So lebten beide einträchtig eine ganze Weile. Bis Paketmann eines Abends
freudestrahlend mit einer Holzkiste angelaufen kam, die schon
reichlich vergammelt aussah. „Guck mal, was ich hier gefunden habe,
grüner Freund!" Ächzend stellte er die Kiste in den Sand, drinnen
klirrte es. Paketmann lupfte den Deckel, drinnen waren lauter bauchige
Flaschen. „Bester Jamaika Rum! Ich habe eine Höhle in den Felsen
gefunden und da stand das Zeug rum." „Weißt du, dass das Rum früher
geschmuggelt wurde? Vielleicht gab es hier sogar Piraten mit Holzbeinen
und Hakenhänden oder Augenklappen". Paketmann spielte Pirat, er
humpelte durch den Sand und krähte „Auf, Kameraden, entert die Prise!
Tod und Teufel!". Kroko schüttelte den kopf. Wie peinlich Ronnie
manchmal sein konnte. „Das muss gefeiert werden." Paketmann
entstöpselte eine der Flaschen. „Hoch die Tassen!"
In der
nächsten Zeit war Paketmann oft nicht mehr ansprechbar. Entweder
torkelte er am Strand entlang. Oder er hüpfte mit der Flasche um das
Feuer und rief: „Die Hühner tun es! Die Hühner tun es! Die Hühner,
jaaaha.." und so weiter und dann kicherte er immer so eigenartig. Waren
da etwa bunte Kröten drin in den Flaschen? Kroko vermutete es. Bald
hatte Ronnie keine Augen mehr für das Kroko, nur noch für seinen Rum und
Kroko verzog sich wieder ab in den Sumpf. Fische brachte es auch keine
mehr. Sollte der doch sehen wo er blieb, am besten bei seinen Hühnern.
Aber wie man sich das natürlich vorstellen kann, war der Schnaps
irgendwann alle und das war auch keine gute Zeit für Paketmann.
Und als das Kroko eines Tages mal wieder von einer Erbebung geängstigt
zum Lagerplatz floh, fand es dort nur noch Reste und niemand war mehr
da. Da wurde es traurig und kam sich verlassen vor. Doch nach einer
Weile betretenen Umherwanderns fand es einen Pfad und es erinnerte sich
an die Höhle, die Ronnie erwähnt hatte. Nun war der Weg nicht schwer zu
finden. Und so fand es den Menschen abgemagert und krank und zitternd
darumliegend. Mit einer Mischung aus Reue und Genugtuung machte es sich
an die Arbeit und brachte Paketmann mit Futterkokosnüssen soweit
wieder auf die Beine, dass er sich selber weiterhelfen konnte.
Dann wurde alles wieder gut und eines schönen Tages, an dem Kroko schon
einen Reiher gescheucht hatte, nachdem es sich lautlos angeschlichen
und dann geknurrt hatte und Paketmann es mal wieder veralbert hatte ,
indem er behauptet hatte, „Da kommt die letzte Welle!" und beide gerade
in der Mittagshitze dösten (das Kroko mit aufgerissenem Maul), kam
tatsächlich ein Schiff an. Paketmann guckte erst blöd, als käme er sich
vergackeimert vor „Ich glaub, mein Hamster bohnert!", dann aber war er
wie ein geölter Blitz unterwegs, so schnell, dass das Kroko blinzeln
musste, und rief und winkte und lachte. Gemächlich watschelte das grüne
Viergebein hinterdrein. Erstmal „sehen, was die Flut da angespült"
hatte. Diesen Satz hatte es von Paketmann in letzter Zeit oft gehört.
Auf dem Schiff waren Männer, die an Land kamen und sich als Ranger
ausgaben. Sie fragten Ronnie, was er hier zu suchen hatte und
behaupteten, es wäre gefährlich, fremde Tierarten hier auf dem
Somoruarchipel einzuführen. Nun, Paketmann erzählte seine Geschichte.
Mittwoch, 17. Juli 2024
Das Kroko und die Ventildrossel Teil 8
Das Kroko und die Ventildrossel Teil 7
Warte mal..." Paketmann
kramte in seiner Westentasche. „dacht ich mirs doch! hah!" Mit diesen
Worten zog er ein längliches lila Dingsda mit silbrigen Ende hervor.
