Dienstag, 15. Januar 2008

Operation impending doom

So, das waren zwei wochen ferien für die lesedurststrecke. es ist viel passiert und das habe ich alles schon wieder brav vergessen. ich habe kein kurzzeitgedächtnis und ins langzeitgedächtnis schaffen es nur auserwählte äh, dingsdas. ach ja ich wollte was über planung schreiben. die planung des unglücks. nur kurz. ich habe mir so ein buch gekauft "feeling good", über verhaltenstherapie und auch was im inet gelesen über nlp. da steht: unglück ist kein zufall, auch unglück ist geplant. also nicht jetzt von der zarten schicksalsgöttin oder was, sondern von mir höchstselbst, also mein unglück jetzt, herrgottnochmal. dafür braucht es strategien. eine strategie ist Prokrastination, was jetzt nichts schweineartiges ist, sondern schlicht das gute-alte-vorsicherschieben-bis-der-haufen-platzt. das mache ich gerne. zweite strategie ist die negative weissagung: "das wird nichts". und die dritte strategie (und ich bin sicher deren gibt es noch mehr) ist dinge zu tun, die einem keinen spass machen. warum man das macht? aus höflichkeit oder weil einem langweilig ist. dabei ist langeweile selbst keine unglücksstrategie! deswegen leute, fleissig den schreibtisch abarbeiten und nachdenken!

was auch gut ist, ist selbstmitleid. selbstmitleid (hat mitleid) ist eine droge, so.
but the drugs dont würg, sagt der sachse.

ah, ja ich wollte auch von meinem hypochondrismus erzählen. ich hab mir schon einige krankheiten eingebildet, angefangen hat es 2003 (das heisse jahr) mit einem herzinfarkt. es folgten lungenkrebs, lymphknotenkrebs, bauchspeicheldrüsenkrebs, nieren- und leberkrebs, psittakose, schizophrenie, muskelschwund, rheumatismus, diabetes, gelbsucht, augenkrebs, parkinson, demenz, hirnhautentzündung, multiple sklerose und hundebandwurm. vielleicht fällt mir später noch was ein. eindeutig habe ich schon zuviel medizinkram gelesen. alle krebsbroschüren und alle als-broschüren habe ich gelesen, jawohl.

tja was soll man auch tun, wenn der körper psychosomatisch herumspinnt. etwa daumendrehen? aber besser net son kram lesen.

tja, was soll ich noch erzählen? ich geh zur massage. da liegt man auf dem bauch und guckt durch ein loch "hervorragende perspektive" und durchknuddeln. danach die fangopackung "ist am angang kalt". in der kabine nebenan liegt die eine oder andere bankerin, auch so halbnackig und erzählt aus dem nähkästchen (also nicht, das ich jetzt glaube, das sie eins hat). dann bekomme ich einen besen in die hand und muss anspannen. wer jetzt also gerne erwachsenen befehle erteilt und halbnackigen bei unwürdigen stellungen zusieht, noch besser, herabsieht, sollte unbedingt physiotherapeut werden.

manchmal bin ich ein snob und fahre per taxi zum termin. macht ihr das auch? also ich hasse zu spät kommen. jetzt, wo ich ein bische geld verdiene, kann ichs einfach drauf anlegen. entweder die bahn kommt. wenn nicht, zeige ich dem schicksal den stinkefinger. taxi geht immer. das mit dem eigenen auto erzähle ich später.

tja arbeit. ich habe mal kurz den booster eingelegt und bin auch gelobt worden.
so, nun muss der herr hypochonder aber dr. house gucken gehen. bis denne.

Sonntag, 6. Januar 2008

Mexico Stadt, Urlaub Sept. 2007 - 4

Hallo , da bin ich mal wieder aus Mexico Stadt. Also, was ist in den letzten Tagen passiert: Zuerst einmal war ich im Zoo. Und da ist der Eintritt FREI. Auch Sonntags in allen Museen (Schäm dich, Deutschland). Da hatten sie einige aussergewoehnliche Tiere, so 4 Pandas, die sich den Rücken kratzten, Yaks und Wuestenfuechse (kleiner gelber Wüstenfuchs, hehe). Und auch wieder ein Schmetterlingshaus, hachnee, wie schön. Ich hab mich erst mal gewundert, warum da: "Nicht Rennen!" stand, bis ich versucht habe, die Racker vor die Linse zu bekommen. -Bleibst Du sitzen! Tsss. Nah!-
Tags darauf bin ich die Runde mit dem Turibus durch den Grosstadtsmog gefahren, das erste Mal, das ich in so einem Doppeldecker durch eine Stadt gehirscht bin. Da auf dem Sonnendeck, das ist nur für Hartgesottene. Die Sonne fritiert dich und das Ozon gerbt deine Lunge, bis du alles lila siehst. Abends dann war ich mit der Angelica in einem Kindermuseum, aehnlich wie wir das in Dresden im Hygienemuseum haben mit vielem Zeug zum druecken und herumspielen, z.B. Riesenseifenblasen (platzen beim Drücken), Papalote heisst das. Tja und dann ging es per Bus in eine bildhuebsche Krankenhaus Kleinstadt am Rande der Stadt mit vielen alten Gebaeuden, farbenfrohen Anstrichen und engen Gassen (die "Kussgasse" ist so eng, das Körperkontakt unvermeidlich ist), etwa Meissen auf mexicanisch. Oder Freiberg, weil da auch Erzkanzlerwagen herumstanden (Sogenannte Grubenhunde, wie der Fachmann weiss). Auch einen schönen Markt hatten die da, mit Puppen, Hueten (und Puppenhüten) und Tortillaschachteln, was der Tourist eben so braucht. Das musikalische Program besorgte der oertliche Studentenverein, sehr humorvoll, so mit Spasseinlagen. Wie das die Anwohner finden, so oft beschallt zu werden, weiss ich nicht. Ja, war aber mal was anderes. Eine wirklich tolle Stadt, dieses Guanajuato. Das Umland hier ist wenig reizvoll fuer den deutschen Wandersmann, nur ganz wenig Bäume, eher Gras, Büsche und Kakteen + reichlich Sonne. Aber vom Bus aus nett, auch die Agavenfelder fuer den Schnaps, ja. Da weiss man doch, das fuer alles gesorgt ist .

