Sonntag, 15. Juni 2025

Hänsel und Gretel (Grimm/Bechstein) gereimt

Am Wald in einer kleinen Hütte lebte einst ein Paar, 
welches Eltern der zwei Kinder Hans und Gretel war.
Der Vater war ein Köhler und er litt immer Not,
deshalb hatte die Familie wenig Geld für Brot.

Nachts im Heubett seufzte der an Kummer reiche Mann,
"Mein liebes Weib, ich weiß nicht mehr, wie es gehen kann
dich und mich zu unterhalten, dann noch beide Kinder.
Wir haben keinen Vorrat mehr und bald schon kommt der Winter."

"Wir führ'n sie in den Wald hinein, je eher desto lieber.
Dort zünden wir ein Feuer an und kommen nimmer wieder.
Lass die beiden dort allein bei Brote gottbefohlen sein.
Das ist die einz'ge Lösung Mann und sei es auch hundsgemein."

"Oh Gott, wie soll ich das vollziehn an meinen eignen Kindern?"
Die Frau fragte ihn gradheraus "Wie willst du es verhindern?
Dann kannst du eine Totenlade für uns viere zimmern!"
Die Kinder hörten's durch die Wand und fingen an zu wimmern.

Der Hänsel tröstete das Gretel "Hab nur keine Bange,
ich hab schon einen guten Plan, wie ich zurück gelange."
Als die Alten schon im Schlafe lagen, stand er auf.
Er schob sich durch die Hintertür und schlich den Hang hinauf.

Da nun schien der Mond recht helle auf die weißen Kieselsteine.
In sein Rocktäschlein hinein, sammelte er davon kleine.
Dann ging er zurück und sprach zur Gretel "Bleib gelassen,
unser Glücksstern wird ganz sicher nicht so schnell verblassen."

Noch eh die Sonne aufgestiegen, als der Tag anbrach,
rüttelte die strenge Mutter schon die Kinder wach.
"Steht auf ihr faulen Wanzen, wir holn Brennholz aus dem Wald!
Hier habt ihr einen Kanten Brot, doch esst ihn nicht zu bald."

Das Gretel trug das Brot im Rock, der Hänsel trug die Steine,
er blieb oft stehn und sah zurück."Vergiss nicht deine Beine!"
"Ach Mutter, ich seh auf dem Schornstein unsern weißen Kater."
"Narr, das ist das Sonnenlicht, nun mach nicht so'n Theater."

Wie sie auf verschlungnen Pfaden weiter vorwärts gingen,
ließ der Hänsel Steinchen aus der Hosentasche springen.
Es sprach der Vater als sie tief im Walde warn zu viert:
"Ihr Kinder, ich mach euch ein Feuer, damit ihr nicht friert.

Nun sammelt Holz." Es ward vollbracht, das Reisig dann entzündet.
Und als die Flamme recht hoch brannte, hat die Frau verkündet:
"Nun legt euch ans Feuer, ruht euch einfach aus.
Wir hauen Holz und gehen in den Wald hinaus."

Am Feuer saßen Hans und Gretel bis der Mittag kam
und haben dann ihr Stücklein Brot sich in den Mund getan.
Sie hörten Schläge einer Axt, das war jedoch nur Trug.
Es war ein festgebundner Ast, der im Winde schlug.

Lange saßen sie noch da bis sie die Augen schlossen.
Dann als der Mond sein silbern Licht hin über sie gegossen,
wachte Gretel auf und fragte "Finden wir jemals heraus?"
Hänsel sprach "Die Kieselsteine zeigen uns den Weg nach Haus."

Sie liefen Hand in Hand hindurch die ganze klare Nacht,
und kamen dann im Morgengrauen zum Haus wie ausgedacht.
Sie klopften an die Tür erregt, es öffnete die Frau.
"Was habt ihr nur so lang getrieben, wisst ihr doch genau,
dass wir hier die Hände ringen und uns um euch sorgen?
Und ihr verträumt die ganze Nacht und kommt zurück am Morgen!"

Den Vater aber freute es, ihm wars ans Herz gegangen.
Doch die Not hat bald darauf von vorne angefangen.
"Ein halbes Brotlaib noch und dann ist alles aufgezehrt.
Die Kinder müssen fort bevor der Schnitter hier einkehrt!

Wir gehen dieses Mal noch tiefer in den Wald hinein."
Dem Vater fiel es wieder schwer, doch willigte er ein.
Die Kinder hatten abermals das Zetern mitgehört.
Doch zu Hänsels Unmut blieb die Hintertür versperrt.

Er tröstete die Gretel "Uns wird schon nichts geschehen,
der liebe Gott in seiner Macht wird uns gewiss beistehen."
Morgens kam die Frau und rief die Kinder aus dem Schlaf.
Sie erhielten ihr Stück Brot und rüsteten sich brav.

Auf dem Weg zum Wald zerdrückte Hänselein sein Brot.
Er schaute wieder oft zu zurück "He Junge, bleib im Trott!"
"Ach Mutter, oben auf dem Dach sitzt unsre weiße Taube!"
"Narr, es ist das Sonnenlicht, das flimmert da im Laube."

Der Hänsel warf nun nach und nach die Bröcklein hin beim Gehen,
Dann warn sie in Waldesflecken, die sie nie gesehn.
Beim Rasten wurde wiederum ein Feuer angefacht.
Die Mutter sagte "Kinderlein, ich hab an euch gedacht.

Bleibt hier sitzen, seid ihr müde, schlafet ruhig ein.
Wir hau'n Holz und auf dem Rückweg bringen wir euch heim."
Mittags hat die Gretel dann ihr Brot mit Hans geteilt,
bis zum Abend sind sie noch am Feuerplatz verweilt.

"Wart nur Gretel." sprach der Hans "Lass erst den Mond aufgehen.
Dann werden wir die ausgestreuten Weißbrotkrümel sehen."
Der Mond ging auf, sie liefen los, doch wohin sie geblickt,
hatten schon vieltausend Vöglein alles weggepickt.

Hänsel sagte Gretel ruhig "Wir finden schon nach Haus."
Doch vergingen Nacht und Tag, sie kamen nicht heraus
aus dem Wald, sie waren müd und hatten großen Hunger.
Sie aßen Beeren und verfielen auf dem Moos in Schlummer.

Am dritten Tag, als sie schon schwach, fanden sie ein Nest
in dem ein schwarzer Vogel sang, dann flog er ins Geäst
und immer weiter her vor ihnen bis zu einer Kate.
Dort setzte er sich hoch aufs Dach und als der Hänsel nahte,
sah er dass das ganze Haus vom Giebel bis zur Türe
aus Kuchen und aus Brot bestand, verklebt mit Konfitüre.

Hänsel sprach "Von diesem Backwerk könnt ich was vertragen!
Ich nehm mir ein Stück vom Dach, du kannst am Fenster nagen."
Hänsel reichte in die Höh, die Schindeln zu erhaschen.
Gretel ging zum Fenster, den Zuckerguss zu naschen.

Eine leise Frage klang den Mundräubern entgegen:
"Knusper knusper knäuschen,
wer knuspert an meinem Häuschen?"
Die Kinder gaben darauf Antwort, ohne Überlegen:
"Der Wind, der Wind,
das himmlische Kind."

Hänsel schob sich unbeirrt den Kuchen in den Mund,
Gretel riss die ganze Scheibe aus dem Fensterrund.
Die Tür schwang auf und eine Alte schlich am Krückenstock
aus dem Kuchenhaus heraus in einem Lumpenrock.

Hakennäsig, krummgebeugt und triefäugig dazu,
runzelig, mit grünen Augen ohne Rast und Ruh,
erschreckte sie die Kinderlein in nicht geringem Maße.
"Ei traute Kindlein, tretet ein, kommt nur, kommt, ich lasse,

euch von bessren Speisen essen, mit Äpfeln und mit Nüssen."
Sie kamen gern und aßen viel und legten sich in Kissen,
die die Alte aufgeschüttelt hatte und bezogen.
Auf weißen Bettchen träumten sie, wie sie gen Himmel flogen.

Jedoch wars ein schlimmes Laster, das dahinter stand,
weil so mancher Wanderer in diesem Haus verschwand.
Die garstge Hexe fraß vor allem Kinder mit Vergnügen,
die sie fing mit Brot und Kuchen und mit süßen Lügen.

Sie hatte ihre Opfer von weitem schon gerochen
und zu sich selbst gemurmelt: "Die werde ich mir kochen."
Bevor die beiden aufgewacht, griff sie das Hänselein
und sperrte ihn am Morgen in einen Käfig ein.

Sie knebelte den Jungen, dass ihm die Stimme stockte,
dann lief sie hin zur Gretel, die blass im Bette hockte.
"Sitz nicht rum, du faule Gans und koch das Essen für den Hans!
Wenn er richtig fett geraten, mach ich einen Hänselbraten.
Bis dahin bleibt er erstmal in meinem alten Gänsestall."

Gretel weinte bitterlich, doch das half ihr leider nicht.
So kochte sie ihm Tag für Tag Süßspeisen und Hauptgericht.
Sie selbst bekam gar armselige Krebsschalen zu Essen,
denn die Hexe war nur auf das Fettwerden versessen
von dem armen Hans allein, dessen Finger regelmäßig,
sie geprüft aufs Dickesein, dabei ward ihr Mund ganz wäßrig.

"Hänsel gib den Finger mir, zu sehn wie fett du bist."
Hänsel aber streckte ihr, das war eine List,
einen dürren Knochen unter ihre schwachen Augen.
Sie prüfte es und ging mit einem ungläubigen Schnauben.

Aber nach vier Wochen war die Ungeduld zu groß.
"Heda, Gretel" rief sie "sei recht flink und laufe los,
hole Wasser, hole Holz, morgen will ich Hänsel kochen."
Ach, wie hatte dies der armen Schwester Herz gebrochen.

"Lieber wäre ich verhungert! Oh Gott, so hilf uns doch!"
"Lass das Geheule, Gretel, eh ich den Hänsel koch,
will ich ein paar Brote backen und du musst das Holz noch hacken.
Danach darfst du Teige kneten und zu deinem Gotte beten."

Früh hing dann die Gretel den Kessel auf die Feuerstelle.
"Bevor wir kochen, woll'n wir backen, dass es nicht am Brote fehle.
Der Backofen ist angeheizt, kriech rein und prüf die Hitze."
Am Ofen schossen schon die Flammen aus der Klappenritze.

Die Gretel roch noch rechtzeitig den sprichwörtlichen Braten
und wollte nicht als Nachspeise zum Hänseltopf geraten.
"Ich weiss nicht, wie ichs machen soll, wie komm ich da hinein?"
"Dumme Gans, ich machs dir vor, stell dich hintendrein."

Die Hexe schob den Kopf darauf in die Ofenkammer,
da gab ihr Gretel einen Stoß, so dass sie mit Gejammer
weit hineinfuhr und dann schloß Gretel Tür und Riegel.
Die Alte war in Kürze schwarz, so heiss waren die Ziegel.

Gretel lief schnurstracks zum Hänsel, öffnete das Gitter.
"Hänselchen, die Hex ist tot." Durch die Öffnung glitt er,
fiel der Schwester um den Hals, dann tanzten sie durchs Haus.
Als sie über eine Kiste stürzten kam heraus,
dass darin sich Edelsteine und auch Perlen türmten.

Sie stopften sich die Taschen voll und durch die Türe stürmten,
sie aus dem Hexenwald heraus und nach kurzer Zeit,
standen sie an einem Wasser, wo sie weit und breit
keine einz'ge Brücke fanden, auch kein Ruderboot.
"Da schwimmt eine graue Gans, vielleicht in unsrer Not
kann sie uns herüber tragen, uns den Weg zumindest sagen?

Gänschen, Gänschen" rief die Gretel "Hier stehn Hans und Gretel.
Ohne Steg und ohne Brücken, nimm uns mit auf deinem Rücken!"
Das Gänschen kam den Strand herauf und Hans setzte sich obenauf.
Er gab dem Mädchen seine Hand, "So wird es nicht gelingen."
Es wird zu schwer, das Gänschen soll uns einzeln rüber bringen."

