Sonntag, 7. April 2024

Drachenschmaus (gendergerechte Version)

Es ist ein Tag vor vielen Lenzen als ein Drache mit fünf Schwänzen,
jedoch mit nur einem Kopfe es sich in just denselben setzt,
es täte seinem Stande gut wenn er einen Prinzen frässe.
Und während er geringelt ruht, vor seiner Höhl ein Herold krächzt
dass im nahen Schlosse hier gibt es ein Turnier um Vier
und jeder Heldin ständ es gut, wenn sie dort im Sattel säße.

Des holden Prinzen fernes Bild spiegelt sich in mancher Rüstung,
als er lichtumflossen steht auf des Schlossturms enger Brüstung.
"Ich sag euch, das Turnier beginnt, für den Prinzen Wiedekind!
Seine Hand wird der gebühren, die weiß die stärkste Lanz zu führen."

Die Ratten in der Speisekammer der königlichen Küche jammern
"Das Königshaus, das ist bankrott, bei uns herrscht bald die Hungersnot..."
Bis eine spricht "Lass uns doch wimmeln, zu den hehren Käsehimmeln.
Bei den Nonnen einzukehren, werde ich den Weg euch lehren."

Der Drachen pflückt den Wiedekind von des mächt'gen Turmes Zinnen,
klemmt ihn locker untern Arm und flattert übern Tann von hinnen.
Der Prinz ruft Hilfe und vom Auge sieht man seine Tränen rinnen.
Die Jungfern sich zum Retten rotten beim Teiche im Marillengrund,
um den Prinzen Wiedekind zu schützen vor dem Drachenschlund.

Die Knappen sehn Karotten mampfend, die Damen manche Lanze brechen,
weil die Blechhelmamazonen scheppernd sich den Rang erstreiten,
wer den Drachenpelz dem Jüngling morgen darf zu Füssen breiten.
Hernach ihre Rosse dampfend die Lungen aus dem Hals sich hecheln.

Es knattern Fahnen leis im Wind, die Fräulein rasten müd im Dreck
sie haben keine Lust mehr heute, an dem Tiere sich zu rächen.
Sie bauen Zelte auf dem Fleck und fangen lautstark an zu zechen.
Der Drachen schluckt den Wiedekind ganz samtens Rock und Firlefanz
Als kleine Mahlzeit zwischendrein, so fährt er in die Echse ein.

Über Berg und grüne Wipfel setzt er seine Reise fort, hungrig ist er, grantig ist er,
und so kehret er nicht heim, denn zu dürren Adelsknochen
noch ein paar fette Nonnelein, in ihrem eignen Saft zu kochen
dazu hat er große Lust, lüstern bläht er seine Nüstern.

Derweil grimm auch Rattenhorden in Reih und Glied die Wege schreiten
hin zum Kapuzinerorden wo die gelben Käse reifen.
Als die Schatten länger fallen, an dem elften Mai des Jahres
und Ratten in die Keller quellen, spricht die Äbtin leis den Segen
- auf Käseleib und Quittengeist  -
die der Herr erhälten möge, des leiblichen Genusses wegen.

Nun nimmt das Schicksal seinen Lauf, die Schädlingsbrut ernährt sich wild.
Die Äbtin sich ganz still bekreuzigt und dann exklamiert sie "Hülft!"
Der Orden windet sich zur Kette, vom Kellerloch zum Hofe hoch,
wird alles Essbare gebracht und im Fackelschein bewacht.

Der Lindwurm traut den Augen kaum, das Klosterhof ist ein Bankett.
Nicht nur Gottesschaf voll Eifer, auch noch runde Käseleiber.
Die Flamme sanft auf Grill gestellt, schwebt er übers Himmelszelt.
Der Schmaus beginnt und viele Seelen der Herrgott zu sich rufet.

Hörner schallen, Rufe hallen, die Ritterinnen sahn das Feuer,
so voll wie die Haubitzen, sie zu Pferde sitzen.
Der Drach denkt nach und fliegt aufs Dach
und schnaubt und faucht und lacht und wiehert,
ein verquerer Bissen macht, dass er schnöd erstickt und drauf
auf die edlen Weiber kracht von den Kirchturmspitzen.