Als nächstes gings noch mal in so ein Kuenstlerviertel hier, natuerlich auch mit Markt, wo man die Werke erstehen kann (unter uns gesagt: von hierher wird der naechste Gogh nicht kommen ). Ja, auch Indianertaenzer, die einem die Absolution per Raeuchertopf erteilen koennen. Das Viertel (Coyoacan) erinnerte mich eher an Californien, alles kleine Betonhäusle mit Gehsteigen und Bäumsche drumrum. Da gibt es auch einen beruehmten, nun ja, Coffeeshop, da stehen die Leute bis um die Ecke an, nur fuer nen Becher Kaffee! Muss wirklich gut sein. In einem Antiquariat erstand ich: "Das Hausbuch deutscher Lyrik" von 1910 fuer 3 euro (haben Sie unbedingt immer etwas deutsche Lyrik im Haus, die Nachbarn leihn das gerne aus!) Ja und nun mach ich erst mal einen Ruhetag, sprach der Herrgott, öh ja. Postkarten erstehen und ausfuellen usw.

Mit dem Essen ist es wirklich so, ich tippe einfach irgendwo drauf, wo nicht Torta (der Doener, man erinnere sich) oder Mole (eine braune Masse, die nach einer Mischung Pappe, Bohnen, Kaffee und Chili schmeckt)draufsteht und schon kommt ein Ueberraschungsmenue.
Langsam sehne ich mich auch schon wieder nach trinkbarem Wasser aus dem Henne Hahn, Amseln Ampeln und funktionierenden Toiletten, ach ja und keine Flugzeuge, die nachts halbstuendlich ueber das Haus fliegen (O-Ton: fuuuuuuuuuuuiiiiiiiiiiiiiffffffff), falls ich das noch nicht erwaehnt hatte.

Ja und dann war ich noch im Kastilio von Kaiser Maximilian und seiner Charlotta (oh, du lieber Kunstschatz!) und im MAP (Museum fuer populaere Kunst) , wo ich eine Catrina (für Europäer eine irritierend morbide Vereinigung aus Lebensfreude und Gerippe) für den heimischen Kaminsims kaufte und im Palast der schoenen Kuenste, der sehr gut aussieht und in den ich gern einziehen wuerde, als Maximilian XL. Davor tummeln sich Polaroidfotografen, die das Digitalzeitalter verschlafen haben und dem entsprechend verhaermt aussehen. Gleich nebenan die Post, so ein Monumentalbau der ganz ehrfuerchtig macht. Innendrin auch alles handgedengelt aus Vorkriegszeiten von italienischen Kunstschmieden. Also die güldenen Gatter, hinter denen die Angestellten sitzen. Und da darf man den Sozialismus lateinamerikanischen Lebensstil in seinen schoensten Blueten erleben, weil es fuer jeden Quatsch einen eigenen Schalter gibt (fuer Briefmarken gleich zwei, weil einer ist fuer Sondermarken, klar), der halbstuendlich von einem der Angstellten frequentiert wird, die nur 2 Meter weiter am Sekretär sinnierend stumm und taub die Kunden missachten.

Und bei der Frida Kahlo in ihrer Wohnung war ich, die samt ihrem Mann Diego Riviera eine beinharte Kommunistin war (er mochte Lenin, sie Stalin mehr). Da brauch man sich nur mal das Wandgemaelde von Riviera im Kunstpalast anschaun, jawoll. Ja, das Wohnhaeusle ist recht klein und blau und es gibt da fast keine Gemaelde oder so was zu sehen, eher persoenliche Dinge und ein paar Bleistiftskizzen. Uebrigens, wenn man den Satz "ésta no es la entrada, ésta es la salida" im Museum mal hoert, nicht wundern, sondern einfach dahin gehen, wo der Aufpasser hinzeigt.
Die Angelica hat mit mir auch in saemtlichen wichtigen gastronomischen Einrichtungen der Stadt diniert, auch zwei so Nobelrestaurants, in denen ich mit meinen 15-Dollar-Jeans extrem deplaziert aussah. Aber die Kellner sehen nur das Geld, wie sich das eben gehoert. Man will ja nicht zufaellig einen exzentrischen Milliardaer vor die Tuere setzen. Ich hab immer Fisch gegessen, weil Schweinsfleischbatzen gibt es zu Hause dann wieder genug. Waehlt man im mexicanischen Nobelrestaurant einen billigen Wein, schmeckt der auch so (etwa Marke Amselkeller). Also nicht auf den Geschmack des Hauses verlassen. So, bis denne.