Auf der andren Seite sah der Wald schon viel bekannter aus.
Nach zwei weitren Wandertagen kamen sie zu Vaters Haus.
Sie stürzten jauchzend durch die Tür und hingen an des Vaters Hals
und als die Frau den Reichtum sah, freute sie sich ebenfalls.
Beide Kinder blieben nun behütet und geborgen.
Sie hatten bis ans Lebensende keine andern Sorgen.





Das Rotkäppchen (Perrault/Bechstein) gereimt

Es war einmal in einem Dorf ein kleines hübsches Mädchen,
das hatte eine Kappe ganz aus roten Sammetfädchen.
Der kleine Schatz war Großmutters und Mutters Augenstern.
Oft trug sie ihr Hütchen, deshalb nannte man sie gern
"Rotkäppchen!", wie auch ihre Mutter sie nun rief,
als sie fröhlich durch die Haustür in die Küche lief.
Die Oma und die Mutter wohnten nicht in einem Haus,
sondern es war eine Meile in den Wald hinaus.

"Großmutter ist schwach und krank und kann uns nicht besuchen,
drum bringe ihr geschwind den Wein und auch den warmen Kuchen.
Grüße sie recht schön von mir, pass auf, dass du nicht fällst
und achte auf die Wege, dass du den richtgen wählst.
Lauf nicht herum im Walde, lass die Flasche ganz,
Tu wie gesagt und komm zu mir zurück so schnell du kannst."
So oder so ungefähr, reden Mütter immer,
Mal hilft es, manchmal hilft es nicht, und manchmal hilft es nimmer.

"Das will ich alles machen, so wie es dir gefällt."
gab Rotkäppchen da zurück und hat hinein gestellt
in den Korb den Kuchen und die Flasche Wein.
Dann band sie sich ihr Schürzchen und lief in den Wald hinein.
Um altehrwürd'ge Kiefern und um Buchen ging ihr Pfad.
Ein Fleckchen Grau blitzt' hier und dort, egal wohin sie trat.

An einer hellen Lichtung kam ein Wolf mit prächt'gem Haar
aus dem Unterholz heraus und sagte "Gott bewahr!
Mein liebes Mädchen, was führt dich so früh schon durch den Tann?"
"Zur Großmutter, Herr Graubart, die nicht mehr aufstehn kann!"
"Was willst du denn dort machen, willst du ihr etwas bringen?"
"Bald soll sie wieder munter sein und heitre Lieder singen.
Deswegen trage ich den Wein und selbstgebacknen Kuchen."

"Ach Rotkäppchen, nun sage mir wo könnt ich sie besuchen?"
"Es ist ein Häuschen gar nicht weit, dahinter stehen Eichen,
dort wo die Haselbüsche den Weizenfeldern weichen."
'Oh du leckres Haselnüsschen, ich knacke deinen Kern'
dachte ganz bei sich der Wolf, doch sagte "Gar nicht fern!
Sieh, dort drüben wachsen Kräuter, die Gebrechen heilen.
Wolfsbeer, Wolfsbast, Wolfswurz und Wolfszahn auch bisweilen."

"Herr Graubart, werden alle Kräuter nach dem Wolf benannt?"
"Nur die allerbesten, die der Medizin bekannt.
Sammle doch ein paar davon, ich will mich dir empfehlen."
sprach das Tier, um sich dann hin zur Großmama zu stehlen.
Hinter moosbewachsnen Rinden, schaut der Wolf zurück,
dem süßen Kindchen hinterher und schnalzte "Welch ein Glück!"

Das Rotkäppchen, das sah im Walde viele schöne Blumen.
Die pflückte sie für einen Strauß und mit Kuchenkrumen
fütterte sie Vögelein, die auf dem Wege hüpften
und schließlich auch noch die im Nest gerade frisch geschlüpften.
"So ein lieber, guter Wolf, wie er an alle denkt
und jeden, den er grade trifft, mit Weisheiten beschenkt."

Als der Wolf nun zu dem Haus der alten Dame kam,
da fand er es verschlossen und er klopfte an.
Die Alte konnte nicht allein und ohne Hilfe stehen,
so krächzte sie nur "Wer ist draußen?" statt selbst nachzusehen.
Nun rief der Wolf "Dein Rotkäppchen, ich möchte dich besuchen!
Ich bringe roten Wein für dich und selbstgebacknen Kuchen."
Mit einer hohen Fistelstimme täuschte er die Alte,
Sie sprach "Der Schlüssel liegt gleich bei derTür in einer Spalte."

Der Wolf drang ein, sprang aufs Bett und fraß mit einem Bissen
die Großmutter und legte sich verkleidet in die Kissen.
Er trug der Alten Schlafgewand, Haube und auch Brille
und dachte freudig "So, jetzt warte ich in aller Stille.
wie gut hat schon der alte dürre Knochensack geschmeckt,
da möcht‘ ich wissen, welch Aroma in dem Frischling steckt."

Es klopfte eine Weile später an der Tür der Großmama.
Der Wolf sprach mit verstellter Stimme "Gott zum Gruß, wer ist denn da?"
"Das Rotkäppchen ist da und trägt dir leckre Speisen aus."
"Drück nur auf die Klinke Schatz, dann springt die Türe auf.“
Das Mädchen ahnte unheilvolles, denn es roch nach Hund
und die Stimme der Großmutter klang sehr ungesund.

Sie schaute sich gar ängstlich um im trüben Stubenlicht,
der Graubart säuselte ihr zu, die Decke im Gesicht.
„Leg dich zu mir ins Bettchen, komm her und wärme mich.“
Rotkäppchen hob die Decke hoch und schnappte, wie ein Fisch:
"Weshalb sind deine Hände haarig und mit Krallen dran?"
"Damit ich dich mein Kindchen, besser halten kann."
"Warum hast du Großmutter, so lange Ohren dann?"
"Damit ich dich Rotkäppchen, besser hören kann."
"Warum hast du Großmutter, so große Augen dann?"
"Damit ich dich, mein Liebchen, besser sehen kann."
"Warum hast du Großmutter, so scharfe Zähne dann?"
"Damit ich dich, mein Herzchen, besser fressen kann!"

Mit weitem Maul in seinen Wanst, schlang er sie ganz hinein
dort saß sie dann mit ihrer Angst und dem Großmütterlein.
So ein Unrecht ist noch nicht der Weisheit letztes Ende.
Deshalb schlief der Wolf gleich ein und dadurch kam die Wende.
"Ein guter Bissen ist noch längst das beste Ruhekissen".

Das Schnarchen rief den Jägersmann und ohne es zu wissen,
dass er in diesem Glücksmoment der Rettungsengel war,
kehrte er ins Häuschen ein und wurde dort gewahr
wie der Wolf mit prallem Bauche lag im Schlafgemach.
Er stellte das Gewehr zur Seit und dachte erstmal nach.

Der Jäger zückte leis das Messer, öffnete den Magen
und es schlüpften aus die zwei, die dort gefangen lagen.
Der Wolf bekam nun großen Hunger und er wachte auf.
Das Rotkäppchen sah er zuerst und dann den Büchsenlauf.
Noch bevor er zwinkern konnte, gab es einen Knall
und der graue Isegrimm verliess den Erdenball.

Der warme Wolfsbauch hatte wohl die Großmama geheilt
und das Mädchen ist nun immer gleich zu ihr geeilt.
Den Kuchen aber nicht den Rotwein teilten sich die drei,
denn den goss der Jägersmann sich hinter das Geweih.










Freitag, 13. Juni 2025

Der glückliche Prinz (Wilde) gereimt

Im Licht der Stadt erstrahlt das Bild des frohen Königsohns,
das auf schlanker Säule in goldner Rüstung thront.
Hoch über der belebten Stadt steht der Prinz auf einem Hügel
und bei seinen großen Füßen ruhn zwei kleine schwarze Flügel.
Besonders sorglos sieht er aus, mit blauen Augensteinen,
die voll heitrer Sanftmut aus runden Lidern scheinen.
Und auch sein schöner Mund untrüglich
lacht, als wär er wirklich glücklich.

Sie ist die letzte Schwalbe der warmen Zeit des Jahres,
denn an einem See erlebte sie manch Wunderbares.
Verliebte sich dort ganz und gar in eine Binsenstange.
Die Schwärmerei währte nur kurz und doch auch viel zu lange.
Das Schilfrohr war zwar elegant, doch war es nicht mobil,
es tanzte gern im Winde und sprach weiter nicht viel.
Die Schwalbe hatte dann genug von einsamen Gelübden,
denn ihre Freunde waren schon längst in Nord-Ägypten.

Sie flog den ganzen Tag und kam des Abends in die Stadt.
„Ob die Stadt für mich schon ein Quartier bereitet hat?“
Dann sah sie auf die Statue. „Ich will mich nicht beschweren.
Dieses Bettchen wird mir einen ruhigen Schlaf bescheren.
Das Schlafzimmer ist golden und liegt an frischer Luft
und die Blümchen auf dem Beet verströmen süßen Duft.“

Müde steckt sie ihren Schnabel unter das Gefieder,
da fällt ein großer Tropfen von oben auf sie nieder.
„Wie schrecklich“, ruft sie aufgeregt, „Die Nacht ist sternenklar,
das Klima in Europa ist wirklich sonderbar.“
Noch ein Tropfen „Sage mir, was diese Statue nützt,
wenn sie mich noch nicht einmal vor Wind und Regen schützt?
Ich suche mir ein Dach!“ Jedoch bevor sie losgeflattert,
kommt ein dritter Tropfen, da schaut sie ganz verdattert.

Sie blickt auf und sieht, ja was sieht sie wohl?
Die Augen des so Glücklichen sind der Tränen voll.
Tränen, welche leise hin über goldne Wangen rinnen,
dann hinab zu seinem Kinn, von dem sie zu Boden springen.
Sein Antlitz scheint im Mondeslicht so lieblich und so schön,
dass dem Vöglein danach ist vor Mitleid zu vergehen.
„Wer bist du?“ fragt es besorgt. „Man heißt mich ‚Prinz‘ und ‚glücklich‘.“
„Aber warum“, fragt es noch, "weinst du augenblicklich?"

„Der Ratsherr nennt mich Wetterhahn, die Kinder einen Engel,
doch als ich ein Mensch war und fern von dem Gedrängel
der Stadt im Schlosse Sorgenfrei lebte ohne Leid,
da spielte ich im Garten mit Freunden allezeit.
Danach ging es in den großen Saal zu Speis und Tanz.
Den Garten und das Schloß umfing eine Mauer ganz.
So hoch, dass ich niemals fragte, was dahinter lag.
Denn ich war heiter und vergnügt bis zum letzten Tag.
Und jetzt, da ich tot bin, steh ich hier so hoch,
da sehe ich das Elend auf fünfzehn Meilen noch.
Auch wenn mein Herz aus Blei ist und Bronze meine Beine,
kann ich nicht verhindern, dass ich unaufhörlich weine."

"Wie, dein Herz ist nicht aus Gold?" sprach die Schwalbe leise,
doch es war nicht bös gemeint in irgendeiner Weise.
"Weit von hier", so führte die Statue weiter aus,
"steht in einer Gasse ein kümmerliches Haus.
Durch das offne Fenster seh ich eine arme Frau,
an einem Tische sitzen, dünn und müd und grau.
Sie hat raue Hände, von Nadeln ganz zerstochen.
Ihr Blick ruht auf dem Tagwerk, glanzlos und gebrochen.
Blumen stickt sie auf ein Kleid, aus Seide jeder Zoll,
dass eine reiche Dame zum Hofball tragen soll.

