Folgend eine Umdichtung bzw. eine Variation des gleichnamigen Gedichtes von Volker Grieß aus seinem Buch "Gezeiten der Wandlung: Gedichte für Menschen auf Wegen der Initiation". Er möge mir den Eingriff verzeihen. Wenn ihr auf das das Original gespannt seit, könnt ihr dem Link folgen und sein Buch erwerben. Es lohnt sich! Dem Stoiker sei auch das Gedicht "Die heitere Schildkröte" empfohlen. Ihr findet es in diesem Gedichtband auf Seite 28. Aber nun zum "Weckruf":
Wir, die aus den Wochenkrippen
zu Walen wuchsen, die nicht schwimmen:
Sind wir bereit, die scharfen Klippen,
des Schmerzes bis zur See zu klimmen?
Es schimmerte des Meeres Busen
von weit her, als wir schwach und klein.
Als könnte nicht auf unser Rufen
das Leben und das Werden sein.
Wir sind, wenn Liebe sich entfaltet,
wie eingefror'n im stillem Schrei.
Die Schönheit öffnet sich, uns spaltet
es im Innern tief entzwei.
Bleib jetzt Bruder, bleib jetzt Schwester!
Komm sei mutig, lass dich ein!
Welch ein Wunder wäre es,
im Wasser und ein Wal zu sein.
2 Kommentare:
Ich finde es interessant, dass in der neuen Version des Gedichts der Begriff 'Fisch' durch 'Wal' ersetzt wurde. Wale sind beeindruckende, mächtige Tiere, die oft mit tiefem Wissen und Stärke, aber auch mit Isolation und erdrückender Last assoziiert werden. Während kleine Fische meist nahe der Oberfläche bleiben, weil sie sich nicht trauen, so tief hinab zutauchen – der Weg zurück zur Oberfläche wäre für sie viel zu lang – können Wale problemlos tief tauchen und wieder auftauchen, um Luft zu holen. Es scheint, als ob sich etwas Bedeutendes im Leben verändert hat. Diese Worte lassen viel Raum für Interpretation und zeigen, dass man vielleicht eine tiefere, schwerere Phase durchmacht oder eine neue innere Stärke gefunden hat.
Ich habe mich für Wale entschieden, weil sie rufen können.
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