1.
Ich sitze in
einem abgedunkelten Raum mit Bildschirmen und warte auf den Doktor.
Mein Kopf ist verdrahtet und schwer, ich betrachte mein Gehirn im
Schnitt. Dreht man am Knopf, fährt die Kamera glatt durch die Windungen,
bis zwei weisse Augenbälle erscheinen. Das sieht gruselig aus, wie ein
Marsianer. Dieses graue, vergnubbelte Ding mit den 2 Geleebällen ist
mein Ich, nein oder war ich vor 10 Minuten, war ich das wirklich? Hätte
man mir ein anderes Ich reingeschmuggelt, zack-reingebeamt würde ich das
merken? Neenicht. Menschen sind oft nicht dass, wofür man sie hält,
denke ich und frage mich, ob das auch für mich gilt... Velleicht haben
irgendwo Leute ihren Spass mit Persönlichkeitszapping, bei launischen
Typen wird einfach öfters gezappt.
Ich drücke gerade noch ein
paar Knöpfe: Wasmachtdaswasmachtdaswasmachtdas? Irgendwie fühle ich mich
nun anders. Wer bin ich, wo bin ich? Warum habe ich Hunger auf
Regenwürmer?
"Tut mir leid, an sich selber dürfen Sie nicht rum
spielen..." Eine Hand legt sich schwer auf meine Schulter. Das Gesicht
dazu kann ich nicht sehen, es liegt im Dunkeln, verdammt, was... "Sooo,
das Backup drauf gespielt..., alles klar?"
Zzzippp. Muss wohl
eingenickt sein. "Ach ja, klar, Herr Doktor, ich hab hier schon mal auf
sie gewartet." "Kein Thema, also dass hier sind Sie..."
2.
Seit ich von meinem Arzt so Glückspillen bekommen habe, berührt mich
der Libanonkrieg im Fernsehkasten gar nicht mehr so. Erst sehe ich einen
Fahrradfahrer, den eine Katjuscha vom selbigen geholt hat, nur die
Füsse sind noch übrig. „Sauberer Schuss“, denke ich. Dann ein Schiff mit
Flüchtlingen, dass nach Zypern fährt „Da wollte ich auch schon immer
mal hin, toll.“
Ich nicke kurz ein. Bob Geldorf weckt mich und sagt
mir, dass im Sudan auch diese Nacht wieder tausende Kinder auf der
Flucht sind und wünscht mir einen geruhsamen Schlaf.
So ein netter Mensch. Ich lächle still in mich hinein. Die Nacht ist dann wirklich ausgezeichnet.
“
And I find it kind of funny
I find it kind of sad
The dreams in which I'm dying
are the best I`ve ever had”
Ich wache auf. Erst ein wenig Müsli, dann die gute Tablette. "Reis and
Schein!", wie der Engländer sagt. Mir wird kurz schlecht, dann kalt und
heiß und dann geht es wieder. Dann pumpe ich das Fahrrad auf und radle
los. Mir wird gar nicht bewusst, wie sich die Landschaft verändert.
Lauter ocker Steine, auch Dreck und noch mehr Steine um mich rum.
Verdammt heiss auch, Steinofen! Endlich ein paar Gebäude, seltsam,
keiner da. Doch, Ziegen. „Mäh!“ grüße ich. Die schlackern mit den Ohren
und kauen echt unbeeindruckt. Ein schrilles Pfeiffen schreckt mich auf,
dann fliegt etwas großes Dunkles auf mich zu und es wird Nacht.
„
Die Apfel- und die Birnbäume erblühten,
Nebelschwaden lagen über dem Fluss,
da ging Katjuscha hinaus aufs Ufer,
auf das hohe, steile Ufer.“
Noch ein Erwachen. Vor mir liegt ein Sack, der mir erzählt er käme von
Care und enthielte Weizenmehl. Sauber. Mehlbomben auf Zivilisten.
Das Säcke reden können, ist mir seit längerem bekannt, sollte aber allgemein verboten werden.
Ich sehe einen Mann mit blauen Helm auf mich zulaufen. „Tut mir leid,
ist mir aus der Hand gerutscht“ „Ein Mehlsack?“ „Scheiße, nein,
Mörtel!“, lacht er. Alles verändert sich wieder.
Ich liege neben einem Baugerüst in der Witzlebenstrasse. Naja.
3.
Ich bin krank. Ich habe eine Missverständnislücke. Aber was fase ich
da. Ich denke, jeder macht was aus dem andern. Der Ton rutscht langsam
herunter, er ist zu dünn, zwei Finger breit. Die Welt als Hörbuch. Alles
klimpert so schnell vorbei wie ein Postkartenständer, aber viel zu
schnell und ich soll mir was raussuchen. Aber ich will nicht wirklich
die Hand da rein stecken.
Das tut bestimmt weh. Ach ich hab's, ich nehm den Fuß! Wah, was für ein Schlamassel. Jetzt regnet es Ansichten.
Ich nehm nun keine Pillen mehr vom Arzt, die machen mich duhn. Die stapeln sich jetzt im Schrank immer höher, ja sie quellen schon heraus
und liegen im Zimmer wie Sand. Manchmal bin ich Dagobert und tauche
hinein. Schaumkronen chemischer Freude rasseln über den Balkon.
Von den Siechellen habe ich einen Eimer gestellt, einen rot
emaillierten. Zum Sonne einfangen, für die Brille und für die Frösche
aus dem Schwimmpool, das Blau kommt vom Curacao, wie man weiss.
Goldbrassen setzen auch Segel. Sie schauen sich die Kacheln von unten an
und ich fang Fang locker vom 5 Meterkickboard aus, rollend. Easy! Und dann dreht sich das alles um 360°? Ach Sonnenwende. Leise geht der
Mond zu Grunde. Das kommt vom Gold! Morgens nicht in den Mund nehmen! Was dann? Regenwürmer?
4.
Den Hunger auf Regenwürmer verspüre ich immer noch ab und an.