Es war einmal in einem Dorf ein kleines hübsches Mädchen,
das hatte eine Kappe aus roten Sammetfädchen.
Der kleine Schatz war Mutters und Großmutters Augenstern.
Sie trug oft ihr Hütchen, drum nannte man sie gern
"Rotkäppchen!", wie auch ihre liebe Mutter sie nun rief,
als sie fröhlich durch die Haustür in die Küche lief.
Mutter und Großmutter wohnten nicht in einem Haus,
sondern es war eine Meile in den Wald hinaus.
"Großmutter ist schwach und krank und kann uns nicht besuchen,
drum bringe ihr geschwind den Wein und auch den warmen Kuchen.
Grüße sie recht schön von mir, pass auf, dass du nicht fällst
und achte auf die Wege, dass du den richtgen wählst.
Lauf nicht herum im Walde, lass die Flasche ganz,
Tu wie gesagt und komm zu mir zurück so schnell du kannst."
So oder so ungefähr, reden Mütter immer,
Mal hilft es, manchmal nicht, und manchmal hilft es nimmer.
"Das will ich alles machen, so wie es dir gefällt."
antwortete Rotkäppchen und hat hinein gestellt
in den Korb den Kuchen und die Flasche Wein.
Dann band sie sich ihr Schürzchen und lief in den Wald hinein.
Um altehrwürd'ge Kiefern und Buchen ging ihr Pfad.
Ein Fleckchen Grau blitzt' hier und dort, wohin sie auch trat.
An einer hellen Lichtung kam ein Wolf mit prächt'gem Haar
aus dem Unterholz heraus und sagte "Gott bewahr!
Mein liebes Mädchen, was führt dich so früh schon durch den Tann?"
"Zur Großmutter, Herr Graubart, die nicht mehr aufstehn kann!"
"Was willst du denn dort machen, willst du ihr etwas bringen?"
"Bald soll sie wieder munter sein und heitre Lieder singen.
Deswegen trage ich den Wein und selbstgebacknen Kuchen."
"Ach Rotkäppchen, sage mir wo könnt ich sie besuchen?"
"Es ist ein Häuschen gar nicht weit, dahinter stehen Eichen,
dort wo die Haselbüsche den Weizenfeldern weichen."
'Oh du leckres Haselnüsschen, ich knacke deinen Kern'
dachte ganz bei sich der Wolf doch sagte "Gar nicht fern!
Sieh, dort drüben wachsen Kräuter die Gebrechen heilen.
Wolfsbeer, Wolfsbast, Wolfswurz und Wolfszahn auch bisweilen."
"Herr Graubart, werden alle Kräuter nach dem Wolf benannt?"
"Nur die allerbesten, die der Medizin bekannt.
Sammle doch ein paar davon, ich will mich empfehlen."
sprach das Tier um sich hin zur Großmutter zu stehlen.
Hinter moosbewachsnen Rinden, schaut der Wolf zurück,
dem süßen Kindchen hinterher und schnalzte "Welch ein Glück!"
Rotkäppchen sah im Walde viele schöne Blumen.
Die pflückte sie für einen Strauß und mit Kuchenkrumen
fütterte sie Vögelein, die auf dem Wege hüpften
und schließlich auch noch die im Nest gerade frisch geschlüpften.
"So ein lieber, guter Wolf, wie er an alle denkt
und jedweden den er trifft mit Weisheiten beschenkt."
Als der Wolf ans Häuschen der Großmutter kam,
fand er es verschlossen und er klopfte an.
Die Alte konnte nicht allein und ohne Hilfe stehen,
so krächzte sie nur "Wer ist draußen?" anstatt nachzusehen.
Da rief der Wolf "Das Rotkäppchen möchte dich besuchen!
Ich bringe roten Wein für dich und selbstgebacknen Kuchen."
Mit einer hohen Fistelstimme täuschte er die Alte,
Sie sprach "Der Schlüssel liegt unter der Tür in einer Spalte."
Der Wolf drang ein, sprang aufs Bett und fraß mit einem Bissen
die Großmutter und legte sich verkleidet in die Kissen.
Er trug der Alten Schlafgewand, Haube und auch Brille
und dachte freudig "So, jetzt warte ich in aller Stille.
wie gut hat schon der alte dürre Knochensack geschmeckt,
da möcht ich wissen welch Aroma in Rotkäppchen steckt."