In der Zimmerecke liegt ihr Junge krank im Bett
und träumt von Apfelsinen, die er gerne hätt.
Wasser, braun vom Fluss, ist alles was den Bub erfrischt.
Ich bitt dich, dass du den Rubin von meinem Schwerte brichst.
Schwalbe, kleine Schwalbe bitte nimm diesen Rubin.
Der Näherin und ihrem Sohn ans Fenster bringe ihn.
Meine Füße sind an diesem Postament befestigt
und das wär mir bei jedem meiner Schritte denkbar lästig.“ 

„In Ägypten werde ich schmerzlich schon ersehnt.“
spricht die Schwalbe nachdenklich, langsam und gedehnt.
„Meine Freunde drehn am Nil artig Rund um Runde
und den Lotus preisen sie mit Lobgesang im Munde.
Bald werden Sie im Grab des großen Königs schlafen gehen.
Er ist selbst in einem schmucken Sarge dort zu sehen.
Da liegt er sorglich eingehüllt in gelbem Tuch aus Leinen und
um den Hals liegt eine Schnur aus grünen Jadesteinen.
Seine Hände runzeln sich wie trocknes Laub an Bäumen,
Balsamduft begleitet ihn in seinen Fabelträumen."

"Bleib Schwalbe, kleine Schwalbe, sei nicht so widerborstig.
Die Mutter ist so traurig, der Knabe ist so durstig."
Darauf sagt die Schwalbe "Leider mag ich keine Knaben,
weil sie häufig Steine in den Hosentaschen haben.
Letzten Sommer, als ich am Flusslauf Mücken fing,
sahen mich die jungen Söhne der Frau Müllerin.
Zahlreich schwirrten Kiesel, die sie nach mir warfen,
die, weil ich kunstreich fliege, mich aber nicht trafen.

Trotzdem sehr respektlos!“ weiter kommt sie nicht,
denn sie sieht des Prinzen trauriges Gesicht.
So tut er der Schwalbe leid. „Hier wirds kühl beileibe,
doch es kann nicht schaden wenn ich eine Nacht noch bleibe.“
„Ich dank dir, kleine Schwalbe!“ Sie nimmt den Stein vom Knauf
und schwingt sich über Dächer und Türme hoch hinauf.
Am Dom grüßt sie die Engel auf ihrem Himmelsritt,
beim Schloß sieht sie ein Pärchen im Wiener-Walzer-Schritt.
Sie üben für den Hofball an einer Balustrade,
er lobt den Sternenhimmel, sie sagt indes "Schade!
Mein Kleid ist noch nicht fertig, die Näher sind so müßig.
Mit Blumen wollt ich es bestickt, mit langem Warten büß ich.“
Die Schwalbe sieht am Hafen die Schiffslaternen leuchten
und vor der Bar Matrosen die Kehle sich befeuchten.

Sie fliegt zum kargen Häuschen und schaut diskret hinein.
Der Knabe hustet fiebrig, die Mutter döst grad ein.
Die Schwalbe hüpft zu ihr und in den Fingerhut der Alten
legt sie den Rubin um dann die Flügel zu entfalten.
So fächert sie am Kissen dem kranken Kinde Luft
auf die feuchte Stirne, so dass es leise ruft
„Ich glaub, mir geht es besser.“ Die Schwalbe fliegt hinaus,
zurück zum goldnen Prinzen und richtet ihm gleich aus,
was sie für die Mutter und das arme Kind getan.
Sie meint „Es ist schon seltsam, doch mir ist richtig warm.“
„Ja, das ist der guten Tat wonniglicher Segen“,
sagt er und das Schwälbchen fängt an zu überlegen.

Doch der Schlaf, der kecke Dieb, raubt ihr die Konklusion
und dann küsst das Morgenlicht ihre Lider schon.
Morgens fliegt die Schwalbe zum Flusse um zu baden,
man sieht sie da in Pfützen plantschen und auch waten.
Die Schwalbe murmelt vor sich hin „Heut flieg ich nach Ägypten.“
Dann tut sie einen Freudenschrei, einen ganz entzückten.
Sie macht noch einen Ausflug zu den Denkmälern der Stadt
und die Spatzen auf den Dächern loben ihren Frack.

Vom Kirchturm segelt sie beschwingt, als schon der Mond aufgeht,
hin zu ihrem Prinzen, der darauf besteht,
"Schwalbe, kleine Schwalbe, bleibe nur noch eine Nacht!"
"Ich muss doch nach Ägypten." sagt die Schwalbe mit Bedacht.
"Morgen wollten wir hinauf zum zweiten Wasserfall,
dort kaut das Nilpferd Flusskraut im heißen Königstal.
Memnon, der Koloss sitzt auf dem Thron die ganze Nacht
und wartet auf den Morgenstern, der ihn sehr glücklich macht.
Es gehn zur Mitternacht die gelben Löwen Wasser trinken,
sie haben grüne Augen, die wie Berylle blinken.
Ihr Brüllen, das ist lauter noch als das des Wasserfalles…“

„Schwalbe, kleine Schwalbe, das glaub ich dir ja alles!
Weit von hier, am Stadtrand, seh ich einen jungen Mann,
welcher sein Theaterstück nicht zu Ende bringen kann.
Er hat krause Haare und Lippen, rot wie Blut. 
Gerne hätte er in seinem Ofen warme Glut.
Lieber noch als Feuer wünscht er sich etwas zu essen
und über diese Sorgen hat er seine Kunst vergessen.
Welke Veilchen stehn auf seinem Schreibtisch unterm Dach
und seine feinen Hände sind schon vor Hunger schwach.”
“Eine einzge Nacht noch will ich gern bei dir verweilen.
Hast du einen anderen Rubin, um ihn zu teilen?”
So spricht das kleine Vöglein aus seinem guten Herzen.

“Ich hab nur meine Augen, doch eins kann ich verschmerzen.
Saphire sinds, vor tausend Jahrn aus Indien gebracht.
Picke einen aus und bring ihn ihm noch heute Nacht."
"Lieber Prinz, das kann ich nicht..." spricht die Schwalbe unter Tränen.
"Mach nur, Schwälbchen, darüber brauchst du dich doch nicht zu grämen."
Darauf pickt die Schwalbe des Prinzen Auge aus
und fliegt zu des Studenten Kammer hoch oben im Haus.

Sie kommt ganz leicht hinein, denn im Dach da ist ein Loch,
Schiesst hindurch, zum Bett und hüpft dann zum Schreibtisch hoch.
Sein Haupt, das hat der junge Mann vergraben in den Händen.
So merkt er nicht, wer bei ihm ist, um sein Geschick zu wenden.
Ein Luftzug geht, er sieht den Stein bei den Veilchen liegen
Und ruft freudig “Man beginnt, endlich mich zu lieben!
Ein Verehrer sicherlich, von meinen Kurzgeschichten.
Nun muss ich nicht länger mehr auf Brot und Holz verzichten.”

Am nächsten Tage fliegt die Schwalbe noch einmal zum Hafen.
Sie sitzt auf einem Schiffsmast und schaut da auf die braven
Matrosen, wie sie schwere Kisten ziehn an starken Seilen
aus dem Schiffsbauch, um erneut zum Laderaum zu eilen.
Sie bücken sich und schwitzen sehr und schrein wie die Verrückten
"Hebt an!" Das Vöglein ruft zurück: "Ich reise nach Ägypten!"
Doch hört sie niemand und deshalb, als der Mond aufgeht,
fliegt sie dahin, wo des Prinzen Schatten sich bewegt.

"Mein Prinz, ich bin gekommen um dir Lebewohl zu sagen!"
"Kleine Schwalbe, kannst du deinen Abflug nicht vertagen?"
"Der Wetterumschwung ist schon da und bald liegt hier der Schnee.
In Ägypten wärmt die Sonne den Manzala-See.
Krokodile liegen träg im Schlamm unter den Palmen.
Meine Freunde bauen jetzt ihr Nest aus Lehm und Halmen
im Tempelhaus von Luxor, wo die blaßroten Tauben,
stets gaffen und frech gurren, es ist kaum zu glauben!
Lieber Prinz, ich muss nun fort, ich lasse dich alleine.
Nächstes Frühjahr bring ich dir zwei neue Edelsteine.
Der Saphir soll blauer sein als das Firmament,
der Rubin rot wie die Lava, die im Ätna brennt." 

"Unten auf dem Platz, da steht ein Streichholzmädchen.
Die Hölzer fielen ihr heraus aus dem kleinen Lädchen
in den Rinnstein und so sind alle sie verdorben.
Ihr Vater wird sie schlagen, denn sie hat nichts erworben.
Weinend steht sie da, ganz ohne Strümpf und Schuhe.
Ihr bloßes Köpfchen friert und das lässt mir keine Ruhe.
Picke, kleine Schwalbe, mein and'res Auge aus
und bringe es zu ihr, noch auf dem Weg nach Haus."

"Mein Prinz, ich kann verstehen, was du fühlst für dieses Kind.
Jedoch dein Auge nehm ich nicht, denn danach wärst du blind!"
"Schwalbe, kleine Schwalbe, bitte tu, wie ichs dir sage."
Die Schwalbe nimmt das Auge nun ohne weitre Klage.
Sie lässt den Stein beim Mädchen in der hohlen Hand.
„Hoppla, kleiner Bote, wer hat dich gesandt?
Dieses blaue Glasstück sieht ja prächtig aus!“
ruft sie und sie rennt aufgeregt nach Haus.

Die Schwalbe fliegt zum Prinzen und spricht „Du bist jetzt blind.
Darum wirds für immer sein, dass wir zusammen sind.“
„Schwalbe, kleine Schwalbe, du musst nach Süden gehen.“
"Ach armer Prinz, das kann nun nimmermehr geschehen.
Ich will von heut an immerdar für dich zugegen sein."
sagt sie und sie schläft zu seinen Füßen ein.
Sie sitzt am nächsten Tag auf des Prinzen Goldgewändern
und erzählt viel Wundersames aus den fernen Ländern.

Wie die roten Ibisse stehn in Reih und Glied
und Goldfisch fangen aus dem Nil, der seinen Reichtum gibt.
Von der großen Sphinx, die selbst so alt ist wie die Welt,
die in einer Wüste lebt und schwere Fragen stellt.
Von den Händlern und Kamelen, die den gelben Sand durchschreiten
und den Bernsteinperlenketten, die durch ihre Hände gleiten.
Vom dem Mondberg-König, der so schwarz ist wie die Nacht,
der einen mächtgen Bergkristall bewundert und bewacht.
Von Pygmäen, die auf Blättern über Wasser gleiten
und sich immerfort mit den Schmetterlingen streiten.
Und von der grünen Schlange, die im Palmbaum schläft
und sich von zwanzig Priestern mit Honig füttern lässt.

"Schwälbchen du erzählst mir manche Seltsamkeit,
doch geheimnisvoller noch ist das Menschenleid.
Wie des Elends Wunde ist kein Wunder tief.
Flieg durch meine Stadt und sage mir, was man dort sieht."
So fliegt die Schwalbe durch die Stadt, schaut wie in den schönen
Häusern dort die reichen Leute ihrem Luxus frönen.
Während dessen Bettler vor geschlossnen Türen sitzen.
Dann sieht man die Schwalbe durch die engen Gassen flitzen.
Die hohlwangigen Kinder starren da mit ihren blassen
Gesichtern teilnahmslos und traurig auf die düstren Straßen.
Unter einem Brückenbogen sind zwei kleine Jungen,
die einander wärmen und liegen, eng umschlungen.
"Wie hungrig sind wir!" rufen sie. "Nicht auf die Wege legen!"
brüllt der Wächter und sie irr'n nach draußen in den Regen.

Da fliegt die Schwalbe zu dem Prinz, setzt sich und berichtet.
Der Prinz spricht zu ihr "Ich bin ganz mit feinem Gold beschichtet.
Löse es nur Blatt für Blatt und schenke es den Kindern.
Weil goldne Dinge nämlich der Menschen Armut lindern."
Blättchenweise zupft sie nun das feine Gold vom Rumpf,
bis der edle Prinz ganz grau aussieht und stumpf.
Jedes Blatt des reinen Goldes bringt sie an sein Ziel.
Die Kinder lachen und sie rufen froh bei ihrem Spiel:
"Hurra, hurra, jetzt haben wir endlich wieder Brot!"
und vor lauter Leben glühen ihre Wangen rot.