Der Nachtwind stöhnt, die Flammen prasseln, im Keller eine Schwester fröhnt.
Sie tauft mit klarem Quittenschnaps die Ratten für den heil'gen Papst.
Da fährt der Mephistopheles aus der Hölle auf und höhnt:
"Ich mag dich, du muntre Dirn, nimm diesen Säbel, schütz die Stirn.
Hinauf, hinauf, entrinn dem Feuer!
In dem starren Drachen dann harret dir ein holder Mann,
du musst ihn einfach nur zerlegen bis der Bursch sinkt dir entgegen.
Als Preis dafür ich meinem Meister, weihe dies Gemäuer."

Die Brave hackt wie die Besengte und durch des Lindwurms Schuppen sprengt sie,
schneidet sich durch das Gewebe und hofft, dass Wiedekind noch lebe,
Bald hört sie den Verschluckten schreien, er reicht ihr die beringte Hand,
"Du Säbelmaid komm mich zu freien und regiere dieses Land!"
Mit Schaudern fliehen sie den Ort, wo fortan nur die Teufel hausen.
Sie leben redlich viele Jahr, gefolgt von ihrer Kinderschar.
Das ist wirklich so geschehn ich erzähl euch keine Flausen.

Mittwoch, 3. April 2024

Das Weihnachtshuschelpuschel

Ein Huschelpuschel, noch gar nicht alt, 
lebte in einem Zitronenwald.
Mit zimtenen Bächen voll klarer Glasur,
aus Lachsschaum die Hügel, so rein und so pur.

Da fielen fünf Stirnlein gesichtwärts ins Gras,
das Puschel, das staunte und wünschte sich was.
Trompeten nun quakten, potztausendundvier,
"Weihnachten feiern, das wünsche ich mir!

Auf Renrücken reiten durch stiebenden Schlick
und schenken von Herzen mit innigem Blick."
Das Huschelpuschel hat mich gerührt,
es war ja wohl ganz allein im Geviert!

Ich schenkte ihm Glockenhummeln, ne Krake
und eine tanzende Pastinake.
Das Puschel, von dankbarem Rausch besengt,
hat mir einen Zuckerbausch geschenkt.

Der Auftritt

Weihnachtsedit:

Draußen vor den Burgmauern fiel sanft und still der erste Schnee und die Natur legte ihre friedvolle Pause ein. Die kalte Luft roch nach Tannennadeln, aus der Burgküche drang der Duft von gebrannten Mandeln und irgendwo in der Ferne hätte man ein leises Glockengeläut hören können. Im Speisesaal aber gab es justament einen veritablen Aufruhr und dies hatte mit Fugelhuf Vielgebein zu tun.

Fugelhuf war eine Ein-Mann-Band. Von der Art her ein Hundertfüßer (Centipede), stand er einem König zu Diensten und zwar einem geizigen, dem eine orchestrale Bemannung mit separat eßlustigen Individuen gegen den Strich ging, salopp gesagt. Fugelhuf spielte etwa 50 Instrumente, ein-, zwei- oder dreihändig, ein Standbein nicht zu vergessen.

Alle Blasinstrumente waren jedoch des Mundes bedürftig und davon hatte Fugelhuf auch etwa 25. Mehr oder weniger, aber gottseidank nur einer mit Zugang zum Magen, wie Ihro Durchlaucht bemerkte. Der Hundertfüßer besaß eine bemerkenswerte Präzision. Nachdem er Instrument für Instrument eine jeweilige Sinfonie oder Sonate einstudiert hatte, ratterte alles nur so und schnurrte aus ihm heraus. Beim Spielen wiegte er sich dann auch ästhetisch und der Klang der Geigen, Oboen und Brummtöpfe und so weiter schwappte nur so kreisrund in das sprachlos gaffende Publikum.

Gerade zum Beginn der heiligen Tage nun, als auch der Dekan für Neue Musik der musikalischen Fakultät Ausschau nach unerforschten Möglichkeiten hielt, die maroden und verkommen blasierten alten Zöpfe der Kammermusik radikal neu zu frisieren, begab es sich, dass Herr Vielgebein krank wurde. Ein zehrendes Fieber zerstörte seine Präzision zunehmend, Husten und Schneuzanfälle kamen hinzu!

Der Dekan erreichte den Hof mit verhaltener Langeweile, während bei dem Musikanten schon kein Fuß mehr wusste, was der andere tat, man munkelte auch von Gehirnerweichung. Der Hundertfüßer hatte darob in den vergangenen Tagen begonnen, scheußliche Klangunfälle zu produzieren, Disharmonien von solch entfesselter Vehemenz, dass Mittelohrentzündungen den halben Hof erfassten.

