Diese braucht gar nicht neu erfunden werden, sie ist nämlich schon lange vorhanden: es ist die wissenschaftliche Methode der Induktion und Deduktion. Auch diese hat ihren Ursprung in der platonischen Ideenlehre und wird seitdem weiterentwickelt. Dabei meine ich nicht die Benutzung von Modellen und Plänen an sich, die sicher noch weiter zurückgeht, sondern die Erkenntnis Platons, dass göttliches Modell und menschliche Erfahrung gegensätzlich sind und seine Argumentation, Geometrie sei ein göttliches Ideal. Sein Schüler Aristoteles führte dann die Induktion, die Abstraktion von Naturphänomenen, ein. Die Abstraktion ist dann schon die diesmal ganz menschliche Modellbildung, Idealisierung. Die Anwendung des Modells auf die materielle Wirklichkeit ist schliesslich die Deduktion. Induktion und Deduktion sind die Vermittler zwischen geistigem Ideal und materieller Wirklichkeit und Aristoteles schliesslich der Gewinner des Conradtschen Preisausschreibens. Mit der wissenschaftlichen Methode gewinnen wir aus materiellen Tatsachen geistige Idealvorstellungen (Modelle) und mit diesen Vorstellungen beeinflussen wir wiederum die Materie.
These und Antithese lassen sich ideell einerseits als unterschiedliche Mengen und die Synthese als Schnittmenge darstellen. Andererseits können These und Antithese auch polare Punkte einer geordneten, quantifizierbaren Menge sein (z.B. schwarz und weiss in der Graustufenmenge). Falls beides nicht gelingt, können beide immer noch durch eine qualitative Übermenge eingeschlossen werden. Es geht also immer um eine Erweiterung des gedanklichen Blickfelds. Materiell gelingt die Synthese durch Umverteilung von Materie, also Taten. Die Synthese beider Thesen gelingt durch Feedback, also deutsch Rückkoppelung. Tat-Erkenntnis-Tat-Erkenntnis.... Das Ergebnis von Rückkoppelung ist Weiterentwicklung.
Bonusmaterialspinnerei:
Bisher habe ich die Dialektik als Methode behandelt. Bleibt noch die Dialektik als Weltbild, ein leicht esoterisches Unterfangen. Holen wir nun noch weiter aus und meinen, der Geist sei eine spezielle Dynamik und Verteilung der Materie. In diesem Sinne hätte Marx dann Recht, die Materie bestimmt den Geist, ja sie IST der Geist. Andererseits besteht Materie hauptsächlich aus physikalischen Kraftfeldern. Damit sind wir schon bei Einstein. Energie ist die Synthese von allem. Energetische Dialektik ist en vogue. Eine Dialektik nicht über Mengen oder Materieverteilung, sondern über Energieverteilungen, gleich mit Anschluß an die Informationstheorie. Und hoppla, wie schön sich der Kreis schließt. Betrachtet man Information als Geist, ist man schon wieder bei Hegel. Genauer betrachtet stehen sich heute also nicht mehr Marx und Hegel gegenüber, sondern klassische Physik und die Informationstheorie.
Hier nun noch eine kurze These über die Frage, ob Zeit und Raum
gequantelt sind. Das ist eine Frage, mit der sich unter anderem die
Theorien der Quantengravitation beschäftigen. Zeit und Raum sind eigentlich reine Messgrößen, die in ihrem
Fall den Geschwindigkeitsanteil von Energie beschreiben. Die kleinste
Energieeinheit ist der Planck-Quant. Dazu existieren auch eine
Planck-Zeit und eine Planck-Länge. Weiter können wir Energie, Zeit und
Raum nicht auflösen, dies ist das kleinste mögliche Beobachtungsraster.
Da Zeit und Raum also menschliche Hilfsmittel sind, um die
physikalische Wirklichkeit zu erfassen und beide auf der Energie
basieren, sind sie dadurch möglicherweise
gequantelt. Es wäre also nicht die Brille kariert, mit der wir Raum und
Zeit betrachten, Raum und Zeit wären die karierte Brille, mit der wir die
Energie betrachten.
Wir haben da für die kinetische Energie =1/2 x Masse x (Raum / Zeit)^2
Änlich gilt für die Wärmeenergie = Masse x Wärmekapazität x Temperaturunterschied
Trotzdem existieren Ausdehnung, Zeit und Masse natürlich auch ohne dass sie gemessen werden und sind intuitiv erfassbar. Energie hingegen ist ein abstraktes vereinheitlichtes menschliches Konstrukt. In „Was ist eigentlich Vernunft“ benannte ich die Eigenschaften von Objekten als die einzige natürliche Größe und alles darauf Aufbauende abstrakt. Aber hier sind wir in einem Dilemma, denn man kann nicht beweisen, dass es kleinere Messeinheiten gibt ohne dass man sie messen kann. Und da wären wir wieder. Alles was über kleinste und größte Messgrenzen hinausgeht, kann zwar gedacht, aber nicht erfasst werden. Naturwissenschaften sind kariert. Geisteswissenschaften sind kontinuierlich.
(Bild: Wikipedia)
2 Kommentare:
Ein wirklich guter Beitrag, der die philosophischen Grundlagen der hegelschen und marxistischen Dialektik und deren Synthese beleuchtet.
Während die wissenschaftliche Methode der Induktion und Deduktion eine elegante Verbindung zwischen geistigem Ideal und materieller Wirklichkeit darstellt, erinnert mich das an die Methoden von Sherlock Holmes.
Sherlock Holmes nutzte sowohl Induktion als auch Deduktion, um seine Fälle zu lösen. Er abstrahierte aus konkreten Hinweisen (Induktion) allgemeine Theorien und wendete diese auf spezifische Situationen an (Deduktion). In gewisser Weise verkörperte Holmes die Synthese von Hegels dialektischem Idealismus und Marx' materialistischer Dialektik auf praktische Weise.
Holmes' Fähigkeit, aus kleinsten materiellen Hinweisen komplexe geistige Modelle zu entwickeln und diese dann auf die materielle Wirklichkeit anzuwenden, könnte als praktisches Beispiel der beschriebenen Synthese gesehen werden.
Diese Synthese ist nicht nur eine philosophische Idee, sondern findet sich auch in der praktischen Anwendung der Wissenschaften und der Kriminalistik wieder.
Danke für diesen tiefgründigen Beitrag. Er illustriert den Übergang zwischen Philosophie und Praxis wunderbar.
Hallo Emi!
Vielen Dank für diesen netten Kommentar! In der Tat fanden in der Zeit von Sherlock Holmes die ersten wissenschaftlichen chemischen Experimente, Katalogisierungen (etwa von Giften) und auch Anwendungen in Europa und Amerika statt (Fingerabdrücke).
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