Mexico Stadt, Urlaub Sept. 2007 - 3

Hi, wieder ein Tag rum, recht unspektakulaer und deswegen erstmal ein paar Kleinigkeiten. Heut frueh habe ich meine ersten Geckos gesehen, die klein und braun den Baum hoch krauchten. Dazu genoss ich einen frisch gemixten + gepressten Orangen-Bananen-Honig-Saft. Dann noch die Beobachtung, dass die Mexikaner Meister des Nebenherverkaufs sind. Die brauchen im Prinzip gar keine Laeden. Schreibmaterial wird im Restaurant verkauft, CDs im Bus (von Verkaeufern, die Lautsprecher umgeschnallt haben), Handtaschen und Rucksaecke im Park, auch Uhren usw., Moebel an der Strassenkreuzung (also Stuehle und so). Das Auto wird, so kaputt, gleich am Bordstein repariert, man/frau kann derweil schön drinnen sitzen bleiben.
Ja und dann kann man natuerlich noch die gruenen Kaefer erwaehnen (Taxis), bei denen der Vordersitz herausgerissen ist, damit der Fahrgast beim Dreituerer besser einsteigen kann. Trotzdem koennen 4 Fahrgaeste mit und anschnallen ist fuer Feiglinge. Ach habe ich schon erwaehnt, das die Autos beim Abbiegen nicht blinken?
Tja, was kann man noch sagen: Die Strassenfuehrung ist so ein bischen wie die Winkelgasse oder den Hogwarts-Express zu finden. Es gibt kein rechts und links mehr, sondern sowas wie Sued-Sued-West und so weiter. Tueckische Gabelungen verschlingen den erschrockenen Touristen allenthalben und spucken ihn eine halbe Stunde spaeter da aus, wo er herkam. Das Hotel ist auch ein Abenteuer: gestern musste ich in den Klokasten greifen, um den Spuehlungsstoepsel festzuhalten. Ja, lach du nur....
Intermezzo: Die drei Arthurs Also weiter wir haben hier 3 gleichaussehende Surfertypen (blond, 1,90), die ich alle einfach mal Arthur nenne. Der eine hat einen Wecker: (im Achtbettzimmer!) dabei, so einen der immer lauter wird. Der geht immer halb acht los. Dann drueckt der Arthur auf Schlummer....ach suesser Schlummer... dann geht das Ding, mit teuflischer Präzision, wieder los usw. Die anderen zwei sind Englaender. Die quatschen immer bis 6 Uhr morgens und diese Nacht haben sie sogar das Alphabetlied gesungen (nicht schoen, aber laut). Danach kommen sie in den Schlafraum, um weiter Gespräche oder Selbstgespräche zu halten, in Falle dessen einer von beiden schon schläft. Wenn sich Arthur 1-3 nicht grad gern vor den Maedels selbst reden hoeren, chatten sie im internet. Vor die Tuer gehen sie jedenfalls nicht (?) Da koennen schon manchmal alttestamentarische Gefuehle wach werden. Naja und die Teens und Twens feiern natuerlich jeden Tag, den sie frei von ihren Eltern haben, mit ordentlich Bier und Schnaps, jawohl. Ist ja auch richtig.
Weiter im Hauptteil: Die Tauben sind in Mexiko ganz klein und hellbraun, auch sehr niedlich. Mein Name heisst hier: lecker (muy gusto, sagt die Kiosktante mit den leckeren Saeften) oder reich. Das ist natuerlich immer einen Spass wert. Die Saftfrau macht die Drinks mit Saftpresse und Mixer. Dann kippt sie das Zeug in den Becher und man muss abtrinken. Nun kippt sie den Rest hinterher und macht den Deckel drauf. Also heute war ich nur im anthropologischen Museum, habe mir Masken und Statuen angeschaut und meinen persoenlichen Fotokatalog erstellt. Fuer jeden, der obskure Kunst mag, ist das Indianerzeug ein Muss. Das war schon das Tagesprogramm und nun ist das Geld alle, aber Gott sei dank gibt es ja Western Union. Morgen schau ich mir mal den Marktplatz an, und der TURIBUS wartet ja auch noch auf mich.