„Feuerzeug, immer dabei!" Zzzoschh, sprang ein kleines Flämmchen hervor
und Kroko wich zurück. „Brauchst keine Angst haben, das Feuertier ist
ein Freund, wenn du es bei kleiner Speise hältst. Mal sehen, ob das
Zeug hier brennt." Und sobald Paketmann den Finger vom Feuerzeug nahm,
verschwand auch das Feuertier wieder darin. Paketmann sprang auf und
sammelte ein paar trockene Palmwedel zusammen. Die brannten dann auch
lichterloh und verschickten beißende Glühwürmchen. Kroko ging
vorsichtshalber noch ein Stück weg. Doch sehr lange brannten sie nicht.
„Mist, da muss ich noch weiter inseleinwärts, richtiges Holz holen,
aber heute nicht mehr. Gute Nacht, mein Bester !" Paketmann zog sich in
seinen gelben Pavillion zurück. Ein wenig später wälzte sich Kroko in
der warmen Asche. Dann ging es wieder auf Wanderschaft über die Insel.
Dabei wurde es durch einen heiseren Vogelschrei erschreckt. Das war der
Ruf des Kokoskäuzchens, dass auf Beutezug ausflog. Da versteckte sich
das Kroko doch kurz im Unterholz. Dann kroch es über Steine, mächtige
Wurzeln und schwamm durch kleine Teiche. Alles war dicht be- und
überwachsen. Stachelige Igel kreuzten schnaufend seinen weg.
Fledermäuse flatterten hoch oben vorbei. Im Morgengrauen kam es wieder
zurück zum Lagerplatz und duselte ein.
Am nächsten Morgen
bekam es als erstes eine Ladung Sand ins Gesicht. Neben ihm brodelte
der Boden. Wupps, noch eine Ladung. Kamen da die Kokosnüsse her? Aus
dem Sand? Aber dann kam ein kleiner Reptilienkopf mit lustigen
schwarzen Äuglein zum Vorschein. Na, klar, dass Kroko da nicht gleich
drauf gekommen war. Die hiesigen Krokodile schlüpften. Oder doch keine
Krokos? Noch mehr Köpfchen kamen heraus und dann krochen die kleinen
Racker ganz aus dem Sand. Die runden Panzer auf dem Rücken, das waren
ganz klar Schildkröten. Die so fertig aus dem Sand gekrochenen
watschelten ohne Verzögerung Richtung Meer, wobei sie oft das
Gleichgewicht verloren und Purzelbäume machten. Und da waren sie
plötzlich, grosse rote stieläugige Landkrabben. Hässlich wie die Nacht
und verfressen. Lautlos im Seitwärtsgang schlichen sie sich zur leichten
Beute. War denn keiner zur Bewachung da? Tsss tsss. So eine Schluderei
gab es bei Krokodilen nicht. Weil wirklich keiner weiter da war,
zeigte das Kroko den Krabben die Harke, und schnappte, so gut es eben
ging. Das war gar nicht so einfach, denn allzu groß war das Kroko nicht
und die Scheren konnten höllisch zwicken.
Die kleinen
Schildkröten waren viel zu langsam. „Krabben, wunderbar, gerade
richtig, ich habe ein neues Feuer gemacht." Paketmann bückte sich
„Whoa, da brauchen wir Schnur. Du glaubst nicht, was so eine
Rettungsinsel alles dabei hat". Ronnie sprintete kurz weg, kam aber
gleich mit einer Leine zurück, mit der er den Krabben einzeln die
Scheren am Panzer festband und die Krabben dann aneinander. So konnte
das Kroko die Schildkrötlein ins Meer begleiten und Ronnie bekam eine
weitere Mahlzeit. Im Wasser kamen die Panzerpaddler erstaunlich gut
zurecht. Sie schwammen anders als das Kroko nicht mit ihrem Schwanz,
sondern mit ihren Beinchen. Mann, hier im Flachwasser war aber überhaupt
was los.