Dann kommt der Schnee und auch der Frost, sie schmieden Silberbänder,
aus den Straßen und die Menschen tragen Pelzgewänder.
Zapfen hängen spitz vom Dach wie Dolche aus Kristall,
die Kinder laufen Schlittschuh mit Wollmütze und Schal.
Die kleine Schwalbe friert und friert und doch sie ist geblieben,
denn sie hat sich ihrem Prinzen ganz und gar verschrieben.
Sie stiehlt beim Bäcker Krümel vorm Tore jeden Tag
und wärmt sich heftig flatternd mit ihrem Flügelschlag.

Endlich aber merkt sie, dass sie sterben muss.
Sie schwingt sich auf die Schulter. "Ich geb dir einen Kuss
auf deine Hand und lebe wohl, mein lieber, guter Prinz!"
"Schwälbchen, wie erleichtert mich der Wandel deines Sinns.
Dass du endlich und so spät nach Ägypten ziehst.
Und küsse mich nur auf den Mund! Ich weiß, dass du mich liebst."
"Nicht nach Ägypten reise ich, nur in des Todes Haus,
der Tod ist Schlafes Bruder, ich ruhe mich nun aus."

Dann küsst sie den glücklichen Prinzen auf die Lippen
und die Schwäche lässt sie nach hinten über kippen.
Lautlos fällt sie hin zu seinen Füßen in das Weiß
und es ertönt ein Krachen, so wie von dünnem Eis.
Zerborsten ist das Herz aus Blei, es herrscht ja starker Frost
und in einer andern Welt finden sie nun Trost.

Hoch oben, hoch im Himmelreich steht der Prinz auf einem Hügel
und bei seinen großen Füßen ruhn zwei kleine schwarze Flügel.
Besonders weise sieht er aus, mit blauen Augensteinen,
die voll heitrer Sanftmut aus runden Lidern scheinen.
Und auch das Schwälbchen ganz untrüglich,
wirkt als wär es wirklich glücklich.

Der gestiefelte Kater (Perrault/Grimm) gereimt

Erbschaft ist ein wahrer Segen, aber nicht allein.
Ein klitzekleines Erbe kann ein großer Ansporn sein.
Auf den eignen Füßen gehn ist gar nicht so verkehrt,
statt Pferde zu besitzen, die tausend Taler wert.
Millionäre sind bekannt, mit Vätern ohne Brot,
und betuchte Großpapas mit Enkeln tief in Not.
Im Kopfe etwas Grütze drin ist mehr wert als ein Feld
und gesunder Mutterwitz mehr wert als Gut und Geld.

Es war ein mal ein Müller, dreier Söhne Vater.
Sein Gut war eine Mühle, ein Esel und ein Kater.
Wie es sich so fügte, lag der Müller bald im Sterben.
Alles was er einst besessen, teilten sich die Erben.
Der Älteste bekam die Mühl, den Esel dann der zweite,
der Kater kam zum Jüngsten, den das so gar nicht freute.

"Eine Katze!" rief er "Das ist doch für die Katz!
Was tue ich denn damit? Nen warmen Pelzbesatz
für meine kalten Ohren? Solang ich barfuß gehe,
wirkt das unverfroren. Das Fleisch wie ich es sehe,
reicht kaum für einen Braten." "Mein Herr ich will dir raten
nicht so lang zu trauern." sprach der Kater sauer.
"Spar dir dein Bedauern. Gib mir einen großen Beutel
und auch gute Stiefel. Dann schleiche ich mich heute,
nur um dir zu helfen, noch unter reiche Leute."

Der Jüngste sah verwundert drein, des Katers Reden wegen,
und doch rief er den Schuster her, die Elle anzulegen.
Als die Stiefel fertig warn, zog sie der Kater an,
und er verschloss den Beutel fest mit einer Schnüre dann.
Auf zwei Beinen, wie ein Mensch, ging er zur Tür hinaus
und er legte tief im Walde seinen Köder aus.
In den Sack hinein hatte er Weizenkorn gefüllt.
Er öffnete denselben dann und wartete auf Wild.

Er hatte einen Stock mit Schnüren in den Sack gestellt,
das war für seine Beute wie ein Körnerfutterzelt.
Des Königs großer Appetit auf Rebhuhn war nicht neu,
die hohe Zahl der Jagden aber machte sie sehr scheu.
Doch der Kater jagte nicht, er stellte eine Falle
und die Hühner kamen her, so ein paar richtig dralle.
Sie krochen in das Zelt hinein, der Kater zog am Strick
und schulterte den Sack erfreut über seinen Trick.

Er ging damit geraden Weges zu des Königs Schloß.
Als die Wachen ihn dort sahen, lachten sie gleich los.
„Wohin will denn der große Sack mit dem kleinen Kätzchen?“
„Zum König will ich ganz genau, und lass er diese Mätzchen.“
„Bist du tollkühn, als ein Kater willst du sprechen vor dem König?“
„Laß ihn durch, dass wird ein Spass, der König lacht zur Zeit so wenig.“

Der Kater kam zum König und er beugte sich vornüber.
„Mein Graf sendet Euch Rebhühner vom fettesten Kaliber.“
Der König wusste sich darob vor Freude nicht zu fassen
und gab dem Kater ein paar Taler aus den Landeskassen.
„Das bring deinem Herrn und nochmals Dank für das Geschenk!“
Zuhaus stützte der Müllerssohn den Kopf aufs Handgelenk.

Er sann am Fenster nach, wann wohl das Unglück von ihm ließe.
Da trat der Kater ein und warf das Gold ihm vor die Füße.
„Da hast du etwas für die Schuh, der König lässt dich grüßen.“
sprach der Kater und zog sich die Stiefel von den Füßen.
"Du hast zwar jetzt Geld genug, doch dabei solls nicht bleiben.
Morgen will ich mich erneut im Unterholz rumtreiben.
Ich werde Rebhuhnlieferant für höfischen Bedarf.
Und du, mein werter Müllerssohn, du wirst mein Herr, der Graf."

Die nächsten Tage ging der Kater wieder Fallen stellen.
Dem Jungen blieb nichts weiter mehr, als Goldstücke zu zählen.
Der Kater war beliebter Gast in des Schlosses Küche
und hörte eines Tages dort vom Herd des Kutschers Flüche.
"Ich wünscht, der König samt Prinzessin wärn beim Belzebub!
Dann könnt ich heute Karten spielen in der Wirtshausstub!
Statt dessen wollen beide nun am See spazieren fahren
und ich langweil mich oben auf dem gottverdammten Karren!"
Wie der Kater das vernahm, schlich er sich flugs nach Haus
und richtete dem Müllersbursch die frohe Nachricht aus.

"Willst du ein Graf sein, musst du heut hinaus zum See und schwimmen.
Auf mein Signal hin wirst du dann das Ufer rasch erklimmen."
Der Müller zuckte nur die Schultern und die beiden liefen fort.
Gerade noch zur rechten Zeit kamen sie zum rechten Ort.
Hastig zog der junge Bursche sich ganz splitternackend aus.
Der Kater trug die Kleider fort, da kam die Kutsche angesaust.
„Ach, mein Herr ist in Bredouille, allergnädiglichster König.
Er steckt dort im Wasser fest und hat neue Kleider nötig!
Seine wurden ihm beim Bad von Landstreichern gestohlen.
Kommt er nicht rasch ins Trockne, wird ihn der Schnupfen holen!“

So hat der Kater kläglich laut und aufdringlich miaut,
bis der König irritiert den Störenfried erschaut.
Nach kurzem Knarren und auch Ächzen stand die Staatskarosse still,
"Schnell, mein Bote, reit geschwind, bring dem Grafen, was er will!"
sprach der König, denn er war dem Kater sehr gewogen.
Dann hat der Graf von Habenichts die Kleidung angezogen,
die alsbald sehr großzügig zur Verfügung stand.
"Herr Kater, reich er mir den Frack und geh er mir zur Hand!"
Nachdem er sich angezogen, durfte er im Wagen sitzen.
Die Königstochter ließ ganz reizend ihre hübschen Äuglein blitzen.

Der Kater aber rannte vor, wie verfolgt von wilden Bienen.
Er fragte Leute unterwegs "Sagt, wem möget ihr wohl dienen?"
"Dem Zauberer!", so riefen alle, ob auf Wiese, Wald und Feld.
"Erzählt ihr diesen Quatsch dem König, ist es schlecht um euch bestellt.
Alles hier gehört dem Grafen, merkt euch diese Antwort gut."
Die Menschen sagten schnell "Jawohl!", denn sie waren auf der Hut.
Ein Fabeltier wie dieses sieht man ja nicht alle Tage,
da gibt man lieber falsche Auskunft auf jedwede Frage.

Das Tier schlich sich ins Schloß des Magiers, leckte sich vor ihm die Pfoten.
Der Magier fand so ein Verhalten ungebührlich und verboten.
"Was willst du hier?" rief er und seine Augen starrten böse.
"Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen dieses Rätsel löse.
Dass Ihr Euch in vielerlei Getier verwandeln könnt,
so hörte ich und frage ob mir ein Beweis vergönnt,
von Eurer hohen Zauberkunst? Nicht Fuchs, noch Wolf, noch Hund,
nein, ein echter Elefant wär mir zum Staunen Grund."
Der Magier sagte darauf stolz: "Das ist mir eine Kleinigkeit.“
und stand da als Elefant nach verblüffend kurzer Zeit. 
"Ein stoßzähniges Rüsseltier, das ist schon kolossal,
ein Löwe wär für mich jedoch das Zauberstück der Wahl."

Ein Löwe brüllte nun alsbald, den Kater überlief es kalt,
schnell sprang er in eine Uhr, man hörte seine Stimme nur
„Das ist der Brüller, ei der Daus, doch sicher kannst du keine Maus!“
Schaurig lachte das Genie „Die Maus vergisst du wahrlich nie!“
Der Kater hat auch nicht vergessen, die Maus genüsslich aufzufressen.
Ein Satz, ein Biss, ein leiser Schrei, dann war die Zauberei vorbei.
Des Königs Kutsche fuhr derweil über Wiese, Feld und Wald,
und wo immer man gefragt, des Grafen Name wiederhallt.
Der König war erstaunt und sprach, "Ihr seid ein reicher Mann, Herr Graf."
Sie kamen an das Schloss heran, vor dem der Kater lässig stand.

Von den Treppen sprang er munter zu den Gästen nun herunter,
öffnete galant den Wagen, sprach mit sichtlichem Behagen:
"Erlaubet mir, oh Eure Hohheit, dass ich Eintritt nun gewähre
in das Haus des werten Grafen, dem es eine große Ehre
ist euch heute zu begrüßen und er leget Euch zu Füßen,
alle seine Kraft und Macht und des Schlosses edle Pracht."
Der Graf nun führte die Prinzessin hinauf zum Saal voll Prunk und Gold.
Das Mädchen aber war dem Grafen schon seit dem Momente hold,
als er nackt am Wege stand. Sie sprach "Ach freie mich, mein Liebster!"
Der Graf wurde zum Prinz ernannt und der Kater ward Minister.









Die Weihnachtsgans Auguste (Wolf) gereimt

Fünf Kilo wog die Weihnachtsgans, die Herr Luitpold Löwenhaupt,
seines Zeichens Opernsänger, für den Festtagstisch gekauft.
Der Vogel war recht kapital für diese schweren Zeiten.
„In solchen Zeiten lass ich mich von meinem Herzen leiten.“
Bei diesem Satz, den Löwenhaupt mit tiefem Basse grollte,
spürte er längst, was sein Magen wirklich sagen wollte.
Während er die Gans mit beiden Händen kräftig drückte,
roch er in der Nase schon die feinen Bratendüfte.
Er spürte auch von Rotkohl und von Äpfeln den Geruch,
und brummelte darüber immer wieder jenen Spruch:
"Aber etwas muss man schließlich für das Herze tun."
Doch das half ihm gar nicht, sein Gewissen auszuruhn.

Gekauft hatte er eigenmächtig
und so was wirkt oft verdächtig.
Was jedoch viel schlimmer war,
die Weihnacht war noch längst nicht da.
Deshalb, und das war notwendig
war die Gans ganz quicklebendig.

