im heißen Land der Bengalen.
Denn unter der heißen Sonne
litt er scheußliche Qualen.
schob eiskalt seinen Todesfrust.
Auch dieser verliebte sich Hals über Kopf,
spielten sie später dann Schach.)
Doch zurück zur
Kaptänskajüte. Nun, wir wollen nicht verheimlichen, dass der Käpt'n
neben jeder Menge Gold auch noch einen Papagei namens Master Mine
besaß. Das war ein schneeweißer Kakadu, der seinen Schopf lustig auf
und nieder stellen konnte und auch sprechen, zum Beispiel: „Galeone in
Sicht! Fertig machen zum entern! Gehauen und gestochen! Spießgesellen!
Spitzbube! Bandit! Teufel, Teufel! Mistviech, halt den Schnabel!" und
so weiter. „Wo hab ich denn deinen Käfig verramscht, Kamerad?" „Dein
neuer Genosse braucht glaub ich, ein wenig gesiebte Luft fürs erste!
Zackige Zähne und gerissene Äuglein! Sicher ist sicher, sonst beißt du
mir im Schlaf eins, zwei die Nase ab, nicht war?" Der stählerne Haken
bohrte sich unter Krokos Kinn „Ich hab dich gleich durchschaut" Und
dann lachte der Schwarzbart, dass die Schärpe wackelte. Und fiel
vornüber aufs Gesicht. Ein mächtiges Wummern erschütterte das Schiff.
Beim vornüber Fallen griff Schwarzbart nach der Tischplatte und warf
das Möbel mit Schwung in die Senkrechte, worauf das Kroko kopfüber in
einem goldenen Krug landete, so das nur noch die Hinterfüße und das
Schwänzchen zu sehen waren. Auch Mr. Graven an Deck, der noch immer
brütete, woher das verdammte Krokodil so plötzlich aufgetaucht, gar vom
Himmel gefallen (er war etwas schlauer als der Käpt'n) war, setzte sich
auf seine vier Buchstaben. Den Dreispitz schob er sich vom Gesicht und
runzelte erneut die Stirn. In den Mannschaftsräumen fielen die
Schlaf-Piraten aus den Kojen, suchten nach ihren Entermessern und
Laternen. In der Kombüse hopsten die Töpfe vom Haken. Holzbeinmann
blickte über die leere, aufgepeitschte Wasseroberfläche. Irgendetwas
Unterseeisches wütete am Schiff und die Gallionsfigur war bereits aus
ihrer Verankerung gerissen und verschwunden.
Da,
ein riesiger, grüner, schuppiger Leib! Da, eine Klaue! Wumm! Mr. Oars
hielt das Ruder und betete. Endlich kam Bewegung an Deck.
Aufgescheuchte Piratenmatrosen brachten ihre Gewehre in Stellung und
schossen ins Wasser. Dann fuhr eine grüne Faust mit einem gewaltigen
Hieb durch die Schiffswand, genau da, wo die Kaptänskajüte lag.
Holzsplitter regneten. Und das Ungeheuer richtete sich auf übers
Wasser. Einige der Matrosen plumpsten in die See. Die anderen erstarrten
vor Entsetzen. Was sie da angriff war, eine riesenhafte Verkörperung
ihrer schuppigen Schutzgöttin Margo, genau, wie sie als Gallionsfigur
vom Bugspriet gehangen hatte. Halb Fisch, Halb Frau. Sie waren
verflucht.
Im Zeitlupentempo zog sie die Faust wieder aus dem
Schiffsrumpf. Etwas güldenes, in ihrer Hand fast winziges blinkte
darin. Triumphierendes Gelächter erschallte. Bösartig und verlockend zu
gleich. Die Männer an Deck hielten sich nun die Ohren zu und besonders
Furchtsame warfen sich mit dem Gesicht zu Boden. Margo riss die Augen
weit auf und schüttelte ihre meeresgrünen Haare. Seetang und –sterne
flogen umher (Mr. Oars bekam einen ins Gesicht). Mit einer flinken
Handbewegung knickte sie den Hauptmast der Brigg, als sei es ein
Streicholz. Ein zufriedenes, meterlanges Lächeln spiegelte sich auf
ihrem Antlitz. Dann versank sie im Meer. Die Brigg, nunmehr ein Wrack,
dippte in ihrem Strudel. Aus dem Kapitänskajütenloch flog etwas Weißes
und schrie:"Hurrra, Hurra, gehauen und gestochen! Auf die Beine ihr
Halunken!". Dann war alles ruhig.