Der Koch etwa konnte den Unterschied zwischen Rouladen und Buletten nicht mehr verstehen und servierte Rouletten. Der König grübelte, ob er sich eine Orchesterpause leisten konnte, als der Dekan, nach Erfrischung und gründlicher Reinigung, an der Tafel Platz nahm. Man hatte sogar ein mickriges Bäumchen aufgestellt, geschmückt mit ein paar vergilbten Kugeln und einer einsamen Kerze, die trübselig vor sich hin flackerte.

Herr Vielgebein spielt heute die kleine Eiszapfenmusik von Sigurd Vogelschrei!“ tönte der Herold, alldieweil auch der Hof platziert war und sich, die Ohren wohlverstopft, über das Essen wunderte. „Fanget an!“ Fugelhuf begann nun sein jämmerliches Schauspiel, Triefbäche entwanden sich seines Körpers und gestalteten ihn so glitschig, dass er glänzte wie eine Specktomate und einzelne Instumente verabschiedeten sich, flutsch, ins Dunkel.

Während die Fürsten und Grafen und dergestalt trotz Pfropfen schmerzvoll die Augen verdrehten, durchfuhr den Dekan ein ganz neues Gefühl der Leichtigkeit. Diese Freiheit der Form! Diese lustigen Soli! Das war neu, das war vielleicht sogar Jazz! Juchzend sprang er auf und applaudierte. „Maestro, bravo, bravo.“ Dann hielt er inne und sinnierte, ob er diesem Wahnsinnswerk noch das eine oder andere Krönchen aufsetzen könne.

Da hielt er ihm eine Handvoll Heu unter die Nase, die er zerstreuterweise noch in seiner Tasche stecken hatte. Der Centipede explodierte daraufhin, der Schall der Hörner brachte eine Wand der Burg zum völligen Einsturz und Schneeflocken wirbelten von draußen herein.

Aha!“ „Und hiermit?“ Respektlos stopfte der Dekan einen Löffel Senf in einen der Münder, bis heute ist es fraglich, ob es der richtige war. Vielgebein schwankte und schüttelte sich, ja er zitterte ein zermürbendes Vibrato, das nicht nur die Gläser und Krüge zersplitterten. Etliche der Damen fielen in Ohnmacht. Vielgebein flatulierte und verstummte. "Welch ein neuer Ton!" frohlockte der Musikwissenschaftler.

"GENUG!", brüllte der König. "„SOGAR DIE WEIHNACHTSMUSIK VERDREHT ER UNS? DAS DULDE ICH NICHT LÄNGER! VERSCHWINDE ER DER HERR DEKAN UND NEHME ER DEN KRACHMACHER MIT SICH!“ Sprachlos vor Glück hüpfte der Dekan durch das Loch in der Mauer, schleifte sein japsendes Geschenk mit sich, hängte es im Stall über sein Maultier, warf die Instrumente in seinen Karren und stapfte hinfort.

Über den Genesungsfortgang und wissenschaftlichen Fortlauf der atonalen Experimente des Dekans und seines Maestros ist wenig dokumentiert, nur einige wenige Auftritte mit ihren Neuschöpfungen, die kaum Anklang fanden, sind in den Annalen der musikalischen Fakultät notiert. Später freilich, nach seinem Tod, wurde der Dekan rehabilitiert und Fugelhufs Dissonanzen, welche man fein säuberlich in einer Truhe verstaut fand, etablierten sich auf dem Musikmarkt.

 

 Original:

Fugelhuf Vielgebein war eine Ein-Mann-Band. Vielgebein war von der Art her ein Hundertfüssler (Centipede), stand einem König zu Diensten und zwar einem geizigen, dem eine orchestrale Bemannung mit separat eßlustigen Individuen gegen den Strich ging, salopp gesagt. Fugelhuf spielte etwa 60 Instrumente, ein, zwei oder 3-händig, ein Standbein nicht zu vergessen.

Alle Blasinstrumente waren jedoch des Mundes bedürftig und davon hatte Fugelhuf auch etwa 25. Mehr oder weniger (aber gottseidank nur einer mit Zugang zum Magen, wie Ihro Durchlaucht bemerkte). Der Hundertfüsser besaß auch eine bemerkenswerte Präzision. Nachdem er Instrument für Instrument eine jeweilige Sinfonie oder Sonate einstudiert hatte, ratterte alles nur so und schnurrte aus ihm heraus. Beim Spielen wiegte er sich dann auch ästhetisch und der Klang der Geigen, Oboen und Brummtöpfe und wasweissich schwappte nur so kreisrund in das sprachlos gaffende Publikum.