Als er sich an diesem trüben Novembertag nach Hause wagte
und, als er dann näher kam, langsam immer mehr verzagte,
fürchtete er recht verdrossen
den Zorn und Spott der Hausgenossen.
Doch der Empfang war gar nicht grob,
nein, es gab überraschend Lob,
das hatte Luitpold nicht geglaubt, 
von Frau Hanna Löwenhaupt,
die die Gans als kräftig lobte, imposant, preiswert und fett.
Das Kindermädchen fand hingegen das Gefieder sehr adrett.
Und sie sprach aus, was alle dachten,
"Wo soll das Tier nur übernachten?"

Klein-Peter, sieben, Elli, zwölf und die Gerda, zehn,
die Sprößlinge der Löwenhaupts, sah‘n hier gar kein Problem.
Das Kinderzimmer gäbe es, das Bad und die Toilette
falls das Gänschen ein Bedürfnis nach Erfrischung hätte.
Die Eltern lehnten jedoch ab. Aus reiniglichen Gründen
hätt’ sich das werte Federvieh im Keller zu befinden.
Auf dass bei den Kartoffeln es allein sein Dasein friste,
weich gebettet in eine mit Stroh gefüllte Kiste.
Einmal täglich könnten dann die Kinder Gänse hüten,
doch nur eine Stunde lang, mehr käm nicht in die Tüten.
Die Kinder fügten sich darein
und das Glück war allgemein.

An diese Regeln hielten sich die Kinder kurze Zeit,
aber nach nur einer Woche war es schon soweit:
Das Peterle begann zu klagen,
der Gans, die er Auguste nannte,
tät der Keller nicht behagen.
Es war die Elli, die erkannte,
dass Gänse Daunenfedern haben.
„Die bauscht sie auf wie eine Decke.“
fügte sie belehrend an.
„Verstehe, doch zu welchem Zwecke?“
„Dass sie nicht friert, du Dummerjan!“
„Ihr ist es kalt!“, sprach Gerda‘s Zunge.
„Da ist es kalt!“, rief da der Junge.
„Ich will nicht, dass Gustje friert, ich hole Gustje rauf zu mir!“
Damit sprang er aus dem Bett und war auf dem Weg zur Tür. 

Die ält're Schwester fing ihn ab, zog ihn zum Bett zurück.
Doch am andern Ende wagte Gerda nun ihr Glück.
Elli zog und Gerda zog, so dass der Peter schimpfen musste,
“Lasst mich los! Ich will sofort in den Keller zu Auguste!”
Mitten im Tumult betrat die Mutter dann die Szene
und sie trennte mit Geduld das verknäuelte Gedränge.
Die Mutter nahm den Peter mit. Sie gebat den Schwestern Ruh
und der Rest von dieser Nacht ging dann still und friedlich zu.

Nach Tagen hatten Gerda und Peter etwas ausgeheckt.
Es blieb nur die Gerda wach und hat den Peter aufgeweckt.
Als die ältre Schwester schlief und das Haus ganz stille schien,
schlichen sich die zwei auf nackten Zehen zu Auguste hin.
Im Keller unten nahmen sie die Gans aus ihrer Kiste,
die sie mit „Lat mi in Ruh!“ misstrauisch begrüßte.
Auf dem Weg nach oben machte Gustje ein Geschrei
„Lat mi in Ruh! Lat mi in Ruh!
Ick will in min Truh, ick will in min Truh!“
und Theres, das Kindermädchen eilte rasch herbei.

Weitre Türen flogen auf und selbes tat Auguste,
die sich mit Geschick aus Gerdas Arm zu winden wußte.
Sie schnatterte und flatterte durch das Treppenhaus,
und baute ihren Vorsprung durch Kapriolen aus.
Bei der Jagd durch Korridore stoben wild die Federn.
Dass Theres sie endlich einfing auf den letzten Metern
des unt'ren Hausflurs war nur reines unverschämtes Glück,
sie bracht' die Gans in einer Decke eingehüllt zurück.
Auguste schimpfte weiterhin „Ick will in min Truh!“
Der kleine Peter fügte forsch noch folgendes hinzu:
„Ich will Auguste bei mir haben,
in meinem Bett soll Gustje schlafen!“

Die Mutter brachte ihn ins Bett, versuchte zu erklären,
dass die Gänse keinesfalls ins Schlafzimmer gehören.
"Im Bett schlafen nur Menschen, nun tu nicht weiter bocken."
"Aber warum muss Auguste denn im Keller hocken?"
Peterle war aufgeregt, das konnte Hanna sehen.
So durfte Gustjes Kiste denn an seinem Bette stehen.
Gustje sprach noch etwas in ihr Federkleid hinein,
"Lat man gut sin, lat man gut sin,
Hauptsach, dat ick in min Truh bin!"
dann schliefen auch das Peterchen und seine Schwestern ein.
Auguste blieb nun da, natürlich
und sie war auch sehr manierlich.

Bei Tag lief sie an Peters Seite
und erzählte ihm gescheite
Geschichten über bittre Gräser und auch solche die gut schmecken
und zuletzt wie man gekonnt vorgeht diese zu entdecken.
Sie schilderte, wie wilde Gänse stets im Herbst nach Süden ziehen
und wie sie sogar an Grönlands kalten Küsten noch gediehen.
Die Auguste blieb dem Peter wirklich keine Antwort schuldig
und war auf sein „Weshalb, warum?“ immer freundlich und geduldig.
Dass die Schwestern Gustje mochten, das ist wohl sehr leicht verständlich,
doch der Peter und sein Gänschen waren beinahe unzertrennlich.

Eines Abends hat sich Gustje dann in Peters Bett gekuschelt
und die beiden haben noch lange Zeit vertraut getuschelt.
Am Morgen schlüpfte Gustje danach wieder in ihr Stroh zurück
und die Elli und die Gerda ließen ihnen dieses Glück.
Mit Siebenmeilenstiefeln nahte nun die Weihnachtszeit
und eines schönen Mittags war Herr Löwenhaupt es leid,
länger noch zu warten. „Die Auguste ist heut dran!“
Tadelnd sah ihn seine Frau mit großen Augen an
und legte gleich dazu noch ihren Finger auf den Mund.
Sollte heißen: ‚Das besprechen wir zu spätrer Stund!‘

Als die Eheleute schließlich ungestört alleine waren,
fragte Luitpold nach dem Grund für das seltsame Gebaren.
Und nun sagte Hanna kläglich,
was Luitpold wolle, wär unmöglich.
Die Kinder hätten adoptiert,
die Gans, die er sich reserviert.
"Was ist unmöglich?" fragte er,
dann dämmerte ihm das Malheur.
"Die Gans ist jetzt ein Spielzeugtier?
Und was wird bitteschön aus mir?
Ich bin doch hier kein Hampelmann!"
Nun schwollen seine Adern an.
"Die Gans kommt auf den Tisch und basta!"
"Luitpold, denke an dein Asthma!“
Er schnappte leise wie ein Fisch
und verließ empört den Tisch.
Die Tür fiel krachend in ihr Schloss.
‚Mit dem ist heute nichts mehr los.‘
Sie stopfte seufzend ein Paar Socken
und dabei blieb kein Auge trocken.

Danach beriet sie mit Theres, ob es eine Lösung gäbe,
etwa einen andern Braten, auf dass Gustje überlebe.
Doch das knappe Haushaltsgeld würde dazu nicht genügen.
Sollte man im schlimmsten Fall die Kleinen einfach so belügen?
Und wenn Auguste nicht mehr sei,
wer brächte das den Kindern bei?
Und wie sollt‘ man es betreiben,
den armen Vogel zu entleiben?
"Wenn der Herr es selber machte, fände ich das nur gerecht."
sprach Theres und auch die Mutter fand den Einfall gar nicht schlecht.
Ihr Mann kannte die Gans nur flüchtig,
deshalb war die Auswahl richtig.

Die Heldenarie klingelte noch leis in Luitpolds Ohr,
da trug ihm seine Anvertraute ihre Wünsche vor.
„Ihr Weibsvolk!“ sprach er und er legte seinen Mantel nieder.
„Muss ich dem Vogel wirklich eigenhändig ans Gefieder?“
Nochmals gab es großen Lärm, als Theres die Gans sich schnappte.
„Ick will min Ruh, min Ruh!
Lat mi in min Truh!“
Worauf Peterle erwachte und sie bei der Tat ertappte.
Die Schwestern und die Mutter weinten, Auguste büxte aus,
sie machte eine neue Tour durch das ganze Haus.
Herr Löwenhaupt, ein echter Mann,
trieb die Jagd nach Gustje an.
Er stellte sie in einer Ecke,
ohne Aussicht auf Verstecke.
Unerschrocken griff er zu, da sie keinen Ausweg fand
und er nahm sich aus der Küche einen langen Gegenstand.
Die Mutter hielt die Kinder fest, der Vater lief in die Garage.
Er befand sich mit der Gans nun auf dem Weg zur Mordanklage.

Luitpold hob gefasst das Messer,
doch Auguste wusst es besser.
Entwischt lief sie im Kreis vier mal
und flatterte auf das Regal.
Der Hausherr stieg erbost ihr nach,
worauf das Teil zusammenbrach.
Es ergossen auf den Wagen
sich Werkzeuge und Holzlackfarben
und eine Stange stach beileibe
mitten durch die Frontschutzscheibe.
Er setzte sich erschöpft ins Auto und Auguste kam hinzu,
beide brauchten nach der Hatz ihre wohlverdiente Ruh.
Zurück im Haus erklärte Luitpold, die Gans wär ihm wohl überlegen
und er gäbe sich geschlagen, schon allein der Nerven wegen.
Er gab das Tier einstweil zurück an den glückseligen Peter
und die Hanna gab zum Vorfall ihre trock'ne Meinung später:
"Vom Himmel fiel noch nie ein Meister,
aber schon viel Scheibenkleister."

Finster brütete der Sänger, wie er noch zum Ziele käme
und man sah ihn dirigieren über seine Sessellehne.
Plötzlich kam ihm die Idee, der Ausweg würde schmerzlos sein!
Morgens mischte er der Gans Tabletten in den Napf hinein.
Zehnfachdosis Schlaftabletten, wie für einen Elefanten,
oder ein Rhinozeros samt zweier seiner Anverwandten.
Gustje lief nach ihrer Mahlzeit Zickzack wie ein müder Kreisel.
Dann legte sie sich bäuchlings hin, groggy ohne jeden Zweifel.
Die Flügel zuckten ein klein bisschen, als die Kinder sie berührten,
wobei alle Weckversuche nur noch zu Geschnarche führten.

"Was tut Gustje?", fragte Peter. "Sie hält ihren Winterschlaf.",
sagte Luitpold, den die Frage etwas unerwartet traf.
Er wollte sich von dannen pirschen, doch der Peter hielt ihn fest.
„Warum hält sie diesen ‚ihren Winterschlaf' gerade jetzt?" 
Der Vater sprach gesenktem Haupts:
„Sie ruht sich für den Frühling aus.“  
und fühlte sich wie beim Verhör
vor seinem naseweisen Gör.
Peterchen trug seine Freundin zu sich hoch in ihre Kiste
und er fand, dass er bereits ihre muntre Art vermisste.

Als die Nacht schon fortgeschritten, ging ein Schatten durch den Raum,
bedeckte den erschlafften Vogel und griff ihn bei seinem Flaum.
Zur Küche lief Theres in Socken
und dann fielen weiße Flocken. 
Sie begann wie ihr geheißen,
der Gans die Federn auszureißen.
Auf die Federn fielen leise Tränen von Thereses Wangen,
nach der Arbeit ist sie wieder traurig in ihr Bett gegangen.
So wie Gustjes Körper lag, in der kühlen Speisekammer,
war auch Hannas Abendkuss auf des Gatten Stirn ein klammer.
Alle träumten wirres Zeug, von Geistergänsen, schaurig klagend:
„Lat mi in Ruhuhu,
ick will im min Truhuhu!“
und sie schreckten mehrfach hoch, sich mit Hirngespinsten plagend.