Die Nacht war sternenhell und es befand sich auf einem schwankenden Holzschiff. Auf und ab. Auf und ab. Weisse Stoffbahnen blähten sich an drei Mastbäumen. Und am höchsten Mast ganz oben flatterte eine Schädelflagge! Tock, tock, tock. „Wen haben wir denn da?" Der Velourgrünling schaute in ein langes, knochiges Gesicht mit schmallippigem Mund, Hakennase und kühlen hellgrauen Augen, umrandet von ebenso grauem, silberigem Haar, auf dem ein Dreispitz saß. „Guck guck!" Eine Hand mit stählernem Griff umklammerte seine Schnauze und das Kroko verlor den Boden unter den Füßen. „ Ein willkommene Abwechslung für die Küche, har, har. Du kommst in den Topf, mein Kleiner!" Dann richtete der Mann sich auf (er war sehr groß und trug das bibberige Speiseplankroko über Deck. Mit seinem Holzbein (tock, tock) unterhielt er dabei die Männer unten in ihren Kojen ganz ausgezeichnet.
Die Sterne beguckten noch immer die Schiffsplanken und manchmal
blinzelte eines. So sahen sie auch, wie der lange graue Mann mit dem
Kroko unter dem Arm unter Deck verschwand. Aber Sterne sind eitel und
sonnen sich nur in ihrem eigenen Licht. An der Tür griff der
Holzbeinmann nach einer Petroleumfunzel. Dann ging es über wackelige
hölzerne Stufen abwärts. Tock, tock.
Ein riesiger, krummer Schatten
folgte ihnen. Kroko hielt sich die Vorderbeine vors Gesicht. Dann
blieb der graue Hühne stehen und hämmerte gegen eine Tür. „Käpt'n!
Neuigkeiten!" Hinter der Tür rumpelte es, Glas klirrte und ein paar
saftige Flüche folgten. Knarr, das Brett öffnete sich einen Spalt breit
und ein Pistolenlauf schob sich dazwischen hervor. „Mr. Graven, wenn's
nichts Ernstes ist, landen sie bei den Fischen, ich schwör's!" „Nee,
Käpt'n! Ich hab was Lustiges gefunden." „Hah, sag's doch gleich, alter
Halunke! Hereinspaziert!" So schwang die Tür auf und gab den Blick auf
einen Mann frei, der etwas kleiner war als Holzbeinmann. Wie dieser war
er nicht besonders dick, sondern drahtig und wettergegerbt. Im Gesicht
wucherte ihm ein wilder schwarzer Bart und seine Augen funkelten wie
polierte Metallkugeln. So schwarz wie sein Bart war seine Kleidung, von
der sich eine rote Schärpe albern abhob. Mit einer weit ausholenden
Geste hieß er den Grauen eintreten und steckte die Pistole zwischen
Wams und Schärpe. Wo seine rechte Hand hätte sein sollen, war ein
Haken. Ein schmieriges Lächeln bemächtigte sich seiner. „Nun raus mit
der Beute, har, har!"
Schwarzbart schob mit der Hakenhand ein
paar leere Weinflaschen vom Tisch, die zu Boden polterten und im
Halbdunkel zwischen güldenen Kelchen, Kisten mit Dublonen, Edelsteinen,
Perlen und Elfenbeingötzen verschwanden. Mr. Graven packte das Kroko
auf die Platte, die Schnauze weiterhin fest umklammert. „Naa? Zuviel
versprochen? Fass mol dran" „Ich wird verrückt, ein Krokodil mit Fell!"
