Arme, wenn das reicht. Da hat man wirklich Mühe, wegzuschauen. Während wir Kuchen in uns hineinschoben, habe ich meine Eltern kaum wahrgenommen, eher noch die Katzen, die unseren Hundeteenie umschlichen und beschnupperten. Rassekatzen selbstverständlich. Yue sass ganz brav und artig da.
Da wir uns gegenseitig oft Haushaltsgeräte schenken, waren die Eltern den Rest der Zeit mit der älteren Schwester beschäftigt, einen Scannerdrucker am Laptop zu installieren, während die jüngere den Hund mit den Katzen zusammen fotografierte.
Nur zum Abschied gab es ein paar Worte. Ja, meine Eltern beginnen unscheinbar zu werden, meine Mutter hat sowieso ein Talent dafür, unbeweglich und unbemerkt in einem Raum zu sitzen, aber der Vater hat sich verändert. Dünn ist er geworden durch die Gicht und zerknittert im Gesicht (auch wenn das Haar wohl nie ergraut) und sagen tut er auch nicht mehr so viel.
Tja, dann zu Ostern hätte es beinahe einen Streit gegeben, mit mir und Angelica.
Ausgemacht war ja gewesen (sein), nein, in der sächsischen Schweiz herumzukraxeln aber Ostern wahr es saukalt und der Himmel schlachtschiffgrau oder, moderner jetzt, vulkanaschengrau. "Wir können doch nochmal in den Grossen Garten gehen", meinte ich und sie dazu "So werden grosse Träume klein."
Wir liefen also früh unsere Hunderunde bei etwa 4 Grad und, wie die Angelica manchmal so der Hafer sticht, sagt sie "Lass uns irgendwo mit dem Buss hinfahren. Wo, wo wir noch nicht waren." Und das ist eine schwierige Sache, denn die Umgebung hat sie schon ziemlich abgegrast.
Ich ging nun zur Haltestelle, schaute und sprach: "Der einzige Buss aus der Stadt heraus geht in einer halben Stunde, ich muss mal und Hunger habe ich auch."
"Aber du musst immer auf Toilette", sagte sie mit Kerkerhäftlingsverzweiflung.
Dann war nix mehr mit ihr zu machen. Wenn sie eingeschnappt ist, gibts kein Reden mit ihr, da muss man warten. Das Mittagessen durfte ich dann auch alleine machen und es verlief entsprechend freudlos.
Aaaber. Nach dem Essen kam die Sonne raus. Da konnte ich sie dann zu einem erneuten Anlauf auf die Haltestelle bewegen, ich dachte, wir könnten ja mal nach Mockritz fahren, zum Campingplatz oder so oder was. Na ich weiss, da gibts nicht viel zu sehen. Nur Acker und nackte Obstbäume. "Im Frühling ists bestimmt schön hier", sagte sie und blieb sitzen. Der Bus fur daraufhin durch die ganze Stadt. "Du möchtest wohl ne Stadtrundfahrt bis zur Endhaltestelle?", fragte ich vorsichtig. Sie nickte glücklich. Dann fuhr der Bus über die Elbe und auf der anderen Seite aus der Stadt heraus, vorbei an Hochwassermauern und alten Häusern und anderen Obstbäumen.
Da tat sie dann ein wenig furchtsam ("I feel lost") aber ich sagte "Nichts da, wenn wir schon mal da sind, können wir auch gleich bis nach Pillnitz zum Schloss fahren."
Freundlicherweise verriet uns auch jemand, wo wir dazu aussteigen mussten, denn in Pillnitz war ich vielleicht vor 20 Jahren das letzte Mal. War gespannt, wie das nach dem Hochwasser 2001 jetzt aussah!
Also Pillnitz ist ja so ein beschaulicher Schlosspark mit einer 300-jährigen Zimmerpflanze, von der man Setzlinge kaufen kann und halt einem asiatischen Schlössle und Blumenrabatten. Primeln und Stiefmütterchen. Da liefen wir durch und Angelica war selig. Wir machten Fotos mit dem grauen Hundekind, vor dem Wintergarten musste es Männchen machen und unter der Palme auch. Ein falsches Urlaubsfoto ("Schau mal, Palmen!"). Der Park erinnerte sie ein bischen an Mexico Stadt.
