Mittwoch, 30. Dezember 2009

Die Botschaft



Die Angelica müht sich ja nach allen Kräften, in Deutschland integriert zu werden aber vorerst muss es noch der mexikanische Pass tun. Unter einigen Sachen, die sie im Umzugstrubel von Mexiko-Stadt nicht mehr erledigen konnte oder vergessen hat ist, den Pass zu verlängern. Der lief nun justament dann aus, als sie das 3 Jahresvisum beantragen wollte, der den deutschen Verwaltungsmarathon krönen sollte. Also mussten wir nach Berlin. Dahin sind wir mit der Mitfahrgelegenheit gefahren. Und weil wir beide wirklich sehr vergesslich sind, setzte sich ein lustiges Schauspiel in Gang.
Kaum in Berlin angekommen und einen warmen Bahnhofsimbiss im Bauch (ich glaube, es war Januar), gingen wir gleich zur Botschaft. Die mexikanische Botschaft ist ein witziges Gebäude, ein bischen wie ein majestätischer Fächer oder eine Welle. Sehr ästhetisch. Wärend die deutsche Botschaft in Mexico eher klein und hässlich ist.

Die Tür ist, wie es sich bei einer Bastion gehört, bei der mexikanischen Botschaft sehr klein, dick und aus Metall.
Darüber hängt ein argwöhnisches Kameraauge. Da hält man seinen Pass davor und wird reingelassen. Im Innern ist dann alles sehr entspannt, hell und tropisch akklimatisiert. Ein pflanzenüberwuchertes Atrium. Na, egal, wir fuhren eine von 2 Etagen mit dem Fahrstuhl und waren schnell dran. Neben uns sassen andere deutsche Ehemänner mit ihren mexikanischen Frauen. Wir waren ein kleiner verschworener Club hier drinnen. Ich möchte gar nicht wissen, wies in der russischen Botschaft zugeht, wahrscheinlich wie in der Metro.

Dann fragte die Frau am Schalter nach den 100 Euro. Und Angelika sagte, zu mir "die habe ich vergessen." "Ja wie vergessen, du vergisst das absolut wichtigste?" Ja, genau. Weil die in der Botschaft keine Schecks oder irgendwas haben wollen, nur bares, rückten wir wieder ab. Zur Bank. Auf ihr Konto konnten wir nicht, weil die Sparkasse uns eine Karte ohne Geheimnummer geschickt hatte und wir die gerade umgetauscht hatten. Also zur Dresdner Bank.
Im Botschaftsviertel gibt es keine Banken, man muss schon ein bischen Laufen. Ich zu der Zeit noch auf Krücken mit Eispickeln unten dran.
Wie sich herausstellte, war mein Konto auch leer. Na gut dacht ich, so ein kleiner Vorschuss wird wohl zu machen sein. Aber weil sich auch die Dresdener Bank schon inzwischen in Commerzbank und Allianzbank aufdröselte, sollte ich zur Zentrale gehen. Am anderen Ende von Berlin. Die Zeit hatten wir nicht mehr, weil die Botschaft nur von 9-13 Uhr aufhat. Also doch zur Sparkasse. "Auf dem Konto ist Geld, wir haben nur gerade keine Karte. Wir können uns auch ausweisen." Nix da. Ohne Geheimnummer ist nix drin. Das Geld ist deins aber eben doch nicht richtig.
Nun noch ein Versuch mit meiner Kreditkarte. Aber die ging plötzlich auch nicht mehr... Denn die Karstadt Quelle Bank hatte mir wegen 300 Euro Rückstand die Karte gesperrt. Muss man auch erst mal wissen, so ohne Benachrichtigung. Schliesslich gibt es keine Situationen, in denen Geld unverhofft sehr wichtig ist. Nachdem ein Versuch, sich noch privat in Berlin Geld zu borgen scheiterte, erklärte ich die Messe für gelesen. Nun konnten wir nur noch einmal bei der Botschaft betteln. Nach Erklärung der verzwickten Sachlage und vorteilhaftem zur Schau stellen der Krücken durften wir per Rechnung bezahlen. Na also. Dann besuchten wir noch eines der sicherlich bald letzten Musikgeschäfte und gingen Mittagessen. Das Restaurant war ein futuristischer Disco-Bau mit Chrom und getönten Scheiben, nur eben umfunktioniert. Drin gab es deutsche Küche von einem Balkankoch. Schmeckte auch gut, obwohl die Sosse verdächtig nach Bohremulsion aussah. Gesättigt trotteten wir zur Abholerei an eine Tankstelle. Wir erwarteten ein volles Auto mit uns und zwei Mongolen. Die Mongolen kamen aber nicht und ihre Handynummer funktionierte auch nicht. Zu dritt war es dann sehr nett im Wagen. Der Fahrer führte unentwegt Arbeitsgespräche über eine "ungeheuerliche" Angelegenheit über die Freisprechanlage. Mitfahrgelegenheit im Dienstwagen anbieten scheint ein beliebter Sport zu sein. Ich fragte ihn dann noch ein bischen über die Marktlage in der Krise, bezahlte den Fahrpreis komplett in 2 Eurostücken aus dem Fahrscheinautomat und dann hiess es nur noch den Hund befreien, der, bis auf eine Gassipause mittags, den ganzen Tag um uns gebangt und geweint hatte.

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