Nachdem ich gestern nur eine Tuete Chips zu essen hatte gab es heute wieder Eier, Speck und Bohnen im "Cafesito de Paris". Die Kellner hier scheinen um das Geheimnis guter Verdauung zu wissen, denn das Essen ist zwar sehr schnell da, aber die Rechnung bekommt man fruehestens eine halbe Stunde nach Ende der Mahlzeit. Da hilft auch kein Betteln (naja das ist geflunkert, ok). Mit 200 Pesos muss der Chef auch schon mal um die Ecke wechseln gehen. Ich habe auch noch was andres heraus bekommen: wenn man ordentlich Trinkgeld gibt, wird der Tisch das naechste mal reichlicher gedeckt. Heute bekam ich naemlich einen Orangensaft und ein Croissant extra. Busfahren, da bin ich jetzt schon gut drin! Tja heute war ich auf dem Markt, wo der uebliche Plastikkram aus China vertickt wird. Es gab aber auch Hakenkreuzflaggen. Zwei imposante Kirchen standen da auch rum, sowas wie der Petersdom fuer Mexico, schief stehen die wie der Pisaturm, weil der Boden darunter ja sumpfig oder das der Fluch der alten Indianer ist (gleich mehr dazu), deren Tempel fuer die spanischen Bauten entsteint wurden. Da meine Batterien leer waren, kaufte ich neue fuer den Fotoapparat, nur um festzustellen, das sie mir wiederum leere verkauft haben. Ein Geldmachtipp! Als echter Depp habe ich das natuerlich zweimal versucht. Danach gings zum Templo Mayor der Mexica-Indios.
Also frueher war das alles Montezumas Reich, weiss man ja. Die Leute haben wie in Venedig eine Stadt in einen See hineingebaut, indem sie Baumstaemme in den See rammten und dann Erde + Steine reinfuellten, natuerlich ist das auch immer wieder abgesackt. Und Totenschaedelmotive ueberall. Die Ruinen kann man uebrigens nur sehen, weil der Boden sich hier (anders als bei der Kathedrale) wieder gehoben hat. Schoenes Museum auch anbei. Als ich wieder draussen war, hab ich zwei Typen gesehen, die sich mit Guerteln verpruegelten.
Also ein junger Typ verfolgte einen aelteren, der sich zu wehren versuchte. Ich stelle mir vor, dass der Juengere ein Schuhputzer war, der um seinen Lohn betrogen wurde :D Danach ab in ein Restaurant mit orakularer Kohlrabisuppe, in der etwas herumschwamm, was wie ein gekochter Huehnerhals aussah. Der uebliche Mariachi schwob auch bald zur Stelle, welcher mich mal wieder davon ueberzeugt hat, das es nicht genuegt, beim Gesang nur die Toene zu treffen. Die Stimme muss auch angenehm sein. El Cantante klang so formumrundet wie Senor Technokermit. Er konkurrierte mit einer Flex und einem Boschhammer aus dem Obergeschoss, wo noch gebaut wurde. Das Betteln haben sie aber hier auch drauf.
Auf dem Rueckweg kaufte ich mir noch ein Bier, was hier verschlossen wird und nur auf Anfrage herausgegeben. Dann fiel mir noch ein Taxifahrer auf, der seinen Kaefer ueber die Kreuzung schob... war fuer kurze Zeit im Regen auf einer Verkehrsinsel gefangen, umbrandet von der Blechlawine... und kam dann durchweicht zurueck zum Hostel.

