Erbschaft ist ein wahrer Segen, aber nicht allein.
Ein klitzekleines Erbe kann ein großer Ansporn sein.
Auf den eignen Füßen gehn ist gar nicht so verkehrt,
statt Pferde zu besitzen, die tausend Taler wert.
Millionäre sind bekannt, mit Vätern ohne Brot,
und betuchte Großpapas mit Enkeln tief in Not.
Im Kopfe etwas Grütze drin ist mehr wert als ein Feld
und gesunder Mutterwitz mehr wert als Gut und Geld.
Es war ein mal ein Müller, dreier Söhne Vater.
Sein Gut war eine Mühle, ein Esel und ein Kater.
Wie es sich so fügte, lag der Müller bald im Sterben.
Alles was er einst besessen, teilten sich die Erben.
Der Älteste bekam die Mühl, den Esel dann der zweite,
der Kater kam zum Jüngsten, den das so gar nicht freute.
"Eine Katze!" rief er "Das ist doch für die Katz!
Was tue ich denn damit? Nen warmen Pelzbesatz
für meine kalten Ohren? Solang ich barfuß gehe,
wirkt das unverfroren. Das Fleisch wie ich es sehe,
reicht kaum für einen Braten." "Mein Herr ich will dir raten
nicht so lang zu trauern." sprach der Kater sauer.
"Spar dir dein Bedauern. Gib mir einen großen Beutel
und auch gute Stiefel. Dann schleiche ich mich heute,
nur um dir zu helfen, noch unter reiche Leute."
Der Jüngste sah verwundert drein, des Katers Reden wegen,
und doch rief er den Schuster her, die Elle anzulegen.
Als die Stiefel fertig warn, zog sie der Kater an,
und er verschloss den Beutel fest mit einer Schnüre dann.
Auf zwei Beinen, wie ein Mensch, ging er zur Tür hinaus
und er legte tief im Walde seinen Köder aus.
Der Sack war unten auf dem Grund mit Weizenkorn gefüllt. Es öffnete der Kater ihn und wartete auf Wild.
Er hatte einen Stock mit Schnüren in den Sack gestellt,
das war für seine Beute wie ein Körnerfutterzelt.
Des Königs großer Appetit auf Rebhuhn war nicht neu,
die hohe Zahl der Jagden aber machte sie sehr scheu.
Doch der Kater jagte nicht, er stellte eine Falle
und die Hühner kamen her, so ein paar richtig dralle.
Sie krochen in das Zelt hinein, der Kater zog am Strick
und schulterte den Sack, begeistert über seinen Trick.
Er ging damit geraden Weges zu des Königs Schloß.
Als die Wachen ihn dort sahen, lachten sie gleich los.
„Wohin will denn der große Sack mit dem kleinen Kätzchen?“
„Zum König will ich ganz genau, und lass er diese Mätzchen.“
„Bist du tollkühn, als ein Kater möchtest du zum König?“
„Laß ihn durch, dass wird ein Spass, der König lacht so wenig.“
Der Kater kam zum König und er beugte sich vornüber.
„Mein Gräflein schickt Euch Flügelwild vom fettesten Kaliber.“
Der König wusste sich darob vor Freude nicht zu fassen
und gab dem Kater ein paar Taler aus den Landeskassen.
„Das bringe deinem Herrn und nochmals Dank für das Geschenk!“
Zuhause schob der Müllerssohn den Kopf aufs Handgelenk.
Er sann am Fenster nach, wann wohl das Unglück von ihm ließe.
Da trat der Kater ein und warf das Gold ihm vor die Füße.
„Da hast du etwas für die Schuh, der König lässt dich grüßen.“
sprach der Kater und zog sich die Stiefel von den Füßen.
"Du hast zwar jetzt Geld genug, doch dabei solls nicht bleiben.
Morgen will ich mich erneut im Unterholz rumtreiben.
Ich werde Rebhuhnlieferant für höfischen Bedarf.
Und du, mein werter Müllerssohn, du wirst mein Herr, der Graf."
Die nächsten Tage ging der Kater wieder Fallen stellen.
Dem Jungen blieb nichts weiter mehr, als Talergold zu zählen.
Der Kater war beliebter Zaungast in des Schlosses Küche
und hörte dort vom Herde her des Kutschers derbe Flüche.
"Ich wünscht, der König samt Prinzessin wärn beim Belzebub!
Dann könnt ich heute Karten spielen in der Wirtshausstub!
Statt dessen wollen beide nun am See spazieren fahren
und ich langweil mich oben auf dem gottverdammten Karren!"