„Sollen wir das essen?" Sofort guckte Holzbeinmann wieder in die
Pistolenmündung. „Das könnt euch so passen" diesmal hatte die Stimme
des Käptn's einen messerscharfen Schliff. „Ordinäres Gesindel! Ohne
Bildung und Verstand! Ihr würdet ein Kiste Gold nicht erkennen, selbst
wenn ihr mit dem Gesicht drin läget! Das ist jetzt meins! Jeder, der
sich dem Ding auf fünf Schritt nähert, bekommt den Scheitel gelüftet,
beim Barte meiner Großmutter ! Nun raus, du stinkender Holzknochen!
Willst du meine Zeit stehlen?" Holzbeinmann ließ die Krokoschnauze
zögernd los und wich zurück. Böse grinsend schloss er die Tür. Sobald
der widerliche Trunkenbold wieder einmal besoffen röchelnd in seiner
Kajüte lag, würde er keinen Piaster mehr auf seine schwarze Seele
verwetten. Einen Dietrich hatte er schon lange. Da pfiff er sich eins
und grüsste im Vorbeigehen den Steuermann. „Einen gesegneten Abend, Mr.
Oars!" Mr. Oars nickte schweigend.
Das Kroko blieb auch
noch einen Weile liegen, und als der Morgen herandämmerte wurde
Paketmann wieder wach. „Hallo mein grüner Freund", flüsterte Paketmann
und setzte sich ächzend auf. „Hund und Katz, wo sind wir hier bloß
gelandet?" Sogleich begann er seinen Körper zu begutachten, ob noch
alles da wäre. War noch alles da. „Bei dir alles ok, Kroko? Warte, so
kannst du hier nicht rumlaufen." Paketmann nahm dem Kroko den Maulkorb
ab.
„Aber schön merken: Ronnie ist kein Futter." Paketmann versuchte
zu lachen aber es hörte sich mehr so an: "Hahaauaaua!" (War wohl doch
etwas mitgenommen). „Nu, was guckst du so? Troll dich!" Da hatte
Paketmann recht und Kroko machte sich auf die Socken. Nichts gegen den
Strandsand. Der war schön weiss und weich, und eignete sich bestimmt
gut zum Eiereingraben. Aber da hatte es von ferne ein paar Geräusche
gehört, die ihm bekannt vorkamen. So ein Glucksen und Blubbern, so ein
Piepen und Quaken. Konnte es sein?
Nach dem Sand hieß es sich
zuerst durch jede Menge langfingeriges trockenes Laub wühlen. Bei
Gelegenheit stellte Kroko fest, dass diese Langfingerblattbäume
überhaupt keinen Schatten spendeten. Und man konnte sich nicht unter
ihren Wurzeln verkriechen. Wozu waren sie gut? Bums! Landete ein großes
rundes Dings vor seiner Nase. Vorsichtshalber biss das Kroko hinein.
War es gefährlich? Und weil Krokodile kräftige Kiefer haben, zerbrach
das runde Dingens. Es war innen hohl und schien nicht weiter lebendig
zu sein. Auf jedenfall nichts zu Essen für ein Kroko. Und weiterhin
waren Orte, an denen Sachen vom Himmel fielen ungesund, jawohl! Also
weiter... Es ging noch über ein paar schwarze, raue Steinbrocken, durch
dickes und kratziges Unterholz. Sehr gut, denn hier war es nicht so
heiß.
Und wie es richtig vermutet hatte wurde der Boden bald
matschiger und wässeriger und jede Menge geflügelte kleine Sachen
flogen durch die Gegend. Ach das war fast wie zu Hause, nur noch besser
hier! Und was hatte das Kroko auf einmal für einen Hunger nach
glupschigen Unken oder einem schönen Mulch! Mjam! Als es den ersten
Frosch an einem Zweiglein herunterhängen sah, kümmerte sich das Kroko
nicht darum, dass der rot war, sondern machte einen herzhaften Haps.
Prima, man konnte sein Essen hier vorher sehen! Bis zum Abend hatte es
sich Leckerbissen aller möglichen Farben einverleibt und trieb gemütlich
und zufrieden in einem modderigen Tümpel, aus dem tote Holzstumpen
staken. Da der geneigte Leser ja nun aber weiß, dass man exotische
Lurche nicht essen soll wegen ihrer Giftigkeit, ging es dem armen Kroko
bald seeehr schlecht. Und es hatte einen gar fürchterlichen Traum.