Mexico Stadt, Urlaub Sept. 2007 - 2

Tja, also heute Morgen war ich aus Spass bei drei Banken, die alle abgelehnt haben, mir neues Geld zu geben. Merke, um so groesser der Laden, um so hoeher die Wahrscheinlichkeit, dass was rausspringt. Danach bin ich ein paar Springbrunnen abgeklappert. Das Fruehstueck bestand aus Broetchen mit Eiern + Creme Fraiche + aufgeweichte Tacos. Very besser als gestern. Vorgedrungen bin ich bis zu einer Art Siegessaeule mit Engel drauf. Zu dessen Stufen war ein Konzert oder so. Sah irgendwie auch aus wie eine Vereidigung, so militärisch, keine Ahnung, dann bin ich ueber Gassen usw. in die Zona Rosa gekommen, was aber kein einschlaegiges Viertel ist, sondern eine Einkaufsmeile (weil in diesem Fall rosa für Hoffnung und nicht für sekundäre Merkmale steht) und ich kaufte eine Tuete Mangos in Limettensaft. Schooeeen bunt und kitschig dort. Dann war ich aber schon 16.00 uhr mit der Angelica verabredet (die Stadtfuehrerin). Die hat eine Katze und einen Hund, die sich vertragen (naja fast)! Die Katze schmiss mehrmals den Hundenapf um und der Hund wollte an das Katzenfutter. Naja, dann haben wir Musik getauscht, also hab ich nun ein paar spanische Songs. Die Wohnung ein Muster an Urbanität: ein Fenster geht auf die Strasse raus (oder in Deutschland würde man das Bundesstrasse nennen) , das andere nach hinten ins Treppenhaus. Dann hatse mir gezeicht, wie man Bus faehrt, naemlich ganz fortschrittlich mit aufladbaren Magnetkarten (kein rueckschrittliches Stempelpapier). Die Busstationen sind so Verschlaege mit Drehtueren und Oeffnungen fuer die Bustueren, kurios! Dann gab es vegetarisches Essen, Rotkraut in Tacos (so schmeckte es). Weiterhin erhaschten wir einen Vorausblick aufs Stadtteilfest, lauter Mexicaner haben sich gegenseitig Schnurrbaerte, Huete und Troeten verkauft (wichtige Feierutensilien) ich erstand zumindest einen bescheidenen Schnurrbart. Leuchtreklamen und Riesenraeder allenthalben. Auch tolle Kolonialarchitektur. Bei einem Bier klang der Abend aus, auch Fotos hab ich natuerlich gemacht. Morgen fahr ich zu den Pyramiden und an den Abend will ich gar nicht denken. Fruehs bin ich also zu den Pyramiden gefahren, also wir waren zu viert, ein Julio, ein Jesus (die mexicanische Ausgabe von Dieter Nuhr), die Angelica und ich eben. Nach 2 h verwirrender Kreuz- und Querfahrt mit allen erdenklichen Verkehrsmitteln kamen wir aufs Land, wo das Ausgrabungsfeld mit den zwei grossen Pyramiden ist (eine ist groesser als die Cheops). Das Ausgrabungsgebiet ist "ein weites Feld" mit vielen Plaetzen, Weinkellern und Haeusern, sogar ein Kinderspielplatz mit interessanter Konstruktion: er war als Grube in die Erde eingelassen, das die Kleinen nicht rauskrabbeln konnten. Heute krabbeln Archaeologen und Schlangen darin herum. Nach dem man diverse Kitschverkaeufer abgewehrt hat, kann man auf die Sonnenpyramide steigen, was ganz schoen auf die Beine geht, aber den ausblick aufs Tal wert ist (so Wolkenschatten, die ueber braune Huegel wandern). Natuerlich hier null Jungle, mehr so mannshohe Agaven, Kakteen und Joshuabaeume. Oben dann ein bischen verweilt, runtergeschaut, Fotos fuers Album, Luft holen und dann abwaerts. Wiedermal habe ich alle Steine fotografiert. Einer hatte noch die Orginalbemalung (ein Puma) oder es gab auch sogar Klimaanlagen in den Indianerpalaesten usw. danach hat uns der Julio ueberraschend zur Geburtstagsfeier seiner Nichte mitgenommen, mit Grossfamilie und so. Die Stadt sieht in den Randbezirken noch mal ganz anders aus als im Zentrum. Ein wirrer Traum in Beton, viel wohl noch eingestuerzt vom Erdbeben. Ja aber das Haeusle war sehr schoen, der Julio auch ein Kuenstler mit selbstgemalten Bildern an der Wand und wie gesagt vielen Verwandten, natuerlich auch einer Omi (die eigentlich seine Mutter ist) die das Essen bereitete. auch ein Hund war da, Sonny. Da gab es dann Salat, Kaese, Fleisch und Sahne, alles auf Tacos drauf und danach eine Fleischsuppe. Dann wurde ich noch zu 2 Tequilas genoetigt. Ein Onkel hat mir einen Schluesselanhaenger von einem beruehmten Catcher geschenkt, weil die da auf Catchen stehen. Wie gesagt viele nette Leute. Dann sind wir ins Stadtzentrum zur Unabhaengigkeitsfeier. Alle Normalen hatten bereits die Stadt verlassen und der bekloppte Rest einschliesslich uns war total aus dem Haeuschen und sprang herum. Das merkwuerdigste ist, das die Mexis es moegen, sich mit Rasierschaum vollzuspruehen (es gibt auch Schutzmasken fuer, na, wie immer "diez Pesos".) Ich erwarb noch ein Schwenkelement und dann trafen mer noch zwei Damen nebst Sohn, die japanisch aussahen, es aber angeblich nicht waren. Der Sohn fotografierte aber staendig (Indiz!) :D. So, na, dann steht man eben auf dem Marktplatz, schwenkt Faehnsche und troetet bis El Presidente vors Volk auf seinen Balkon tritt und VIVA MEXICO! ruft. Danach gabs ein Feuerwerk, aber ein abgefahrenes mit 3D Effekten und so (Blumen, Rauten usw.) dagegen sind alle europaeischen Feuerwerke knickrig. Danach setzt man sich eben in eine Bar und prostet sich zu. Ich habe versucht, aus einer halben Limone und einem Zahnstocher einen Kreisel zu bauen, was auch halbwegs klappte. Danach aber den Rasierschaum abduschen und in die Heia.