Überall zischten kleine Fische umher. Und weiter meerauswärts, zwischen den scharfkantigen Korallen gab es auch grosse Fische. Und Tentakel- und Stacheltiere. Die Fische waren bekömmlicher als die bunten Frösche und auch Paketmann bekam welche ab. Wegen der Hitze am Tage schlief der Grünling meistens dann, wenn Paketmann wach war und ging nachts jagen, auch wenn das wegen der streitlustigen Tintenfische mit ihren tischtennisballgrossen Augen nicht ungefährlich war.
Donnerstag, 11. Juli 2024
Rio de Chauvineiro oder Emanzonas ?
Noch so ein älteres Gedicht von meinereiner:
Ein mutig Fischlein sprang hinein,
in den Himmel, Sonnenschein.
Entging so einem Haubentaucher,
dieser war sein Endverbraucher.
Doch als schuppig Fisch als nasser,
fiel es wieder in das Wasser.
So nach vier fünf Blasen stumm,
ging es ihm im Kopf herum:
Wieso konnt der Vogel schwimmen,
es aber selber nicht erklimmen,
der kühlen Frischluft zarte Balken?
Was war von diesem Zeug zu halten?
Als nächstes war ein Otter dann
an dem armen Schuppling dran.
Nur, sobald das Wasser seichter,
ging es auch nicht vorwärts, leichter.
Und als es die Plage sätter,
nahm es sich zwei Segelblätter,
aus dem Schilf und stieg hinauf
und so nahm es seinen Lauf,
dass das Fischlein fliegen lernte,
bald von weissen Wolken schwärmte,
und des Himmels Buntgefieder,
auch auf Bäumen saß es nieder.
Wiegte sich in güldnen Strahlen
und des Mondes Silberschalen.
Kam als Backfisch dann und wann
wieder bei den Eltern an.
Mittwoch, 10. Juli 2024
You're safe until the fire starts
(Diesen Text habe ich aus meinem alten Blog "Froschtümpel" übernommen, Foto und Titel stammen von dieser Quelle.)
Szenerie Eins: Wieder sitze ich in einem Käfig, der ist in einem grossen, leeren
Saal, Geräusche und bunter Nebel fliehen von irgendwo. Dann setzt sich
eine Raucherin vor mich und erschüttert mich mit ihrem
Nikotin-Nihilismus. Gar nichts sei als man selbst, und das könne man
alles ändern. Es gäbe das Feste ERST nach der Beule. Sie gibt mir ihre
Zigarette für das Schloss. Es gäbe auch keinen Nutzen, keinen Sinn, nur
Emotionen. Tu was du willst. Weg mit mir, mit dir, keine Bilder mehr
jetzt. Sei ein wildes Tier. Der Käfig brennt.
Szenerie Zwei: Ich hab es geschafft, die Feder ist überspannt und gebrochen. Nutzlos
klimpert sie im Abwärtsgang. Auf schiefer Ebene fahre ich hinab mit
schwerer Fuhre. Der Motor bremst und läuft heiss. Metallischer Geruch
drückt die Brust. Funken blitzen, die Hülle zerfällt, die Räder
springen, hulahopp, hopp, hopp. Alte Tonbänder spielen, eine Puppe weint
im Rauch. Ich bin wach, hellwach, das Wasser ist kalt, die Optik
kristallklar, Wale singen mir ein Schlaflied. Doch ich kann nicht
schlafen, ich muss noch weit gehen. Mit einer Fussfessel, an der Kette,
an der Kugel.
Szenerie Drei: An einem Bootssteg am Fluss halte ich an, knie
nieder und tauche einen Finger in den Strom. Das Wasser weicht meinem
Finger, umfliesst ihn. Die Trennung ist schmerzlich, ich werde traurig.
Warum berührt das Wasser mein Innerstes nicht? Gedanken wandern... Weil
keine Öffnung dem Element Einlass gewährt? Von dieser Idee freudeerfüllt
schöpfe ich beide Hände voll und will schon trinken. Plötzliches Grauen
erfüllt mich. Was, wenn Gift darinnen wäre?
Szenerie Vier: Eine weisse Ebene. Ich fühle mich einsam. Ich sehne mich nach meinem Käfig, während sich unter
mir schon alles in Falten zieht. Das ist die Ziehharmonika des Lebens
(mal ist es lang, mal ist es kurz). Eine laute Melodie. Auf einer
wuchtigen Bassnote fliege ich davon.