Der Morgen kam und in der Küche sah Theres den Schnee vorm Fenster.
Was war das? Ja, träumte sie? Waren es die Nachtgespenster?
Aus der Speisekammer drang ein sehr deutliches Geschnatter.
Sie öffnete geschwind die Tür und sie guckte ganz verdattert.
Da tapste schimpfend und gerupft, Auguste ihr entgegen.
„Ick frier, als ob ick keen Federn nich hätt!
Man trag mich gleich wieder in Peterles Bett.“
Theres schrie auf und ihre Knie schlackerten verwegen.
Der Vater trat nun auch herein und schnaufte ganz unsäglich.
Was er gerade vor sich sah, das hielt er für unmöglich.

„Was nun?“ fragte Frau Löwenhaupt, als Luitpold sich die Augen rieb,
sie ging an ihm vorbei so dass sie vor Auguste stehen blieb.
„Ich brauche einen Doppelkorn und einen Kaffee!“,
rief der Vater der noch immer dastand, weiß wie Schnee.
"Bringe einen Korb, Theres und eine warme Decke!
Luitpold, und du gehst sofort zum Laden um die Ecke!
Kaufe mir ein gutes Pfund bester weißer Wolle.“
Luitpold fragte irritiert, was die Wolle solle.
"Frage nicht! Hier hast du Geld und meine Einkaufstasche.
Und Theres, du holst mir bitte eine Wärmeflasche!"
Löwenhaupt war so erschüttert, dass er gar nicht widersprach.
Er nahm sich Mantel, Hut und Schnaps und er gab ganz einfach nach.

Schon nach einer Stunde saßen Mutter und Theres
in der Stube und sie strickten jahreszeitgemäß
für Auguste einen Pulli, kuschelwarm und blütenweiß.
Nach der Schule zeigten auch die beiden Mädchen ihren Fleiß.
Peter hielt derweile seine Gustje auf den Knien
und half ihr, den Pullover zur Probe anzuziehen.
Für Flügel, Beine, Hals und Sterz sollten Löcher bleiben
und man musste deren Ort und Größe noch entscheiden.
Spät am Abend konnte man das Wunderwerk bestaunen
und Auguste meckerte in ihren Wolle-Daunen:
"Winterschlaf is Schnackeschnick,
hätt ich min Federn bloß zurück!"
Peter sprang um sie herum und feierte das Ende
des dubiosen Winterschlafs zur Wintersonnenwende.

Als Löwenhaupt zum Abendessen den Pullover sah,
meinte er, und dieses ging besonders Hanna nah:
"Angekleidet macht Auguste richtig etwas her,
so ein schönes Exemplar gibt's auf der Welt nicht mehr!"
Die Stars des Viertels waren, wie es bald jeder wusste,
der kleine Peter und die fesche „Rollkragen-Auguste“.

Als Mitglied der Familie saß die Gans am Festtagstisch 
und der Vater sah sich um, dann räusperte er sich:
„Ähem, wer hat uns Auguste denn nach hause mitgebracht?“
„Das warst natürlich du“ sprach Peter und dann hob er mit Bedacht 
seine Gans auf Papas Schoß.
„Schau, sie gibt dir einen Kuss!“
Wahr ist, dass sie seine Nase mit dem Schnabel zwickte.

Im Bett sprach Peter zu Auguste, die er an sich drückte: 
„Warum hast du eigentlich nen Winterschlaf gemacht?“
„Weil man meine Federn wollte, hab ich mir gedacht.“
„Und nach den Federn, echt verrückt…“
„Kam der Pullover, handgestrickt.“
„Das ist doch totaler Quatsch!“, sprach das Peterlein,
er gähnte nochmal herzhaft und beide schliefen ein.

Zwei Kilo wogen beide Karpfen, die Herr Luitpold Löwenhaupt,
seines Zeichens Gänsevater, als Sylvesterschmaus gekauft.
Fische, die im Schlamm geschwommen,
wird der Schlammgeschmack genommen,
wenn sie im klaren Wasser baden,
wurde ihm beim Kauf geraten.
Deshalb, und das war notwendig,
war'n die zwei ganz quicklebendig.
Elli, Gerda gaben Namen,
den Fischen die gerade kamen.
Sie hießen Lothar und Susanne
und wohnten in der Badewanne.


Der Fürchtenlerner (Brüder Grimm) gereimt

Ein Vater hatte einst zwei Söhne, einer davon klug,
der Jüng‘re jedoch war so dumm, dass man es kaum ertrug.
Sahen ihn die Leute, sagten sie "Was für ein Tropf!
Der frisst dem armen Väterchen die Haare nur vom Kopf."

Der Älteste, war was zu tun, schritt tagsüber hinaus.
Doch fürchtete er sich des Nachts und ging dann nicht vors Haus.
Schauermärchen waren ihm durchaus ein Riesengraus
und er machte einen Sprung beim Anblick jeder Maus.

Zum Jüng'ren sprach der Vater endlich „Heda, du bist stark,
und doch steckt das Faulsein bei dir tief in Bein und Mark!
Du solltest etwas lernen, das nicht ein jeder kann.
So, für was entscheidest du dich, werter Sohnemann?“

Der Jüngre sagte „Vater, da denke ich nicht lang,
das Fürchten will ich lernen, denn mir ist niemals bang.“
Darauf sprach der Vater „Junge, du bist dumm wie Brot,
mit dir hat man wirklich ehrlich seine liebe Not.
Mit dem Gruseln kann man wahrlich gar kein Geld verdienen.
Und wenn dir auch hundertmalig sei ein Geist erschienen.“

Der ält're Bruder lachte „Freundchen, du musst dich besinnen.
Was ein Häkchen werden will muss sich beizeiten krümmen!“
Und der Vater flehentlich „Auch wenn du dumm geboren,
so ist vielleicht bei dir noch nicht Hopf und Malz verloren?“

Bald dann kam der Küster zu Besuch zum Abendbrot
und der Vater klagte ihm nun seine liebe Not.
Der jüngste Sprößling sei in allen Dingen schlecht beschlagen
und gäbe dumme Antworten auf jede seiner Fragen.

"Ach denken Sie sich nur, seine neueste Idee,
ist das Gruselnlernen! Potzblitz, ohjemine!"
Darauf sprach der Küster keck: "Wenn weiter nichts dabei,
das kann er bei mir lernen und ihr seid von ihm frei."

Und so nahm der Küster ihn, um bei Nacht und Sturm,
die Glocken wohl zu läuten hoch im Kirchenturm.
Er weckte ihn zu Mitternacht und hieß ihn aufzusteigen.
Und schlüpfte selbst ins Lakentuch, um ihm die Furcht zu zeigen.

Als der Junge oben war und griff den Glockenstrick,
sah er einen weißen Geist im nächsten Augenblick.
"Wer da?", rief er und "Gib Antwort, arger Taugenichts!"
"Oder du wirst fliegen, dass du dir die Knochen brichst."

Der Küster aber dachte `Der ist schon nicht so gemein.´
Und er blieb ganz mausestill so wie ein Grabesstein.
"Geh fort!" sprach der Junge und "Hier gibt es nichts zu gaffen!"
Dann war er auf dem Sprunge sich den Spuk vom Hals zu schaffen.
Er stieß die Gestalt nun munter und brutal die Treppe runter.
Diese rollte noch zehn Stiegen und blieb leise wimmernd liegen.

Der Junge hat, ganz pflichtbewußt, die Glocken noch geläutet
und hat auch nicht mal nachgedacht, was all das bedeutet.
Er ging zu Bette, ohne noch ein weitres Wort zu sagen.
Doch am Morgen hört´ er sich die Küstersfrau beklagen.

"Weißt du lieber Junge denn, wo ist mein Mann geblieben?
Er ist schließlich noch vor dir den Turm hinauf gestiegen."
"Nun ja, auf der Treppe, da hat jemand rumgestanden.
Als er keine Antwort gab, kam die Geduld abhanden,
mir und diesen Spitzbuben hab ich hinabgestossen.
Niemals kommt der wieder her, so voll hat der die Hosen."

Die Frau ging hin und fand den Mann mit einem Bein gebrochen,
der lag noch da und jammerte und es fing an zu kochen,
ihr Küsterfrautemperament, sie eilte dann mit viel Lament
zum Vater unsres Jungen und rief aus vollen Lungen:
"Euer Sprößling bringt uns nichts als Riesenscherereien!
Er brach meinem Mann das Bein, das ist nicht zu verzeihen."

Es erschrak der Vater und er kam herbei gelaufen.
Er rief den Jungen zu sich her und fing dann an zu schnaufen:
"Der Teufel hat dich angeführt zu so gottlosen Flausen!"
"Aber Vater," rief der Bub "du brauchst nicht aufzubrausen!“

"Hört mich an, er stand verdächtig mitternachts herum,
und als ich höflich fragte, da stellte er sich stumm."
"Ach", sprach nun der Vater, "mit dir hab ich kein Glück!
Geh mir aus den Augen und komm nicht mehr zurück!"

"Ja Herr Vater, ja sehr gerne will ich wandern gehen,
um das Gruseln endlich recht als Handwerk zu verstehen."
"Lerne was du gerne willst, das ist mir einerlei
Sag nur keinem Menschen, dass ich dein Vater sei.
Hier sind 50 Taler, die kannst du mit dir nehmen,
Das ist allzeit besser noch als deiner sich zu schämen."

Der Junge lief nun wohlgemut die Hauptstraße entlang,
er war der besten Dinge und murmelte beim Gang:
"Ach wenn es mich nur gruselte, ach wenn es mich nur schreckte."
Und so hörte das ein Mann, der ganz in Lumpen steckte.

Der ging ein Stück des Wegs mit ihm und dann beim Abendrote,
zeigte er ihm einen Baum, dran hingen sieben Tote.
„Die armen Teufel ham mit Seilers Tochter wild getanzt.
So bleibe doch heut abend hier, dass du dich gruseln kannst.“
„Wenn das so stimmt, dann sollen 50 Taler deine sein.“
sprach der Junge voller Skepsis und der Mann schlug ein.

Da ging der Junge zu dem Galgen, setzte sich dorthin.
Die Nacht brach ein, der Nebel kam und bald schon fror es ihn.
Zu Mitternacht blies dann ein Wind, der war gar bitterkalt
und schwenkte die Gestalten hin und her im finstren Wald.

Er hatte Mitleid, machte Feuer und mit sehr viel Fleiß
nahm er die Gehenkten ab und setzte sie im Kreis.
Sie saßen da mit hohlem Blick und aufgerissnen Mündern.
Daher gab er einen Rat den unbeholfnen Sündern.

"Gebt nur acht, dass ihr euch eure Kleidung nicht verbrennt!
Sonst hab ich euch im Handumdrehn wieder aufgehängt."
Die Toten aber hörten nicht und ihre Lumpen glimmten.
Nun sprang er auf, zog sie zurück und spielte den Ergrimmten.

"Ich kann euch nicht helfen, wenn ihr euch den Leib versengt".
Und der Reihe nach hat er sie wieder hochgehängt.
Er legte sich ans Feuer hin und schlief den Rest der Nacht.
Am Morgen grüßte ihn der Mann, so daß er aufgewacht.

Der fragte wie es neulich mit dem Gruseln vorwärts ginge.
"Nicht besonders" sprach der Bub, "ich nahm sie von der Schlinge.
Leider haben sie kein einz'ges Wort von sich gegeben.
Drum gab ich meine Mühe auf und ließ sie wieder schweben."
Er zeigte zu den Toten hin, der andre dacht beklommen,
dass so ein abgebrühter Kerl ihm noch nicht vorgekommen.

Darauf gingen beide wieder ihrer eignen Wege
und es sang, so wie er lief, über Feld und Stege,
"Ach wenn es mich nur gruselte, ach wenn es mich nur schreckte."
der Junge als ein alter Fuhrmann ihn dabei entdeckte.

"Wer bist du?" "Das weiß ich nicht."
"Wo bist du her?" "Das weiß ich nicht."
"Wer ist dein Vater?" "Sag ich nicht.
Ich möcht nur, dass es gruselt mich."
"Statt das wir hier noch Reden schwingen,
wollen wir dich unterbringen."

Am Abend kehrten sie dann müde in ein Wirtshaus ein.
Da stellten sie die Pferde unter und beim guten Wein,
hörte der Wirt seine Wünsche, lachte "Kein Problem!
Hier in der Nähe gibts ein Schloß, da kannst du Geister sehn."