Auch die Sicherheitskräfte. Hoppla, wo kamen die denn her. Die gab es im Sozialismus noch nicht. Nachdem ich den Verkaufsstand mit den Setzlingen begutachtet hatte, der wie ein Garagenverkauf organisiert ist, machten wir einen weiten Bogen zum Fluss, wurden gerügt, weil wir den Hund auf das wackelige und sicher nur aussen goldene Schlossgeländer setzten. Das Schloss selber roch nach frischer Farbe und ist mit chinesischem Schnickschnack angepinselt, eine Komposition in orange und Terrakotta. Dann noch ein paar blühende Büsche und ein Ehepaar, das uns fotografieren wollte. Der Mann ist der Fotograf, sagte die Frau und der Mann sagte mit tschechischem Akzent wir söllten näher zusammenrücken, auf der Bank an der Elbe.
Wasser kräuselte sich endlos in kleinen Wirbeln.
Er konnte wirklich fotografieren, er schnitt nämlich die Beine nicht weg, aber Umgebung aufs Bild war nicht so sein Ding. Dann noch links runter zum kleinen Gondelhafen für den höfischen Verkehr (inklusive überdachter Gondel) und dann durch die ganze Anlage, unter kleinen Bögen mit Brücken darüber hindurch, zur Gastronomie. Ein Stehrestaurant mit opulenten Toiletten, weil die zum Hotel gehören. In der Imbissbude war alles schon blankgewienert, es war spät. Angelica wollte eine Schokolade. "Können wir das nicht zu Hause machen?", fragte ich. Sie erkannte meinen Geiz und verschwand genervt auf das Klo. Ich bestellte "Irgendwas, was noch da ist.", was sich als Bockwurst und schwarzer Tee herausstellte. "Sie müssen nur mit mir reden", sagte der Koch. Dann plauderte er mit seinen Kollegen, er könne sogar Esperanto und früher, in der Lehre, da hätte er für 20 Mark am Tag gearbeitet. "10 Treppen musste ich für jede Bestellung steigen!". Toller Hecht.
Angelica freute sich dann, dass ich doch nicht so geizig war und wir teilten Tee und Wurst. Die waren wenigstens warm. Wie das aber bei so Würsten ist, die den ganzen Tag im lauwarmen Wasser schwimmen, musste ich später noch einen Magenbitter drauf trinken.
Früher fühlte ich mich unabdingbar als soziale Schmiere, als Witzereisser, um die Atmosphäre aus mühsam unterdrücktem Frust erträglich zu machen. Jetzt sind alle erwachsen, so weit es geht auch meine Eltern und es ist eigentlich egal, ob ich noch da bin, bei so Familienaktivitäten oder nicht.
Der erste Geburtstag meiner Kleineren Schwester, die nun auch schon 24 ist, fand in ihrer grossen Wohnung statt, die sie mitten in der Stadt mit ihrem (umgangssprachlich, hehe) reichen Freund hat, der auch Hobby-Pokerspieler ist. Der ist ein schwer tätowierter und netter Kerl.
Jedenfalls sassen wir da an zwei Tischen, wie das in modernen Wohnungen so ist, die keine grossen, ausziehbaren Holzesstische mehr haben, so wie früher.
Die Eltern am Couchtisch, alle anderen am Esstisch, na klar mit Glasplatte. Man blickte kaum hier oder dahinüber, weil bei meinen Schwestern immer der Fernseher laufen muss und in dem Fall ist es einer dieser riesigen LCD Bildschirme, die so lang sind wie ausgebreitete Arme, wenn das reicht. Da hat man wirklich Mühe, wegzuschauen. Während wir Kuchen in uns hineinschoben, habe ich meine Eltern kaum wahrgenommen, eher noch die Katzen, die unseren Hundeteenie umschlichen und beschnupperten. Rassekatzen selbstverständlich. Yue sass ganz brav und artig da.
Da wir uns gegenseitig oft Haushaltsgeräte schenken, waren die Eltern den Rest der Zeit mit der älteren Schwester beschäftigt, einen Scannerdrucker am Laptop zu installieren, während die jüngere den Hund mit den Katzen zusammen fotografierte.
Nur zum Abschied gab es ein paar Worte. Ja, meine Eltern beginnen unscheinbar zu werden, meine Mutter hat sowieso ein Talent dafür, unbeweglich und unbemerkt in einem Raum zu sitzen, aber der Vater hat sich verändert. Dünn ist er geworden durch die Gicht und zerknittert im Gesicht (auch wenn das Haar wohl nie ergraut) und sagen tut er auch nicht mehr so viel.