Mexico Stadt, Urlaub Sept. 2007- 1

Ich muss vorausschicken, dass ich gleich am Anfang dieser Reise das tat, was man nicht machen soll, naemlich die Kreditkarten-Pin zu vergessen. Prompt wurde das Ding nach Fehltipperei gesperrt und ich musste erst mal im Buesserhemd mit Pass und Karte zum mexicanischen Bankschalter wackeln. Die Angestellten waren sehr misstrauisch und studierten meinen Pass minuetlich von vorn bis hinten. Abends zuvor hatte mich die Angelica vom Flughafen abgeholt, was auch gut war, denn ohne Hilfe kommt man da nicht unbeschadet heraus. Lauter Privattaxen, die einen wahrscheinlich ins Nirgendwo bringen, um ausgeraubt und namenlos verscharrt zu werden. Man muss die richtige Taxe finden, was auch gar nicht soo schwer ist, denn die Menschenschlange vorm Stand reicht einmal um den Flughafen rum oder so. Also nach Such- und Fangespiel und Herumfahrerei durch droehnende Baustellenschluchten gelangten wir zum Hostel, das so traurig aussah, wie die Hostels, die ich schon lange zu verdraengen versucht hatte. Allerdings war es auch schön billig, im ganzen also ok. Rucksack rein und fertig. Dann bin ich noch auf einen Salat mit Saft eingeladen worden und ab in die Falle. Also erster Tagesbericht heute: Nachdem ich der Bank gluecklich 3000 Pesos aus dem Kreuz geleiert habe, bin ich erst mal was essen, das aussah, wie man sich Gammelfleisch immer vorstellt. Verbrutzelt bis knusprig in einem trocknen Broetchen und einer halben Avocado. Der mexicanische Doener nennt sich Torta Enchilada (also scharf). Dann bin ich mit Stadtplan auf in den Stadtpark (Bosque de Chapultepec), der fast mehr Parkwaechter beinhaltete als Besucher (zwei Busse voll Parkwaechter), die alle verscheuchen zum Beispiel, die nicht normgerecht auf einer Bank sitzen, sondern sonstwo. Der Park nennt sich einer der groessten der Welt, aber groesser als der grosse Garten ist er wohl nicht. (Gondelteich gibts auch, mit Palaisfontaine und grasgruenem Algenwasser, einem weissen Reiher und , tja stockenten) So, und dort habe ich wirklich "Scrat" gesehen. Ehrlich! Die Eichhoernchen sehen echt so aus, sind auch so hektisch, zucken andauernd mit ihrem grauen Schwanz und kommen bis auf die Schulter. Danach habe ich an einem Scherzartikelstand einen um-die-Ecke-guck Wuerfel erstanden. Dann war da auch ein Clown, der auf spanisch Witze riss, ich verstand aber nur :"Sexy! Not Pepsi!" (?) Die Parkmuseen hatten leider alle zu und beim Ausgang-Suchen habe ich mich dann auch irgendwie verlaufen und kam dann wieder beim Clown raus. Also dann bin ich wieder zurueck in die Innenstadt, die "Barmeile" besichtigen. Da bin ich dann zuerst in ein Cafe und habe dort das ekligste Eis der welt gegessen : Melone mit Zitrone, darauf Chilisosse (wuerg) und getrocknete Ichweissnichtwas. Danach brauchte ich ein Bier. Hoffnungsvoll setzte ich mich in eine rustikale Bleibe namens "Cervesaria", die sich dann aber als eine Schikimicki Fischgaststaette entpuppte, in der lauter gickernde Frauen sassen. Ohne Essen gab es kein Trinken und bittesehr, stellte mir der Kellner eine schuessel kalte Shrimps hin (wuerg). Und dann immerhin das Bier. Dazu Latinofernsehen mit Szenenfrequenz 330 pro Minute (typisch). Andauernd kamen dann auch Schuhputzer, Kuliverkaeufer und, die Hoehe, ein Kind mit Akkordeon vorbei, was mir genau ins Ohr sang (von verflossener Liebe oder so), FALSCH. Das reichte mir dann und ich verdrueckte mich richtung Hostel.... ging dabei noch einer Reihe jungen, gruen vermummten Maennern mit Gewehren aus dem Weg... sprang wie ein Reh ueber vierspurige Kreuzungen ohne Ampeln.. puh. Das reicht fuer den ersten Tag. Morgen schau ich mir mal das Stadtzentrum an, oder so.

Mittwoch, 2. Januar 2008

Vergangenheit

Ich bin 1974 in Dresden geboren, in der DDR. Ich war schon immer ziemlich ruhig, ausser was das Essen anging, da war ich zickig, hat sich aber später gegeben. In der Familie hatten wir mehrere Haustiere gleichzeitig, wovon ich einige Allergien davontrug, war aber trotzdem schön. Und 2 Schwestern trudelten so nach und nach ein. Leider hatten die Eltern die Tiere aber lieber als uns, was aber andersherum genauso war und so ging es wenigstens den Tieren gut. Tja in der Schule hatte ich bis zur 10. Klasse nie Probleme. Ich hab immer viel gelesen, alles was mir unter die Finger kam, von der Boulevardzeitung bis zum Lexikon oder auch Waschmittelpackungen, Hauptsache Buchstaben.

Der Vater hat mir dann Nachts auch immer die Lampe weggenommen. Freunde hatte ich eher wenige, ich war ein Sozialidiot. Da ich gerne viel sung, hat mich meine Mutter in eine kirchliche Musikausbildung gesteckt (wer das kennt: Kreuzchor), wo ich mich aber fürchterlich gelangweilt habe und meine Klavierlehrerin hat ob meiner Grobmotorik öfters geweint. Also da wieder weg.

Ja, nach der Schule wollte ich erst was lernen, da aber gerade Wendezeit war, konnte keiner sagen, was vorteilhaft ist und so hab ich mich selber fürs Abi eingemeldet. Dort bin ich notenmässig fürchterlich eingebrochen. Und die Leute da waren gruselig versnobt, alles Kinder armer DDR-Büger, die so taten, als hätten sie gutbürgerliche Elternteile. Aber Gott sei Dank hatte ich noch einen Freund aus der alten Schule dabei. Das war trotzdem eine schlimme Zeit und ich wurde Grufti und las und schaute nur noch Horrorsachen. Eigentlich war ich nur in Deutsch gut und meine Deutschlehrerin hat mich auch sehr gefördert.