"Nein!" rief da die Wirtin blaß "Nein, das geht nicht an!"
"Mancher hat da seinen letzten Atemzug getan..."
"Wenn es richtig gruslig ist, dann ist es fabelhaft,
dann wär das Schloß das Ende meiner kurzen Wanderschaft."

Der Wirt erzählte, er müsst nur drei Nächte darin wachen,
dann würde ihm das Schloß gehörn mit all den teuren Sachen.
Der König hätte außerdem die Tochter noch versprochen,

jenem Helden, der den bösen Geisterbann gebrochen.

Der Junge ging am Morgen hin zum König und er sprach:
"Wenn's genehm ist, schau ich gern in eurem Schlosse nach."
Der König sah ihn prüfend an. „Weil du mir gut gefällst,
geb ich dir drei Dinge noch, die du dir selbst auswählst."

"Einen Knüppel, dann zum Sitzen und zum Drehen eine Bank"
Alles wurde ihm gebracht, bis die Sonne schließlich sank.
In einer Kammer, hoch im Schloss, brannte bald ein Feuer,
Dort wartete der Junge brav auf das Ungeheuer.

Zu Mitternacht rief etwas "Au, mich friert!" aus einem Eck.
"Ihr Narren", drauf der Bursche, "kommt nur raus aus dem Versteck!
Was schreit ihr rum? Wenn euch so kalt ist, setzt euch doch zur Glut."
Zwei große schwarze Katzen warns, die er zu sich einlud.

Nach einem Weilchen fragten sie "He, woll'n wir Karten spielen?"
Er sagte "Gern, doch will ich erst auf eure Pfoten schielen."
„Unsre scharfen Krallen, die sind rein und ordentlich,
wir kratzen dir die Äuglein aus, dann siehst du keinen Stich!“
"Mit solchen langen Nägeln ist das Kartenspiel ein Graus."
sprach er und warf sie einfach aus dem Fenster raus.

Nun kamen aus dem Schatten noch mehr Katzen und auch Hunde.
Rasch warf er sie auch heraus und fluchte eine Runde.
Er wurde müde und er wollte gern ein Stündchen schlafen,
jedoch war nun das Bett verhext und es verließ den Hafen.

Es rollte wie ein Sechsgespann hin über Trepp und Dielen,
und bäumte sich auf wie ein Pferd, so dass herunterfielen,
unser Bube, Deck, Matratze und die Daunenkissen,
drum legte er sich auf den Flur "Dies Bett kann ich vermissen."

Nach dieser turbulenten und ereignisreichen Nacht,
Hat er mittags nochmal Halt beim selben Wirt gemacht.
Dieser machte große Augen, doch der Bub sprach kühl:
"Nur ein paar süße Kätzchen, die warn ein Kinderspiel."

Zum Nachmittag dann ging er artig abermals ins Schloß,
und setze sich ans Fenster, wo er den Blick genoß.
Ganz laut und ungemütlich wurde es um Mitternacht.
Erst rumpelte es heftig und dann fiel mit Krach
ein halbes furchtbar staubiges Skelett aus dem Kamin.
Verdutzt fragte der Junge, dem das zu wenig schien:

"Wo ist die zweite Hälfte?", und mit viel Getöse,
kam der Rest der Knochen an und musterte ihn böse.
Das Gerippe setzte sich ganz frech auf seine Bank,
sortierte seine Knochen und wienerte sie blank.

"So ham wir nicht gewettet, "sprach der Junge, "meine Bank
ist nur für meinen Hintern. Du suchst wohl Streit und Zank?"
Er schlug den Schädel ihm vom Hals mit seinem großen Stecken,
so dass der dreimal sich gedreht und fiel ins Aschebecken.

Noch mehr Skelette kamen nun aus dem Kamin gesegelt,
eine ganze Mannschaft, die mit Knochen kegelt.
"He ihr Freunde! Ich spiel mit, wenn es euch gefällt?"
"Gern," krächzten die Toten, "doch dafür brauchst du Geld."

"Am Geld soll es nicht mangeln, doch sind die Kugeln Schund."
und er schnitt die Totenköpfe auf der Drehbank rund.
"Jetzt werden sie viel besser rollen.", hat er dann gelacht,
so spielten sie noch "Alle Neun!"den Rest der heitren Nacht.

Am andern Morgen kam der König "War es denn recht gruslig?"
"Ich habe schön gekegelt, Herr. Nein, es war eher lustig."
"Ich hoff ich lern das Fürchten noch an diesem dritten Abend,
dabei klang das Angebot verlockend und erlabend."

Erneut hat er sich abends dann auf seine Bank gesetzt,
es kamen starke Männer und diesesmal zu sechst.
Sie trugen auf den Schultern eine schwarze Totenkist'.
"Ach, das wird mein Vetter sein, der grad gestorben ist."

Kaum dass sie ihn abgesetzt, nahm er die Leich heraus
und streckte sie gemütlich vor dem Feuer aus.
"Komm schon Vetterchen, nun komm, du bist so kalt wie Eis!
Setz dich zu mir ans Feuer, dann wird dir wieder heiss."

Als das nicht half, hat er den Leichnam in das Bett gelegt
und derb an ihm gerieben, bis dass er sich geregt.
"Ja, für meine warmen Händchen kann ich mich verbürgen."
Der Tote aber griff hinauf. "Jetzt will ich dich erwürgen."

"Was hör ich da, mein Lieber, ist das dein Lohn und Dank?"
Gleich sollst du nochmal liegen auf deiner Leichenbank."
Er warf ihn in den Sarg zurück und schlug den Deckel zu,
Die Männer kamen abermals und trugen ihn zur Ruh.

Da trat ein alter Mann herein, größer als die andern.
"Oh du Wicht, das Höllenreich will ich mit dir bewandern."
"Nicht so schnell" sprach da der Jung, "dann musst du stärker sein."
"Dich will ich schon packen und hack dich klitzeklein."

"So stark wie du bin ich schon lang, das wolln wir erst mal sehen."
"Versuchen wirs, wenn du gewinnst, kannst du nach Hause gehen."
Dann führt er ihn durch dunkle Gänge hin zum Schmiedeherde,
mit einem Axtschlag schlug er dort den Amboß in die Erde.

"Das kann ich noch besser." sprach der Junge froh und munter.
Der Alte schob sich vor zu schauen und sein Bart hing runter.
Der Junge schwang das Äxtlein und trieb mit einem Hieb,
den Bart tief in den Amboß, so dass er steckenblieb.

"Alterchen, jetzt hab ich dich, jetzt ists an dir zu sterben."
"Mach bloss keinen Unfug, dann kannst du mich beerben".
Der Junge zog die Axt heraus und ließ ihn wieder los.
Da führte ihn der Alte hin zum Schatzverlies im Schloß.

Dort gabs drei edle Truhen mit prächtig goldnem Schein.
"Eine davon sei dem König und die zweite dein.
Die dritte aber gib den Armen." und der Geist verschwand,
als es zwölf schlug und der Junge ganz im Dunkeln stand.

Er tastete den Weg zurück zu seinem Kämmerlein,
legte sich ans Feuer und schlief dort friedlich ein.
Am Morgen frug der König ihn, wie es gewesen sei.
"Ich sah meinen Vetter, hübsch viel Geld und anderlei,
aber da war nichts zum Gruseln." "Es sei nicht dein Schaden!
„Du wirst als mein Schwiegersohn bald im Wohlstand baden.“

Die Hochzeit ward gefeiert, das Gold heraufgebracht,
trotzdem murmelte der Bub noch in der Hochzeitsnacht:
"Ach wenn es mich nur gruselte, ach wenn es mich nur schreckte."
Worauf die Braut mit ihrer Zofe einen Plan ausheckte.
Das Kammermädchen war gewiss "Wir bringen ihn zum Schrein."
"Gieße einen Eimer Fische in sein Bett hinein."

Nachts brachte der Gärtner die Gründlinge zur Kammer,
die Braut goß sie auf den Gemahl, so daß er fuhr mit Jammer,
aus dem Bett, als der Fang auf ihm herumgesprungen:
"Jetzt hat es mich gegruselt. Weib, dir ists gelungen!“


Mittwoch, 11. Juni 2025

Der Froschkönig (Brüder Grimm) gereimt

In einer Zeit - man glaubt es glatt, 
als Wünschen noch geholfen hat,
lebte eine Königstochter, 
des Königs und des Hofes Wonne
schöner noch als selbst die Sonne, 
die sich wohl oft wundern mochte,
wenn sie in ihr Antlitz schien.

Nah beim Schlosse lag ein Wald
dann in diesem Walde bald,
fand sich eine große Linde und
an diesem kühlen Ort
saß am Brunnen jenes Mädchen
herzlich gern und spielte dort.

Eine Kugel ganz aus Gold
warf sie hoch und fing sie wieder
ihrem Spielzeug war sie hold,
und sang dabei Kinderlieder.

Eines Tages fiel die Kugel
nicht von oben in ihr Händchen,
sondern sie schlug auf den Stein
und sie sprang darauf vom Rändchen
platschend in das Nass hinein.

Mit großen Augen folgte ihr
nach die junge Werferin,
doch der Brunnen hier war tief,
tief und ohne Grund darin.

So weinte sie nun bitter drein
da rief jemand laut ihr zu:
„Bist du nicht die Königstochter?
Sag, was störst du meine Ruh,
und schreist, die Welt wär so gemein ?"

Sie blickte um sich voller Scham,
woher diese Stimme kam,
und sah einen Frosch der bläßlich
seinen Kopf, der dick und häßlich,
aus dem Brunnenwasser hob.

Und sie sagte ihm darob:
"Ach du bists, altes Wassertier!
Um einen goldnen Ball den meinen,
der an diesem Brunnen hier
mir aus meinen Händen fiel,
muss ich unaufhörlich weinen."

"Nun sei schon still und weine nicht",
sprach der Frosch mit viel Gespür.
"Denn ich bring ihn dir ans Licht,
doch was gibst du mir dafür?"

"Alles was du willst und mehr,
Kleider, Perlen, Edelsteine,
auch die Krone, die ich trage,
all das geb ich dir dafür,
wenn den Ball du bringst zutage."

„Kleider, Perlen, Edelsteine, 
und die goldne Krone deine,
will ich nicht, doch eine
Freundschaft und Gesellschaft fein,
will dein Spielgeselle sein.

Iss mit mir und trink mit mir 
vom Teller und aus goldnen Bechern
und zuletzt gib Zutritt mir,
zu deinen edlen Schlafgemächern!“

Und sie dachte, lass ihn schwatzen,
nur schnell herauf den goldnen Batzen!
Ein Frosch sitzt gern bei seinesgleichen
in den trüben Fröscheteichen.
Deshalb kann er keinesfalls
einem Mensch das Wasser reichen. 

„Bringst du meine Kugel mir,
bekommst du alles das dafür
was du dir wünschst und obendrauf
Küsschen noch von mir zuhauf.“

Der Lurch, sobald sie das gehaucht,
ist sogleich zum Grund getaucht,
sank hinab und kam dann wieder
aus dem Schacht heraufgekrochen.
Und aus dem Froschemaul hernieder,
fiel die Kugel wie versprochen.

Die Königstochter war voll Freude,
als sie ihr schönes Spielzeug sah,
sie hob es auf und sprang hinfort.
Der Frosch saß wie ein Pudel da.
Was galt der jungen Dame Wort?
"Warte, warte," rief der Frosch,
"nimm mich mit, ich bin so klein!"
Doch sie blieb taub und daher hüpfte
er den ganzen Weg allein.

Tags drauf hatte die Prinzessin alles wohl vergessen
und mit dem Hofstaat beim Salat zu Tische schon gesessen.
Da kam von der Marmortreppe "Plitscheplatsche" ein Geräusch
Und es klopfte an der Tür: "Ich rufe Königstochter, Euch!"

Sie lief die Treppen schnell herab, zu sehn, wer vor dem Tor,
doch als sie es öffnete, saß nur der Frosch davor.
Sie warf die Tür ins Schloß ganz ängstlich
und stieg dann zum Saal empor.