Tja, dann zu Ostern hätte es beinahe einen Streit gegeben, mit mir und Angelica.
Ausgemacht war ja gewesen (sein), nein, in der sächsischen Schweiz herumzukraxeln aber Ostern wahr es saukalt und der Himmel schlachtschiffgrau oder, moderner jetzt, vulkanaschengrau. "Wir können doch nochmal in den Grossen Garten gehen", meinte ich und sie dazu "So werden grosse Träume klein."
Wir liefen also früh unsere Hunderunde bei etwa 4 Grad und, wie die Angelica manchmal so der Hafer sticht, sagt sie "Lass uns irgendwo mit dem Buss hinfahren. Wo, wo wir noch nicht waren." Und das ist eine schwierige Sache, denn die Umgebung hat sie schon ziemlich abgegrast.
Ich ging nun zur Haltestelle, schaute und sprach: "Der einzige Buss aus der Stadt heraus geht in einer halben Stunde, ich muss mal und Hunger habe ich auch."
"Aber du musst immer auf Toilette", sagte sie mit Kerkerhäftlingsverzweiflung.
Dann war nix mehr mit ihr zu machen. Wenn sie eingeschnappt ist, gibts kein Reden mit ihr, da muss man warten. Das Mittagessen durfte ich dann auch alleine machen und es verlief entsprechend freudlos.
Aaaber. Nach dem Essen kam die Sonne raus. Da konnte ich sie dann zu einem erneuten Anlauf auf die Haltestelle bewegen, ich dachte, wir könnten ja mal nach Mockritz fahren, zum Campingplatz oder so oder was. Na ich weiss, da gibts nicht viel zu sehen. Nur Acker und nackte Obstbäume. "Im Frühling ists bestimmt schön hier", sagte sie und blieb sitzen. Der Bus fur daraufhin durch die ganze Stadt. "Du möchtest wohl ne Stadtrundfahrt bis zur Endhaltestelle?", fragte ich vorsichtig. Sie nickte glücklich. Dann fuhr der Bus über die Elbe und auf der anderen Seite aus der Stadt heraus, vorbei an Hochwassermauern und alten Häusern und anderen Obstbäumen.
Da tat sie dann ein wenig furchtsam ("I feel lost") aber ich sagte "Nichts da, wenn wir schon mal da sind, können wir auch gleich bis nach Pillnitz zum Schloss fahren."
Freundlicherweise verriet uns auch jemand, wo wir dazu aussteigen mussten, denn in Pillnitz war ich vielleicht vor 20 Jahren das letzte Mal. War gespannt, wie das nach dem Hochwasser 2001 jetzt aussah!
Also Pillnitz ist ja so ein beschaulicher Schlosspark mit einer 300-jährigen Zimmerpflanze, von der man Setzlinge kaufen kann und halt einem asiatischen Schlössle und Blumenrabatten. Primeln und Stiefmütterchen. Da liefen wir durch und Angelica war selig. Wir machten Fotos mit dem grauen Hundekind, vor dem Wintergarten musste es Männchen machen und unter der Palme auch. Ein falsches Urlaubsfoto ("Schau mal, Palmen!"). Der Park erinnerte sie ein bischen an Mexico Stadt.
Auch die Sicherheitskräfte. Hoppla, wo kamen die denn her. Die gab es im Sozialismus noch nicht. Nachdem ich den Verkaufsstand mit den Setzlingen begutachtet hatte, der wie ein Garagenverkauf organisiert ist, machten wir einen weiten Bogen zum Fluss, wurden gerügt, weil wir den Hund auf das wackelige und sicher nur aussen goldene Schlossgeländer setzten. Das Schloss selber roch nach frischer Farbe und ist mit chinesischem Schnickschnack angepinselt, eine Komposition in orange und Terrakotta. Dann noch ein paar blühende Büsche und ein Ehepaar, das uns fotografieren wollte. Der Mann ist der Fotograf, sagte die Frau und der Mann sagte mit tschechischem Akzent wir söllten näher zusammenrücken, auf der Bank an der Elbe.
Wasser kräuselte sich endlos in kleinen Wirbeln.