Mit Ach und Krach und mit viel Kulanz von Lehrerseite (aber auch von meiner Seite, hehe) schaffte ich das Abi und dann gings zum Bund. Da gings bergauf und ich lernte ordentlich sein und trinken und rauchen. Ein wunderbarer Urlaub im Grünen, als Sani. Danach, tja wollte ich erstmal studieren, aber war sehr unentschlossen, meldete mich in Halle an und ging dann nicht hin, sondern arbeiten, so herumjobben (Post, Amt usw.). Danach mit einem Kumpel für 3 Monate zu den Amis, was eine Tragödie für sich war, aber wir haben es überlebt. Tja, danach war ich Wachmann, Kistenpacker, Fliessbandarbeiter, Antiquitätenverkäufer und Hilfsarbeiter aufm Bau. Bis meine Mutter eines Tages sagte: "So geht es nicht mehr weiter, Junge."

Da machte ich also eine Lehre zum Laboranten. Das war überhaupt die beste Zeit bis jetzt.

2 Jahre Ferien wie bei Jules Verne. Kann ich jedem mit Abi nur empfehlen. Die Schule hatte mir da nix zu bieten, also las ich Bücher unter der Schulbank und die Lehrer haben mich gelassen. Lehrlinge sind ein sehr lustiges Völkchen und so fiel ich von einer Party in die nächste Disco. Hachne. Soviele Frohnaturen auf einen Haufen habe ich später nie mehr getroffen. Sozial ging es steil bergauf, ich lernte, wie man mit Menschen umgeht. Aber eine Arbeit fand ich danach nicht. Dann endlich verfrachtete mich nach bestehen dieser Tatsache ein anderer Freund mit Sack und Pack an eine Uni, wo ich dann Chemie studierte. Ich liess es gleich sehr locker angehen und brach erstmal wieder ein. Ach da hab ich auch Herrn S. kennengelernt, nichwar. Das war eine anstrengende Zeit dann.

Ich hatte sehr viel Mühe, Stoff in den Kopf zu pressen, mein Gedächtnis war (und ist) sehr wählerisch. Aber unter Mithilfe der Kommis gelang auch dieser Coup. Tja, nun steh ich grad wieder da und bin mit meiner ersten Diss gescheitert. Die Diss war eine Tragödie sondermassen, ich habe da Menschen kennengelernt, grauenhaftester Sorte, hatte einen Nervenzusammenbruch usw. Nun will ichs mit 33 aber noch mal wagen, 2.ter Anlauf in einer anderen Stadt. Tja nach dem Bruch bekam ich so Glückstabletten, die nicht viel halfen und seither bin ich auch ziemlich durch den Wind, nervlich schlecht belastbar. Aber nun bin ich bei einer Psychologin in Behandlung, mal sehen, was da rauskommt. So vielen Dank ans Auditorium, jaah, was ich so gerne mache ist natürlich Lesen und Musik hören, aber auch Schreiben (auf meiner Webdings), Schwimmen, in der Weltgeschichte herumreisen und was mir gerade nicht einfällt, weil ich, wie ja schon erwähnt, mich an nichts erinnern kann. Ach Zeichnen mag ich auch.

Sylvester

Sylvester ist immer so ein schwieriges Ding. Was kann man schon wirklich anfangen an einem Tag, der maximale Freude von einem erwartet? An dem sich noch mehr als am Geburtstag zeigt, wer die meisten Freunde um sich scharen kann, wer zu wem gehört und wer als armseliges Anhängsel barmherzig mit eingeladen wird, rein der Generösität halber natürlich?
Diesen Tag habe ich schon recht unterschiedlich verbracht, mit den Eltern, mit Freunden, allein, im Ausland. Eines der denkenswertesten Sylvester habe ich sicherlich bei M.R. verbracht, der uns früh um 4 in Eiseskälte aus der Wohnung warf, aber dazu später.

Nachdem ich zwei Tage bei K. verbrachte, um in Freiberg der Dresdner Realität zu entfliehen, kehrte ich am 31. nach Dresden zurück. Das schöne an Freiberg ist, dass man da nicht wirklich etwas interessantes unternehmen kann. Einmal im Kino sind wir gewesen, beim Alien-Splatter-Vergnügen, dann in der Pizzeria und das wars schon.

G. und D., die ich zwischendurch traf, waren die ersten, die mich versetzten. Nicht direkt, so zwischen den Zeilen. Wir sind bei D.s bruder. Aha. Dabei war noch 3 Wochen vorher von einer Party bei mir die Rede gewesen. Nunja. Wieder bei K. , bot der mir an, Sylvester mit ihm und seiner Familie zu verbringen. Das wäre sicher das Beste für mich gewesen, so ein kleines Familien-Sylvester, fern vom Grossstadt-Wahnsinn. Grossstadt-Sylvester sind, zumindest in Dresden, mist. Egal, ob Party mit Freunden oder Familie, zu viele Idoten mit Sprengstoff, Alkohol und ohne Illusionen lassen ihren Emotionen draussen auf der Strasse freien Lauf.

Aber, dachte ich, A. und P. wollten ja noch kommen, wird’s eben ein gemütlicher Abend zu dritt. P. servierte mich eben so kalt ab wie D. „Wir feiern….“ (ohne Dich).
Danach wollte ich A. schon gar nicht mehr anrufen. Wäre ich besser in Freiberg geblieben? Bei drei paaren der einzige Single? Hmmm.

