Freitag, 19. April 2024

Der gestiefelte Kater (Perrault/Grimm) gereimt

Erbschaft ist ein Segen, aber nicht allein.
Ein kleines Erbe kann ein großer Ansporn sein.
Auf eigenen Füßen gehen ist gar nicht so verkehrt,
statt Pferde zu besitzen, die 1000 Taler wert.
Bekannt sind Millionäre mit Vätern ohne Brot,
und gutbetuchte Großväter mit Enkeln tief in Not.
Im Kopfe etwas Grütze drin ist mehr wert als ein Feld
und gesunder Mutterwitz mehr als Gut und Geld.

Es war ein mal ein Müller, dreier Söhne Vater.
Sein Gut war eine Mühle, ein Esel und ein Kater.
Wie es sich so fügte lag der Müller bald im Sterben.
Alles was er einst besessen, teilten sich die Erben.
Der Älteste bekam die Mühl, den Esel dann der zweite,
der Kater kam zum Jüngsten, den das gar nicht freute.

"Eine Katze!" rief er "Das ist für die Katz!
Was tue ich damit? Nen warmen Pelzbesatz
für meine kalten Ohren? Solang ich barfuß gehe
wirkt das unverfroren. Das Fleisch wie ich es sehe,
reicht kaum für einen Braten." "Mein Herr ich will dir raten
nicht so lang zu trauern." sprach der Kater sauer.
"Spar dir dein Bedauern. Gib mir einen großen Beutel
und auch gute Stiefel. Dann schleiche ich mich heute,
nur um dir zu helfen, noch unter reiche Leute."

Der Jüngste sah verwundert drein, des Katers Reden wegen,
und doch rief er den Schuster her, die Elle anzulegen.
Als die Stiefel fertig warn, zog sie der Kater an,
und verschloss den Beutel mit einer Schnüre dann.
Auf zwei Beinen, wie ein Mensch, ging er zur Tür hinaus
und legte tief im Walde seinen Köder aus.
In den Sack hinein hatte er Weizenkorn gefüllt.
Er öffnete denselben und wartete auf Wild.

Er hatte einen Stock mit Schnur in den Sack gestellt,
das war für seine Beute ein Körnerfutterzelt.
Des Königs großer Hunger auf Rebhuhn war nicht neu,
die große Zahl der Jagden machte die Tiere scheu.
Der Kater aber jagte nicht, er stellte eine Falle
und Rebhühner kamen herbei, ein paar richtig dralle.
Sie krochen in das Zelt hinein, der Kater zog am Strick
und schulterte den Sack, erfreut über seinen Trick.

Er ging damit geraden Weges zu des Königs Schloß.
Als die Wachen ihn dort sahen lachten sie gleich los.
„Wohin will der große Sack mit dem kleinen Kätzchen?“
„Zum König will ich ganz genau, und lass er diese Mätzchen.“
„Bist du toll, als Kater willst du sprechen vor dem König?“
„Laß ihn durch, dass wird ein Spass, der König lacht so wenig.“

Der Kater kam zum König und er beugte sich vornüber.
„Mein Graf sendet Euch Rebhühner vom fettesten Kaliber.“
Der König wusste sich darob vor Freude nicht zu fassen
und gab dem Kater etwas Gold aus den Landeskassen.
„Das bring deinem Herrn und nochmals Dank für das Geschenk!“
Zuhaus stützte der Müllerssohn den Kopf aufs Handgelenk.

Er sann am Fenster nach wann wohl das Unglück von ihm ließe.
Da trat der Kater ein und warf das Gold ihm vor die Füße.
„Da hast du etwas für die Schuh, der König lässt dich grüßen.“
sprach der Kater und zog sich die Stiefel von den Füßen.
"Du hast zwar jetzt Geld genug, doch dabei solls nicht bleiben.
Morgen will ich mich erneut im Unterholz rumtreiben.
Ich werde Rebhuhnlieferant für höfischen Bedarf.
Und du, mein werter Müllerssohn, wirst mein Herr, der Graf."

Die nächsten Tage ging der Kater wieder Fallen stellen.
Dem Jungen blieb nichts weiter, als Goldstücke zu zählen.
Der Kater war beliebter Gast in des Schlosses Küche
und hörte eines Tages dort vom Herd des Kutschers Flüche.
"Ich wünscht, der König samt Prinzessin wärn beim Belzebub!
Dann könnt ich heute Karten spielen in der Wirtshausstub!
Statt dessen wollen beide nun am See spazieren fahren
und ich langweil mich oben auf dem gottverdammten Karren!"
Wie der Kater das vernahm, schlich er sich nach Haus
und richtete dem Müllersbursch die frohe Nachricht aus.