Er konnte wirklich fotografieren, er schnitt nämlich die Beine nicht weg, aber Umgebung aufs Bild war nicht so sein Ding. Dann noch links runter zum kleinen Gondelhafen für den höfischen Verkehr (inklusive überdachter Gondel) und dann durch die ganze Anlage, unter kleinen Bögen mit Brücken darüber hindurch, zur Gastronomie. Ein Stehrestaurant mit opulenten Toiletten, weil die zum Hotel gehören. In der Imbissbude war alles schon blankgewienert, es war spät. Angelica wollte eine Schokolade. "Können wir das nicht zu Hause machen?", fragte ich. Sie erkannte meinen Geiz und verschwand genervt auf das Klo. Ich bestellte "Irgendwas, was noch da ist.", was sich als Bockwurst und schwarzer Tee herausstellte. "Sie müssen nur mit mir reden", sagte der Koch. Dann plauderte er mit seinen Kollegen, er könne sogar Esperanto und früher, in der Lehre, da hätte er für 20 Mark am Tag gearbeitet. "10 Treppen musste ich für jede Bestellung steigen!". Toller Hecht.
Angelica freute sich dann, dass ich doch nicht so geizig war und wir teilten Tee und Wurst. Die waren wenigstens warm. Wie das aber bei so Würsten ist, die den ganzen Tag im lauwarmen Wasser schwimmen, musste ich später noch einen Magenbitter drauf trinken.
Samstag, 27. März 2010
Spanisch lernen mit Angelica 2 - Rollendes R
Sprechen Sie bitte Tin Tan in diesem Video nach:
"Oiga usted senor Rodríguez,
déjeme cuidar su perro,
se lo cuido con esmero,
y hasta le compro un cencerro,
se lo llevaré para el cerro,
para que coma su berro,
y hasta le arrimo su jarro,
para que tome curado,
para que no lo agarre el perro,
le aseguro se lo amarro,
ya verá senor Rodríguez,
que seguro esta su perro."
Und danach Pedro Infante, der sagt:
"R (sprich: erre) con r cigarro,
r con r barril,
rápido corren los carros
cargados de azúcar (del ferrocarril)."
"Oiga usted senor Rodríguez,
déjeme cuidar su perro,
se lo cuido con esmero,
y hasta le compro un cencerro,
se lo llevaré para el cerro,
para que coma su berro,
y hasta le arrimo su jarro,
para que tome curado,
para que no lo agarre el perro,
le aseguro se lo amarro,
ya verá senor Rodríguez,
que seguro esta su perro."
Und danach Pedro Infante, der sagt:
"R (sprich: erre) con r cigarro,
r con r barril,
rápido corren los carros
cargados de azúcar (del ferrocarril)."
Donnerstag, 25. März 2010
Private Propaganda
Heute und hier, Bürger Athens (hüstel, prust) solls darum gehen, warum man seine eigenen Lügen glauben kann. Das doppelte Denken beginnt in der Erziehung, na klar. Da wird eine Sache vorgelebt und eine andere gefordert.
Ausserdem wird dem Kind gesagt, es müsse den Erwachsenen gehorchen, solle sich aber gegenüber den anderen Kindern behaupten (Rollenwechsel).
Das Kind lernt, das es schwach und stark, je nach Kontext, sein soll. Es sieht nun die Schwächen der Eltern, kann aber möglicherweise nicht mit ihnen darüber reden. Und es wird belogen. Es wird ihm erzählt, das Schwäche schlecht sei und dominante Reaktionen nach sich ziehe (das "Recht des Stärkeren").Diese Sachen in Kombination machen das Verhängnis aus.
Das Lügen und das Negativieren von Schwäche beim Erlernen und Wechseln von Rollen.
Das kann im extremen Fall bedeuten, dass das Kind Prügel ertragen muss, die ihm beweisen, dass es schwach ist und ihm erzählt wird, dadurch werde es stärker, aber auch Aufmerksamkeitsentzug und psychische Härte erfüllen ihren Zweck.
Der Fehler der Selbstlüge, dieser Hang kann eigentlich nur entstehen, wenn sich die dominierende Macht eben nicht als fehlerhaft zu erkennen gibt. Zeigt sie ihre Schwächen offen, wird auch der Hang der dominierten Kinder zur Lüge gegen sich selbst geringer sein. Soweit so gut. Die Stärke, die wir im Leben zeigen sollen ist eine Kopie einer erlernten.
