Noch so ein älteres Gedicht von meinereiner:
Ein mutig Fischlein sprang hinein,
in den Himmel, Sonnenschein.
Entging so einem Haubentaucher,
dieser war sein Endverbraucher.
Doch als schuppig Fisch als nasser,
fiel es wieder in das Wasser.
So nach vier fünf Blasen stumm,
ging es ihm im Kopf herum:
Wieso konnt der Vogel schwimmen,
es aber selber nicht erklimmen,
der kühlen Frischluft zarte Balken?
Was war von diesem Zeug zu halten?
Als nächstes war ein Otter dann
an dem armen Schuppling dran.
Nur, sobald das Wasser seichter,
ging es auch nicht vorwärts, leichter.
Und als es die Plage sätter,
nahm es sich zwei Segelblätter,
aus dem Schilf und stieg hinauf
und so nahm es seinen Lauf,
dass das Fischlein fliegen lernte,
bald von weissen Wolken schwärmte,
und des Himmels Buntgefieder,
auch auf Bäumen saß es nieder.
Wiegte sich in güldnen Strahlen
und des Mondes Silberschalen.
Kam als Backfisch dann und wann
wieder bei den Eltern an.
Donnerstag, 11. Juli 2024
Rio de Chauvineiro oder Emanzonas ?
Mittwoch, 10. Juli 2024
You're safe until the fire starts
(Diesen Text habe ich aus meinem alten Blog "Froschtümpel" übernommen, Foto und Titel stammen von dieser Quelle.)
Szenerie Eins: Wieder sitze ich in einem Käfig, der ist in einem grossen, leeren
Saal, Geräusche und bunter Nebel fliehen von irgendwo. Dann setzt sich
eine Raucherin vor mich und erschüttert mich mit ihrem
Nikotin-Nihilismus. Gar nichts sei als man selbst, und das könne man
alles ändern. Es gäbe das Feste ERST nach der Beule. Sie gibt mir ihre
Zigarette für das Schloss. Es gäbe auch keinen Nutzen, keinen Sinn, nur
Emotionen. Tu was du willst. Weg mit mir, mit dir, keine Bilder mehr
jetzt. Sei ein wildes Tier. Der Käfig brennt.
Szenerie Zwei: Ich hab es geschafft, die Feder ist überspannt und gebrochen. Nutzlos
klimpert sie im Abwärtsgang. Auf schiefer Ebene fahre ich hinab mit
schwerer Fuhre. Der Motor bremst und läuft heiss. Metallischer Geruch
drückt die Brust. Funken blitzen, die Hülle zerfällt, die Räder
springen, hulahopp, hopp, hopp. Alte Tonbänder spielen, eine Puppe weint
im Rauch. Ich bin wach, hellwach, das Wasser ist kalt, die Optik
kristallklar, Wale singen mir ein Schlaflied. Doch ich kann nicht
schlafen, ich muss noch weit gehen. Mit einer Fussfessel, an der Kette,
an der Kugel.
Szenerie Drei: An einem Bootssteg am Fluss halte ich an, knie
nieder und tauche einen Finger in den Strom. Das Wasser weicht meinem
Finger, umfliesst ihn. Die Trennung ist schmerzlich, ich werde traurig.
Warum berührt das Wasser mein Innerstes nicht? Gedanken wandern... Weil
keine Öffnung dem Element Einlass gewährt? Von dieser Idee freudeerfüllt
schöpfe ich beide Hände voll und will schon trinken. Plötzliches Grauen
erfüllt mich. Was, wenn Gift darinnen wäre?
Szenerie Vier: Eine weisse Ebene. Ich fühle mich einsam. Ich sehne mich nach meinem Käfig, während sich unter
mir schon alles in Falten zieht. Das ist die Ziehharmonika des Lebens
(mal ist es lang, mal ist es kurz). Eine laute Melodie. Auf einer
wuchtigen Bassnote fliege ich davon.
Montag, 8. Juli 2024
Herr Blattschuss folgt seinen Trieben
Der
Herr Blattschuss wacht morgens auf und ist schon mürrisch drauf. Das
ist sonst nicht so, aber heute. Er weiß heute ist der Tag, an dem er
seinen eingetretenen literarischen Pfad verlassen muss. Sein Doktor hat
ihm das ans Herz gelegt, denn dem Herrn Blattschuss steht eine
Verblödung ins Haus. Herr B. ist süchtig nach Arztromanen. Die
verschlingt er zum Frühstück, Mittagessen und Abendbrot.