Wie der Kater das vernahm, schlich er sich flugs nach Haus
und richtete dem Müllersbursch die frohe Nachricht aus.
"Willst du ein Graf sein, musst du heut hinaus zum See und schwimmen.
Auf mein Signal hin wirst du dann das Ufer rasch erklimmen."
Der Müller zuckte nur die Schultern und die beiden liefen fort.
Gerade noch zur rechten Zeit kamen sie zum rechten Ort.
Hastig zog der junge Bursche sich ganz splitternackend aus.
Der Kater trug die Kleider fort, da kam die Kutsche angesaust.
„Ach, mein Herr ist in Bredouille, allergnädiglichster König.
Er steckt dort im Wasser fest und hat neue Kleider nötig!
Seine wurden ihm beim Bad von Landstreichern gestohlen.
Kommt er nicht rasch ins Trockne, wird ihn der Schnupfen holen!“
So hat der Kater kläglich laut und aufdringlich miaut,
bis der König irritiert den Störenfried erschaut.
Nach kurzem Knarren und auch Ächzen stand die Staatskarosse still,
"Schnell, mein Bote, reit geschwind und bring dem Grafen, was er will!"
sprach der König, denn er war dem Kater sehr gewogen.
Dann hat der Graf von Habenichts die Kleidung angezogen,
die alsbald und überreichlich zur Verfügung stand.
"Herr Kater, reich er mir den Frack und geh er mir zur Hand!"
Nachdem er sich angezogen, durfte er im Wagen sitzen.
Die Königstochter ließ ganz reizend ihre hübschen Äuglein blitzen.
Der Kater aber rannte vor, wie verfolgt von wilden Bienen.
Er fragte Leute unterwegs "Sagt, wem möget ihr wohl dienen?"
"Dem Zauberer!", so riefen alle, ob auf Wiese, Wald und Feld.
"Erzählt ihr diesen Quatsch dem König, ist es schlecht um euch bestellt.
Alles hier gehört dem Grafen, merkt euch diese Antwort gut."
Die Menschen sagten schnell "Gewiß doch!", denn sie waren auf der Hut.
Ein Fabeltier wie dieses sieht man ja nicht alle Tage,
da gibt man lieber falsche Auskunft auf jedwede Frage.
Das Tier schlich sich ins Schloß des Magiers, leckte sich vor ihm die Pfoten.
Der Magier fand so ein Verhalten ungebührlich und verboten.
"Was willst du hier?" rief er und seine Augen starrten böse.
"Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen dieses Rätsel löse.
Dass Ihr Euch in vielerlei Getier verwandeln könnt,
so hörte ich und frage ob mir ein Beweis vergönnt,
von Eurer hohen Zauberkunst? Nicht Fuchs, noch Wolf, noch Hund,
nein, ein echter Elefant wär mir zum Staunen Grund."
Der Magier sagte darauf stolz: "Das ist mir eine Kleinigkeit.“
und stand da als Elefant nach verblüffend kurzer Zeit.
"Ein stoßzähniges Rüsseltier, das ist schon kolossal,
ein Löwe wär für mich jedoch das Zauberstück der Wahl."
Ein Löwe brüllte nun alsbald, den Kater überlief es kalt,
schnell sprang er in eine Uhr, man hörte seine Stimme nur
„Das ist der Brüller, ei der Daus, doch sicher kannst du keine Maus!“
Schaurig lachte das Genie „Die Maus vergisst du wahrlich nie!“
Der Kater hat auch nicht vergessen, die Maus genüsslich aufzufressen.
Ein Satz, ein Biss, ein leiser Schrei, dann war die Zauberei vorbei.
Des Königs Kutsche fuhr derweil über Wiese, Feld und Wald,
und wo immer man gefragt, des Grafen Name wiederhallt.
Der König war erstaunt und sprach, "Ihr seid ein reicher Mann, Herr Graf."
Sie kamen an das Schloss heran, vor dem der Kater lässig stand.
Von den Treppen sprang er munter zu den Gästen nun herunter,
öffnete galant den Wagen, sprach mit sichtlichem Behagen:
"Erlaubet mir, oh Eure Hohheit, dass ich Eintritt nun gewähre
in das Haus des werten Grafen, dem es eine große Ehre
ist euch heute zu begrüßen und er leget Euch zu Füßen,
alle seine Kraft und Macht und des Schlosses edle Pracht."
Der Graf nun führte die Prinzessin hinauf zum Saal voll Prunk und Gold.
Das Mädchen aber war dem Grafen schon seit dem Momente hold,
als er nackt am Wege stand. "Ach freie mich, mein Liebster!"
Den Graf hat man zum Prinz ernannt, der Kater ward Minister.