"Willst du ein Graf sein, musst du heut hinaus zum See und schwimmen.
Auf mein Signal hin wirst du dann das Ufer rasch erklimmen."
Der Müller zuckte nur die Schultern und die beiden liefen fort.
Gerade noch zur rechten Zeit kamen sie zum rechten Ort.
Hastig zog der junge Bursche sich ganz splitternackend aus.
Der Kater trug die Kleider fort, da kam die Kutsche angesaust.
„Ach, mein Herr ist in Bredouille, allergnädiglichster König.
Er steckt dort im Wasser fest und hat neue Kleider nötig!
Die seinen wurden ihm beim Bad von Landstreichern gestohlen.
Kommt er nicht ins Trockne, wird ihn der Schnupfen holen!“

So hat der Kater kläglich laut und aufdringlich miaut,
bis der König irritiert den Störenfried erschaut.
Nach kurzem Knarren und auch Ächzen stand die Staatskarosse still,
"Schnell, mein Bote, reit geschwind, bring dem Grafen, was er will!"
sprach der König, denn er war dem Kater sehr gewogen.
Dann hat der Graf von Habenichts die Kleidung angezogen,
die alsbald sehr großzügig zur Verfügung stand.
"Herr Kater, reich er mir den Frack und geh er mir zur Hand!"
Nachdem er sich angezogen, durfte er im Wagen sitzen.
Die Königstochter ließ ganz reizend ihre hübschen Äuglein blitzen.

Der Kater aber rannte vor, wie verfolgt von wilden Bienen.
Er fragte Leute unterwegs "Sagt, wem möget ihr wohl dienen?"
"Dem Zauberer!", so riefen alle, ob auf Wiese, Wald und Feld.
"Erzählt ihr diesen Quatsch dem König, ist es schlecht um euch bestellt.
Alles hier gehört dem Grafen, merkt euch diese Antwort gut."
Die Menschen sagten schnell "Jawohl!", denn sie waren auf der Hut.
Ein Fabeltier wie dieses sieht man ja nicht alle Tage,
da gibt man lieber falsche Auskunft auf jedwede Frage.

Das Tier schlich sich ins Schloß des Magiers, leckte sich vor ihm die Pfoten.
Der Magier fand so ein Verhalten ungebührlich und verboten.
"Was willst du hier?" rief er und seine Augen starrten böse.
"Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen dieses Rätsel löse.
Dass Ihr Euch in vielerlei Getier verwandeln könnt,
so hörte ich und frage ob mir ein Beweis vergönnt,
von Eurer hohen Zauberkunst? Nicht Fuchs, noch Wolf, noch Hund,
nein, ein echter Elefant wäre mir zum Staunen Grund."
Der Magier sagte darauf stolz: "Das ist mir eine Kleinigkeit.“
und stand da als Elefant nach verblüffend kurzer Zeit. 
"Ein stoßzähniges Rüsseltier, das ist schon kolossal,
ein Löwe wär für mich jedoch das Zauberstück der Wahl."

Ein Löwe brüllte nun alsbald, den Kater überlief es kalt,
schnell sprang er in eine Uhr, man hörte seine Stimme nur
„Das ist der Brüller, ei der Daus, doch sicher kannst du keine Maus!“
Schaurig lachte das Genie „Die Maus vergisst du wahrlich nie!“
Der Kater hat auch nicht vergessen, die Maus genüsslich aufzufressen.
Ein Satz, ein Biss, ein leiser Schrei, dann war die Zauberei vorbei.
Des Königs Kutsche fuhr derweil über Wiese, Feld und Wald,
und wo immer man gefragt, des Grafen Name wiederhallt.
Der König war erstaunt und sprach, "Ihr seid ein reicher Mann, Herr Graf."
Sie kamen an das Schloss heran, vor dem der Kater lässig stand.

Von den Treppen sprang er munter zu den Gästen nun herunter,
öffnete galant den Wagen, sprach mit sichtlichem Behagen:
"Erlaubet mir, oh Eure Hohheit, dass ich Eintritt nun gewähre
in das Haus des werten Grafen, dem es eine große Ehre
ist euch heute zu begrüßen und er leget Euch zu Füßen,
alle seine Kraft und Macht und des Schlosses edle Pracht."
Der Graf nun führte die Prinzessin hinauf zum Saal voll Prunk und Gold.
Das Mädchen aber war dem Grafen schon seit dem Momente hold,
als er nackt am Wege stand. Sie sprach "Ach freie mich, mein Liebster!"
Der Graf wurde zum Prinz ernannt und der Kater ward Minister.









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