Ich will eigentlich etwas zur wirtschaftlichen Förderung der Lüge und Selbstlüge sagen. Die kommt in dem schönen Wort Werbung daher, auch in Bewerbung, eigentlich herkünftig aus dem sozialen Bereich, siehe Partnerwerbung. Früher nannte man wirtschaftliche und staatliche Werbung Reklame und Propaganda. Die meisten Produktwerbungen sind schwache Form der Lügen, man habe das Beste, Schönste, Edelste erschaffen, sehet her. Und der Hersteller glaubt das irgendwann selber. Die harte Form der Lüge ist elementarer angesiedelt in der Systemkonditionierung oder fortgesetzten Erziehung in den Institutionen, bekannt unter den Wörtern Leitbild und Firmenphilosophie. Wer gedacht hat, seinen Eltern, Lehrern und Pfarrern entronnen zu sein, kommt unter Umständen zum Militär. Hier wird weiterpoliert und später im Unternehmen kommt der Rest. Los geht es bei der Bewerbung, wo gelogen werden muss, ohne rot zu werden. Später müssen die Ergebnisse beschönigt werden und die Firma präsentiert, man darf diese nicht "in den Sack hauen". Ausserdem müssen Untergebene befehligt und Befehle entgegengenommen werden, die unter Umständen im Blendschein des Leitbildes verlogen sind (Zwiespalt). Der Gerechtigkeitssinn wird, wenn er es nicht schon ist, verbogen. Vorgesetzte sind oft eine Art Elternersatz für Menschen, die unter ihren Eltern zu leiden hatten und genau diese Art von Macht wird ihnen fälschlicherweise zugestanden.
Weiter zieht es sich ins Privatleben, wo es Dinge gibt, die man den anderen nicht sagen "kann".
man wird zum "Ausweicher", wenn es um unangenehme Themen geht. Dieses Ausweichen kann wegrennen sein, aber auch ungemein eloquent verpackt oder Brüllen (wer schreit hat Unrecht).
Warum glaubt man aber sich selbst? Weil das Gehirn einen dynamischen Speicher hat. Alles, was oft wiederholt wird, hebt sich besonders stark hervor. Es ist so schneller parat als die unbequeme und längliche Wahrheit. Das ist schon seit 70 Jahren bekannt, ne.
Die Hervorhebung der Wahrheit ist ein anstrengender, energetisch aufwendiger Prozess.
Um diesen Prozess durchführen zu können, müssen Voraussetzungen vorhanden sein.
Dazu vielleicht nächstes Mal aber warum tut die Wahrheit denn nun weh? Weil wir durch sie unsere Schwäche erfahren, unsere Ohnmacht. Und wenn Ohnmacht assoziiert ist mit Demütigung und Furcht, ist doch alles klar.
Dann wäre da noch unser Glaube an die Einheit von Macht, Schönheit, Symmetrie, Güte, Absolutheit und Einfachheit.
Aber halt, hier ist was falsch. Das absolut. An etwas Absolutes zu glauben ist schlichtweg verrückt. So verrückt, das man Widerparte erfinden muss, um nicht verrückt zu werden.
Der absolute Glaube an sich selbst mündet in ominöse ungückliche Umstände, die einem angeblich widerfahren genau so wie der Glaube an einen absoluten Gott im Teufel mündet. Und weil man es gern einfach möchte, braucht es auch einen privaten Teufel in Form einer Verschwörung. Die Paranoia ist geboren, wie sie in Chefetagen gerne schädlich ihre Kreise zieht.
Deswegen hat die Wissenschaft später (oder früher, wenn man die Griechen mit einbezieht) die Approximation erfunden. Approximationen haben Beschränkungen. Beschränkte (pantheistische) Götter und beschränktes Ich haben eine gesunde Basis.
Absolute Wahrheiten sind Lügen.
Jaja, jetzt kommen gleich die Mathematiker und sagen, aber! Aber das ist ja ganz einfach. Solange man absolut gedachte Dinge nicht versucht, in die Realität umzusetzen, ist doch alles in Ordnung.
Der Glaube an einen absoluten Gott ist übrigens vorzüglich vereinbar mit einem absoluten Glauben an sich selbst (oder sein Ersatz-Ich oder auch sein negativiertes Ich). Der Glaube an etwas Absurdes kann nur gedeckelt werden mit dem Glauben, dass Absurdität absolut ist.
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PS: Der ganze düstere und schöngeistige Kladderradatsch der letzten Wochen gebündelt hier noch mal auf Bookrix.
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