"Der Körper liest mit, Herr B." hat der Arzt gesagt. "Sie müssen ihren literarischen Pfad verlassen und auch mal was Gesundes lesen. Gedichtbände zum Beispiel, ja und Erstausgaben erfolgloser Schriftsteller. Die ersten werden die letzten sein, kleiner Scherz, haha, auch Antiquarisches, das ist sehr gehaltvoll, jaja. Schriftsteller war damals noch eine Berufung und kein Beruf, hören sie, Herr B.! Die armen Teufel sind dutzendweise für ihre Ideale in die Kiste gesprungen. Solche ballasthaltige Kost brauchen sie. Nicht den aalglatten Konfekt von Schwester Brunhilde und ihrem ähh, Doktor."
So denkt Herr B. an den letzten Termin und merkt nicht mal, dass er beim Ankleiden die Mütze falsch herum aufsetzt. Draussen regnet es, bald wird es auch schneien. Sorgenvolle Gedanken schieben sich, dicken Raupen gleich, durch seine Morgenwelt. Die muss er loswerden, also dackelt er noch mal in die Praxis, mit verdrehter Mütze und verdrehten Gefühlen.
"Neues
ist gefährlich" händeringt Herr B. "Ich habe von spontanen
Geisteszuständen gehört. Manche Leute sollen danach herumgelaufen sein
und von Niveau geredet haben. Genie und Wahnsinn sollen dicht
beieinander liegen, ja auf offener Straße miteinander schmusen, Herr
Dokter. Einer soll gesagt haben, verkehrt herum gelesen mache das Buch
erst Sinn! Er las ein Telefonbuch Herr Dokter. So was macht mir Angst.
Soll ich nicht lieber auf Liebesromane umsteigen? Die regen bestimmt an,
ja?"
"Nein, Herr B., das sind Gerüchte, nur so leer gedroschenes
Stroh. Leben sie die Vielfalt. Auf einen Hesse können sie schon mal ein
lustiges Taschenbuch folgen lassen."
„Da fällt mir aber ein Stein
aus der Niere, Herr Dokter, Sie machen mir richtiggehend Lust auf die
Avantgarde.“ Gesagt getan. Herr B. schlägt sich wohlfeil ins wilde
Gebüsch, dass die Federfuchser da so struppig wuchernd in die platte
Landschaft kippen. Nachdem er die ausgetretenen Straßen des Mainstreams
hindurchgehüpft ist und nur verächtlich gelacht hat über all die müden
Socken, die Dünnbrettbohrer, die immer nur den Weg des geringsten
Widerstandes gehen und nicht weitergehen wollen, stehenbleiben bei eilig
zusammengenagelten Mythenfetzen und staunend den immer wieder selben
Sensationen nachgeifern, weil sie das Langzeitgedächtnis schon lange für
ein Mitspracherecht unter ihresgleichen eingetauscht haben.
Was für ein
plumper, rückratloser Bückling er gewesen war. Er hat die schönen
einsamen Früchte nicht gesehen, die abseits des Weges unter schweren
Dornen reifen! Doch jetzt kämpft er sich vorwärts. Schon bald hat ihn
kein Mensch mehr gesehen. Er schmaust Festmähler jenseits aller
Vorstellung. Er hat sich ein Haus errichtet mit einem Fundament aus
Folianten noch aus dem Zechstein und Dachschindeln aus Anthologien. Eine
Tür ganz aus Grimoires mit Bannsprüchen gegen Heyne, Bastei und Co. Er
hält sich sogar eine kleine bissige Streitschrift in einem Zwinger aus
Lehrbüchern.
Doch ach, es sollte ihm nicht gut ergehen. Schon bald fängt
Herr B. an, zu interpretieren, mit sich selbst zu hadern, zu
reflektieren und zu sinnieren und zu philosophieren und der ganze
Zirkus. Nach einem russischen Revolutionswälzer ist Herrn B. vier Wochen
schlecht. James Joyce bringt ihn schließlich auf die Intensivstation.
"Abwechslung, Mann! Um Gottes willen!", stirnrunzelt der Arzt. Herr B. blickt ihn gequält an. Er kann nicht mehr anders, nie mehr will er zurück gehen in diese schalen Niederungen des immer wieder kehrenden Dummseins. "Wer einmal aus dem Blechnapf fraß, haarrrgh!", ächzt er und schießt sich mit einem Traktat über "Irrationale Logik" ins Nirwana. Später dann hat man ihn ganz locker auf Telefonbücher umstellen können.
Donnerstag, 4. Juli 2024
Gehirnfernsehen
1.
Ich drücke gerade noch ein paar Knöpfe: Wasmachtdaswasmachtdaswasmachtdas? Irgendwie fühle ich mich nun anders. Wer bin ich, wo bin ich? Warum habe ich Hunger auf Regenwürmer?