Aber es begab sich zu der Zeit, als just auch der Dekan für neue Musik der musikalischen Fakultät Ausschau nach Möglichkeiten hielt, die maroden und verkommen blasierten alten Zöpfe der Kammermusik radikal neu zu frisieren, das Herr Vielgebein krank wurde. Ein zehrendes Fieber zerstörte seine Präzision zunehmend, Husten und Schneuzanfälle kamen hinzu!

Der Dekan erreichte den Hof mit verhaltener Langeweile, während bei dem Musikanten schon kein Fuß wußte mehr, was der andere tat, man munkelte auch von Gehirnerweichung! Der Füsser hatte darob in den vergangenen Tagen begonnen, scheußliche Klangunfälle zu produzieren, Disharmonien von solch entfesselter Vehemenz, dass Mittelohrentzündungen den halben Hof erfassten. Der Koch etwa konnte den Unterschied zwischen Rouladen und Buletten nicht mehr verstehen und servierte Rouletten. Der König grübelte, ob er sich eine Orchesterpause leisten konnte, während der Dekan, nach Erfrischung und Neugewandung an der Tafel Platz nahm.

„Herr Vielgebein spielt heute die Lachkantate von Vogelschrei dem Runden!“ tönte der Herold, während auch der Hof platziert war und sich, die Ohren wohlverstopft, über das Essen wunderte. „Fanget an!“ Fugelhuf begann nun sein jämmerliches Schauspiel, während Triefbäche sich seines Körpers entwanden und ihn so glitschig gestalteten, dass er glänzte wie eine Specktomate und einzelne Instumente, flutsch, sich ins Dunkel verabschiedeten. Während die Fürsten und Grafen und dergestalt trotz Pfropfen schmerzvoll die Augen verdrehten, durchfuhr den Dekan ein ganz neues Gefühl der Leichtigkeit. Diese Freiheit der Form! Diese lustigen Soli! Das war neu, das war vielleicht sogar Jazz! Juchzend sprang er auf und applaudierte. „Maestro, bravo, bravo.“ Dann hielt er inne und sinnierte, ob er diesem Wahnsinnswerk noch das eine oder andere Krönchen aufsetzen könne.

Da hielt er ihm eine Handvoll Heu unter die Nase, das er achtlos aus dem Sitzkissen gerupft. Der Centipede explodierte daraufhin, der Schall der Hörner brachte eine Wand der Burg zum völligen Einsturz. „Aha!!!“ „Und hiermit?“respektlos stopfte er einen Löffel Senf in einen der Münder, bis heute ist es fraglich, ob es der richtige war. Vielgebein schwankte und schüttelte sich, ja er zitterte ein zermürbendes Vibrato, das nicht nur die Gläser und Krüge zersplitterten. Etliche Damen fielen in Ohnmacht. Vielgebein flatulierte und verstummte. "Welch ein neuer Ton!" frohlockte der Musikwissenschaftler.

"GENUG!", brüllte der König. "DAS DULDE ICH NICHT LÄNGER! VERSCHWINDE ER DER HERR DEKAN UND NEHME ER DEN KRACHMACHER MIT SICH!“ Sprachlos vor Glück hüpfte der Dekan durch das Loch in der Mauer, schleifte sein japsendes Geschenk mit sich, hängte es über den Esel, warf die Instrumente in den Karren und schritt hinfort. Über den Genesungsfortgang und wissenschaftlichen Fortlauf der atonalen Experimente des Dekans und seines Maestros ist wenig dokumentiert, nur einige wenige Auftritte mit Neuschöpfungen des Dekans, die kaum Anklang fanden, sind in den Annalen der musikalischen Fakultät notiert. Später freilich, lange nach deren Tod wurde der Dekan rehabilitiert und Fugelhufs Dissonanzen etablierten sich auf dem Musikmarkt.

Kommissar Blindschleiche

Es fand die blinde Schleiche
im Walde eine Leiche.
Unter einer Kiefer,
ganz nah beim Schienenstrang.
Nach kurzer Investigation
und Leibesvisitisation,
dem neugiergem Reptil ein tiefer
Seufzer sich entrang,
"Ach, den Täter gält's zu finden!
Was musste ich denn nur erblinden?"