Kurz darauf klopfte es leise an der Tür der Großmama.
Der Wolf sprach mit verstellter Stimme "Gott zum Gruß, wer ist denn da?"
"Draußen steht das Rotkäppchen und will dir Speisen bringen."
"Drück nur auf die Klinke Schatz, so wird die Tür aufspringen."
Das Mädchen ahnte unheilvolles, denn es roch nach Hund
und die Stimme der Großmutter klang sehr ungesund.
Sie schaute sich gar ängstlich um im trüben Stubenlicht,
der Graubart säuselte ihr zu, die Decke im Gesicht.
„Leg dich zu mir ins Bettchen, komm her und wärme mich.“
Rotkäppchen hob die Decke hoch und fragte ungläubig
"Warum sind deine Hände haarig und mit Krallen dran?"
"Damit ich dich mein Kindchen, besser halten kann."
"Warum hast du Großmutter, so lange Ohren dann?"
"Damit ich dich Rotkäppchen, besser hören kann."
"Warum hast du Großmutter, so große Augen dann?"
"Damit ich dich, mein Liebchen, besser sehen kann."
"Warum hast du Großmutter, so scharfe Zähne dann?"
"Damit ich dich, mein Herzchen, besser fressen kann!"
Mit weitem Maul in seinen Wanst, schlang er sie ganz hinein
dort saß sie dann mit ihrer Angst und dem Großmütterlein.
So eine Ungerechtigkeit ist nicht der Weisheit Ende.
Deshalb schlief der Wolf gleich ein und das brachte die Wende.
"Ein guter Bissen ist noch längst das beste Ruhekissen".
Das Schnarchen rief den Jägersmann und ohne es zu wissen,
dass er in diesem Glücksmoment der Rettungsengel war,
kehrte er ins Häuschen ein und wurde dort gewahr
wie der Wolf mit prallem Bauche lag im Schlafgemach.
Er stellte das Gewehr zur Seit und dachte erstmal nach.
Der Jäger zückte leis das Messer, öffnete den Magen
und heraus sprangen die zwei, die dort gefangen lagen.
Der Wolf hatte jetzt großen Hunger und er wachte auf,
erst sah er das Rotkäppchen und dann den Büchsenlauf.
Noch bevor er zwinkern konnte, gab es einen Knall
und der graue Isegrimm verliess den Erdenball.
Der warme Wolfsbauch hatte das Großmütterchen geheilt
und das Mädchen ist nun immer gleich zu ihr geeilt.
Den Kuchen aber nicht den Rotwein teilten sich die drei,
denn den goss sich der Jägersmann hinter das Geweih.
1 Kommentar:
Da fallen mir glatt die ersten Worte von Severus Snape an Harry Potter ein:
"Harry Potter ... Unsere neue Berühmtheit...
Was kommt dabei heraus, wenn man einem Wermutaufguss geriebene Affodillwurzel beifügt?"
Harry schüttelt den Kopf
"Keine Ahnung? Nächster Versuch. Wo würdest du suchen, wenn es hieße, du sollst einen Bezoar beschaffen?"
"Ich weiß es nicht, Sir."
"Und was ist der Unterschied zwischen Eisenhut und Wolfswurz?"
Harry schaute Snape noch immer stumm an und dieser ignorierte noch immer Hermines herumschwebende Hand.
"Zu deiner Information, Potter:
Affodill und Wermut ergeben einen Schlaftrunk, der so stark ist, dass man ihn als Trank der lebenden Toten bezeichnet. Ein Bezoar ist ein Stein aus dem Magen einer Ziehe, der einen vor den meisten Giften rettet. Was Eisenhut und Wolfswurz angeht. Das sind ein und dieselbe Pflanze, auch unter dem Namen Aconitum bekannt... Wieso?", fragte Snape, "nimmt keiner seine Feder auf und schreibt sich all das auf?"
Und gerade diese Zeilen haben eine sehr tiefgehende Bedeutung in Bezug auf Snapes Verhältnis zu Harrys Mutter Lily. Mehr dazu in meinem nächsten TopTenPost zu den Lieblingszitaten aus Harry Potter ☺️
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