Also der Zug nach Dresden. Zweimal schon habe ich Sylvester allein verbracht, wobei ich feststellte, dass das gar nicht die schlechteste Art ist. Man kauft sich einen Kasten Bier, stellt den Fernseher an und wartet bis das Jahr rum ist, während man langsam betrunken wird.
Einfach aus Gag besorgte ich mir nochne eine flasche Sekt, wohl wissend, das die zu bleibt. Ich mag keinen Sekt.

A. kam natürlich auch nicht und ich sass dumm rum. Deshalb startete ich den PC, um zu spielen, weil da die Stunden schnell rum sind und schwupps, war es halb elf und P. rief mich an, er wär auf dem weg zum Theaterplatz. Toll . das man sich da nicht trifft, bei all den leuten und dem Lärm, war fast vorprogrammiert. Also ab in den Bus, voll mit Feierlingen, so am Singen. Das tat mir gut, fröhliche Leute zu sehen. Dann ging es hinaus in die Gefechtszone. In Dresden ist die Knallerei am Jahresende nicht der Farbenfreude und Sinnesbetörung gewidmet, sondern ist, wen wunderts, ein kriegsartiger Zustand, denn dafür gibt es Knaller. Das sind Sprengstoffstäbchen, die man, aus Jux, dem anderen zwischen die Füsse wirft. Oder an den Kopf. Gerne auch die grossen aus China, die Briefkastenzerfetzer. Da explodieren sie dann und der Krankenwagen bringt wieder einen weg, Stahlhelmpflicht.

Pulverdampf zieht zwischen den Häusern entlang, Paare knutschen, Singles schauen sehnsüchtig, aber nicht wirklich interessiert, eher irritiert. Dann die ungenierten Erleichterer. Lasst es laufen Jungs! Ich wandle und telefoniere. Bei dem Krach unmöglich. Also allein.
Die nächste halbe Stunde vergeht zwischen Hofkirche und Schloss, Artillerie und Flak.
Eine Rakete trifft mich am Kopf, es tut weh, ich lebe. Um den Wahnsinn zu ertragen, nehme ich ihn auf Video auf.
Kein städtisches Feuerwerk, nur idioten, die, schwankend, Raketen aus den Händen starten lassen. Mehr Rauch und immer dichter, ein rotes Leuchten auf der Brücke. Figuren tanzen im Funkenregen. Ich gehe nach Hause, die Frauenkirche steht still und fremd da. Noch ein Bus voller Betrunkener und, nachdem ich die übliche Salve an Glückwunsch-SMS in den Äther geschickt habe, kann ich endlich schlafen. Denke ich, doch dann ruft S. noch an: "Ihnen geht es genau so beschissen wie mir." Und rettet mir damit den Tag.

Das beste Sylvester war wohl letztes Jahr, D. und G. waren mit mir in Helsinki bei Ch. Keine Knaller, kein Alkohol. Dafür eine Show und Musik und ein professionelles Feuerwerk. Muss das Alter sein, aber da fühlte ich mich wohl.

Und damit zurück zu M.R., so 1993. Nachdem alle ordentlich getankt hatten, besonders An. mit seinem Molinari ohne Kaffeebohne, machte R. den grandiosen Vorschlag, auf eine Autobahnbrücke zu laufen und uns dort Dresden von oben anzusehen. Hier ein kleiner Tipp. Feuerwerke von oben wirken jämmerlich. Das was von unten als Illusion perfekt ist, die Vereinigung von menschengemachten Funken mit den Sternen am Himmel, ist von oben eine Glühwürmchenparty, Parabel einer exakten Physik. Auf dem Weg sprengen wir 2 Briefkästen, Chinaböller rein, die Klappe fliegt weg, verbranntes Papier.

Da auf der Brücke waren schon einige Leute, auch Kleinkinder. Was zum Teufel ...? Wir werfen Knaller in die Runde, es ist 5 Grad unter Null und die Eltern beschweren sich. Warum haben sie die Kinder hierhergebracht? An. lässt nicht nur Raketen aus der Hand starten, auch Knaller platzen in seiner Hand, er ist zu betrunken, um sie wegzuwerfen. Er lacht, die Haut an den Fingern ist in Fetzen. Ich zünde Raketen, bin aber schon zu langsam, um die Explosion noch zu sehen: Zünden….. wo ist sie? Auf dem Rückweg finden wir ein überfahrenes Reh im Pulverschnee, der Fuss ist gebrochen, abgebrochen, das Reh selbst lebt. Geben wir ihm den Gnadentod? Aber wie? Ich lege ihm den Arm um den Hals. Das Tier ist viel zu stark. Wir kommen überein, das der Kältetod sicher der Beste sein wird. Dann kamen wir wieder zu M.R.s Haus und er warf uns um 4 uhr morgens raus. Er wolle in Ruhe schlafen. Das Haus liegt an einer Autobahnabfahrt weitab vom Zentrum.
An. und ich liefen 1 Stunde durch den Frost. Dann rannten wir Strassenbahnen und Bussen hinterher. Was mir blieb, war eine 6 wöchige Erkältung.
Ich habe schöne Sylvester erlebt, in Leipzig, Tharandt, Freiberg und Helsinki. Aber noch keines in Dresden. Das hatte ich vergessen. Nun, was nicht ist, kann ja noch werden, um mich mal aus der flache-Sprüche-Kiste zu bedienen.