"Tut mir leid, an sich selber dürfen Sie nicht rum spielen..." Eine Hand legt sich schwer auf meine Schulter. Das Gesicht dazu kann ich nicht sehen, es liegt im Dunkeln, verdammt, was... "Sooo, das Backup drauf gespielt..., alles klar?" Zzzippp. Muss wohl eingenickt sein. "Ach ja, klar, Herr Doktor, ich hab hier schon mal auf sie gewartet." "Kein Thema, also dass hier sind Sie..."
2.
Seit ich von meinem Arzt so Glückspillen bekommen habe, berührt mich der Libanonkrieg im Fernsehkasten gar nicht mehr so. Erst sehe ich einen Fahrradfahrer, den eine Katjuscha vom selbigen geholt hat, nur die Füsse sind noch übrig. „Sauberer Schuss“, denke ich. Dann ein Schiff mit Flüchtlingen, dass nach Zypern fährt „Da wollte ich auch schon immer mal hin, toll.“
Ich nicke kurz ein. Bob Geldorf weckt mich und sagt mir, dass im Sudan auch diese Nacht wieder tausende Kinder auf der Flucht sind und wünscht mir einen geruhsamen Schlaf.
So ein netter Mensch. Ich lächle still in mich hinein. Die Nacht ist dann wirklich ausgezeichnet.
“And I find it kind of funny
I find it kind of sad
The dreams in which I'm dying
are the best I`ve ever had”
Ich wache auf. Erst ein wenig Müsli, dann die gute Tablette. "Reis and Schein!", wie der Engländer sagt. Mir wird kurz schlecht, dann kalt und heiß und dann geht es wieder. Dann pumpe ich das Fahrrad auf und radle los. Mir wird gar nicht bewusst, wie sich die Landschaft verändert. Lauter ocker Steine, auch Dreck und noch mehr Steine um mich rum. Verdammt heiss auch, Steinofen! Endlich ein paar Gebäude, seltsam, keiner da. Doch, Ziegen. „Mäh!“ grüße ich. Die schlackern mit den Ohren und kauen echt unbeeindruckt. Ein schrilles Pfeiffen schreckt mich auf, dann fliegt etwas großes Dunkles auf mich zu und es wird Nacht.
„Die Apfel- und die Birnbäume erblühten,
Nebelschwaden lagen über dem Fluss,
da ging Katjuscha hinaus aufs Ufer,
auf das hohe, steile Ufer.“
Noch ein Erwachen. Vor mir liegt ein Sack, der mir erzählt er käme von Care und enthielte Weizenmehl. Sauber. Mehlbomben auf Zivilisten.
Das Säcke reden können, ist mir seit längerem bekannt, sollte aber allgemein verboten werden.
Ich sehe einen Mann mit blauen Helm auf mich zulaufen. „Tut mir leid, ist mir aus der Hand gerutscht“ „Ein Mehlsack?“ „Scheiße, nein, Mörtel!“, lacht er. Alles verändert sich wieder.
Ich liege neben einem Baugerüst in der Witzlebenstrasse. Naja.
3.
Ich bin krank. Ich habe eine Missverständnislücke. Aber was fase ich da. Ich denke, jeder macht was aus dem andern. Der Ton rutscht langsam herunter, er ist zu dünn, zwei Finger breit. Die Welt als Hörbuch. Alles klimpert so schnell vorbei wie ein Postkartenständer, aber viel zu schnell und ich soll mir was raussuchen. Aber ich will nicht wirklich die Hand da rein stecken.
Das tut bestimmt weh. Ach ich hab's, ich nehm den Fuß! Wah, was für ein Schlamassel. Jetzt regnet es Ansichten.
Ich nehm nun keine Pillen mehr vom Arzt, die machen mich duhn. Die stapeln sich jetzt im Schrank immer höher, ja sie quellen schon heraus und liegen im Zimmer wie Sand. Manchmal bin ich Dagobert und tauche hinein. Schaumkronen chemischer Freude rasseln über den Balkon.
Von den Siechellen habe ich einen Eimer gestellt, einen rot emaillierten. Zum Sonne einfangen, für die Brille und für die Frösche aus dem Schwimmpool, das Blau kommt vom Curacao, wie man weiss. Goldbrassen setzen auch Segel. Sie schauen sich die Kacheln von unten an und ich fang Fang locker vom 5 Meterkickboard aus, rollend. Easy! Und dann dreht sich das alles um 360°? Ach Sonnenwende. Leise geht der Mond zu Grunde. Das kommt vom Gold! Morgens nicht in den Mund nehmen! Was dann? Regenwürmer?
4.
Den Hunger auf Regenwürmer verspüre ich immer noch ab und an.