Der König sah, dass ihr das Herze klopfte bis zum Hals,
und sprach "Was ist da außerhalb unseres Portals?
Ists ein Riese der die Keule schwingt wie ein Barbar?"
"Nein da sitzet nur ein Frosch, der mein Retter war."

"Als im Wald ich gestern war und meine Kugel fiel,
in den tiefen Lindenbrunnen dann bei meinem Spiel,
Da weinte ich so bitterlich in allerhöchster Not,
dass jener Frosch mir gegen Pfand seine Hilfe bot.
So verlangte er durchaus, mein Gesell zu sein,
doch ich dacht niemals könnte er hier zur Tür herein.
Aber nun ist er da draußen justament am Schrei'n."

"Mach mir auf, mach mir auf, Königstochter, jüngste,
weißt du, was du mir versprachst für meine guten Dienste?"
"Was du ihm versprochen hast, musst du nun auch halten.
Mach ihm auf, gehorche deinem Vater, deinem alten!"

Sie öffnete die Tür betrübt und es sprang herein,
die Treppe hoch zu ihrem Stuhl, das freche Fröschelein.
Da saß es schließlich und es rief "Heb mich zu dir empor!"
Und es aß seinen Kopfsalat, bis ihr der Mut gefror. 

Gang für Gang ließ sich der Frosch die guten Speisen schmecken,
Ihr jedoch blieb jeder Bissen fast im Halse stecken.
Der Frosch bedankte sich bei ihr sehr für das Bankett,
"Nun bring mich, Mädchen," sagte er, "in dein Himmelbett!"

Der Königstochter schauderte es vor dem kalten Lurch.
Als sie ihn fasste fuhr ein rechter Ekel durch sie durch.
Der König aber zornig sprach "Du sollst ihn nicht verachten!
Er half dir und er darf dafür bei dir übernachten!"

Mit zwei Fingern trug sie ihn hinauf ins Ruhezimmer,
in ein Eck schob sie ihn schnell, doch kam es noch schlimmer,
denn gerade als sie ging zur verdienten Ruh,
kroch er heran "Ich will bequem schlafen so wie du."

Bitterböse warf sie nun den Quaker an die Wand,
mit vollen Kräften worauf er mit einem "Plopp" verschwand.
"Du alter garstger Forsch kannst nie zu meinem Freunde taugen!"
Doch nun stand da ein Königssohn mit wunderschönen Augen.

Eine Hexe hätte ihn verzaubert, eine böse,
und lange hätte er gewartet, dass man ihn erlöse.
Morgen würden sie dann reisen in sein Heimatreich,
Darauf gingen sie zu Bett und sie schliefen gleich.

Am andern Morgen als die helle Sonne sie geweckt,
kam ein Wagen vorgefahrn, mit Federn angesteckt,
Acht weiße Rosse standen da, in güldenem Gezäum,
von hinten rief ein Diener froh "Ach Prinz, wir kehren heim!"

Der Diener war der treue Heinrich der in seinem Schmerz,
drei harte Ringe hatte legen lassen um sein Herz.
Denn es sollte nicht vor lauter Traurigkeit zerspringen,
Bis er endlich könnt den Herrn heil nach Hause bringen.

Als sie dann ein Stück des langen Wegs gefahrn hernach,
gab es einen lauten Knall als ob ein Rad zerbrach.
Der Prinz schob seinen Kopf hinaus zum Fenster und er sprach:

"Heinrich der Wagen bricht!"
"Nein Herr der Wagen nicht,
es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen,
als Ihr in dem Brunnen saßt,
als ihr noch ein Fröschlein wart."

Noch einmal und noch einmal krachten auf dem Weg die Ringe
und zweimal fragte auch der Prinz, ob es zum Rechten ginge.
So reisten sie zum Märchenschloß und wie ich mich entsinne,
sind sie noch immer ganz wohlauf  und allerbester Dinge.


Das Mädchen ohne Hände Teil 5

Durch ein Loch im Felsgestein,
schlüpfte sie in eine Halle.
Bleich und dünn bei rotem Wein
warteten die Geister alle,
neben einer vollen Tafel
und im Schein der Kandelaber,
sehr vertieft in ihr Geschwafel,
an die hundertzwölf Kadaver.

“Iss mit uns und stärke dich!”
luden sie die Dame ein,
führten sie dann an den Tisch,
gaben ihr und schenkten ein,
süsse Früchte, Hasenbraten,
kühles Bier und heißen Tee.

“Liebe Frau, lass mich dir raten,
alles was ich vor mir seh,
ist für Lebewesen giftig.”
flüsterte ihr Mantel leise
und sie nahm, der Grund war triftig,
einen Biss von jeder Speise,
einen Schluck von jedem Trank,
doch in Wahrheit spuckte sie
alles unter ihre Bank.

Und erschrocken zuckte sie
als ein Geist sie höflich fragte:
„Wißt ihr wie es vor sich ging,
dass mein Sohn, der stets Verzagte,
plötzlich für Euch Feuer fing
und wie er danach entschieden,
eurer sicher überdrüssig,
sich mit Ihnen zu begnügen?
Das ergibt sich mir nicht schlüssig.“

„Frauchen wir sind selber schuld,
da wir unser Kind beschädigt.“
sprach ein zweiter mit Geduld.
"Und das Schicksal war uns gnädig,
dass das nette Frauenbild
sich mit unserm Sohn vermählte
und dass er auch zu ihr hielt
trotz des Herzstücks, das ihm fehlte.“

"Weil wir beide mangelhaft
und so voller Zweifel waren
hat es wohl für uns gepasst."
sprach die Frau, um fortzufahren:
„Freundschaft, Achtung und Geduld
sind die Bänder unsrer Liebe.
Sagt, wer hatte denn die Schuld,
wer schnitt denn so jung die Triebe
seines Herzens auseinander?“

„Ja, das war ein schweres Los.
Doch, mein Kind, das ist ein langer
Faden, den ich spinnen muss.
Reicht mir eure Hand zum Tanz,
lasst uns ein paar Runden drehen,
dann erzähle ich euch ganz,
was vor Jahren ist geschehen.“

Aus den Knocheninstrumenten
drangen grässliche Geräusche
zu dem Geisterdirigenten
und es hielten sich die Bäuche,
oder was davon geblieben,
alle, die den Jammer hörten
und die Stimmung war gestiegen
weil es quietschte, quäkte, röhrte.
Seit dem Jahr drölfhundertacht
oder wars drölfhundertneun
hat man nicht mehr so gelacht,
ach, wie war der Unfug fein.

Alles war alsbald gestimmt,
ausgebürstet und gereiningt
und das Tanzbein schwang beschwingt,
auch die Dame war beteiligt,
manche Königin samt Gatten.
„Meine Werte, Sie gestatten,
dass ich ihnen jetzt erzähle,
was seit einer Weile schon
brennt und liegt auf meiner Seele.“

Weiter ging’s im ernsten Ton:

Samstag, 26. April 2025

Das Mädchen ohne Hände Teil 4

Weit entfernt, auf einer Insel,
stand ein Grabmal an der See.
Efeu wuchs in jedem Winkel,
Mauern ragten aus dem Schnee.
"Wo die Wälder düster rauschen
und das Meer die Boote wiegt,
warten wir verwest und lauschen,
wie die Welt vorüberzieht.
Wir sind vom edlen Feengeschlecht,
doch liegen wir im Staube nieder,
bis bei großem Widerrecht
die alte Pracht erhebt sich wieder."

So sang der Wind und trug die Dame
langsam hin zum Boden dann,
die nun die Inansichtnahme,
der Versammelten begann.
Nymphen, Sylphen, Salamander,
Irrlichter und Wassermänner,
standen schimpfend beieinander
und man kam auf einen Nenner."

Dem Erdenreich, in großen Nöten,
seines Hauptes bös' beraubt,
sind zur Seite wir getreten.
Doch die Frage sei erlaubt:
Wo ist eure Anteilnahme,
wo ist euer Kontingent?"
"Ihr habt Recht.", sprach da die Dame
und hat ihren Stab geschwenkt.

Im Abendrot, getränkt in Flammen,
kamen Gnome, Faune, Trolle,
und Zentauren bald zusammen.
"Wenn ich Euch Respekt auch zolle,"
sprach der Herr der Seen und Meere,
als er aus den Reihen trat,
"aber selbst wenn alle Heere
man am Platz versammelt hat,
ist die Frage, welchen Gegner
man damit zu fällen denkt,
ob man mit Gewalt, verwegner,
oder List und Tücke kämpft."

"Laßt die Lage uns beraten."
schlug der Feuerkönig vor,
"Ungelegte Eier braten,
das ruft Hunger nur hervor."
So ließen sie sich auf der Lichtung
vor dem Königsgrabmal nieder
und sie schauten in die Richtung
des Geschehens dort hinüber.

Es saßen vor der Grabeshalle
zwei Figuren, schwarz und weiß.
Die Dame rief "Ach, sind das alle?"
Die Herren zischten “Seid doch leis!”
“Sie sind nur zwei, jedoch sie spielen
Töne, die immens betören.
Sieh die Krieger, die dort fielen,
schlafen, ohne aufzuhören.”

Von drüben kam nun leise, klagend,
eine Flötenmelodie,
Süßes Fordern mit sich tragend,
ihr zu folgen bis ans Ziel.
Ja und dann rannte sie querfeldein,
sprang über Stock und Stein
und dabei sah sie nicht mal,
wer auf dem Boden schlief,
oder wer nach ihr rief.
Das war ihr völlig egal.

“Ach, da bist du ja, mein Liebes!”
sprach der Engel hocherfreut.
"Nur der erste Teil des Spieles,
und ich hab ihn schon bereut."
grummelte der Teufel neidisch,
und rief: "Doppelt oder nichts!
Prüfen wir, ganz unparteiisch
ob sie hält, was sie verspricht!“

Die Dame sprach: „Du bist der Teufel,
der mir meine Hände nahm.“
„Ja, da stimmt, ganz ohne Zweifel,
und auch deinen Ehemann.“
"Nur den halben wirst du haben."
fing der Engel an zu lachen
"Die andre Hälfte liegt begraben,
wo die Feengeister wachen.

Diese Gruft wird streng behütet,
und du hast den Zugang nicht.
Die Gelegenheit gebietet,
da du einverstanden bist,
dass wir eine Wette schließen,
aufs Neue, ob die Königin,
wirklich steiget in die Tiefen,
um zu bergen, was darin.“

„Er ist bei Euch? Das will ich sehen,
als Beweis, dass Ihr nicht lügt.“
„Schau, du Herrscherin der Feen,
was in meinen Händen liegt!"
Der Teufel hielt in seinen Pranken
einen dunkelroten Stein.
Die Dame sagte, in Gedanken,
"Das kann nicht mein Gatte sein."
Der Kristall fing auf ihr Reden
an zu leuchten und zu pochen
und sie schluckte, fragte bebend:
„Teufel, was hast du verbrochen?“
„Das ist aber ungerecht!
Lass uns bei der Sache bleiben.
Machen wir ein Tauschgeschäft
mit dem Engel hier als Zeugen.
Dieses ist ein Herz, ein halbes,
und gehst du durch diese Tür
und bringst mir das andre halbe,
geb ich dir etwas dafür."

„Ich will meinen Ehemann.“
„Den kann ich dir gerne geben.
Ich will euer Söhnlein dann,
als ein Leben für ein Leben.“
Die Königin ging darauf ein,
sagte: „Alles wird sich fügen.“
und der Engel kam herbei,
mahnte: „Kind, lass dich nicht trügen!

Ich sag dir, du kommst nicht mehr
aus der Hexengruft heraus.“
Der Teufel sprach: „Was ist so schwer?
Das ist nur ein Knochenhaus.
Ich glaub schon, dass sie es schafft,
Eure werte Arroganz.
Also sei es abgemacht!
Schluss jetzt mit dem Firlefanz.“

Die Tore gingen schleifend auf,
als sie an die Pforte schlug
und es kam ein schwacher Hauch,
der noch Schatten mit sich trug.
Die Dame schritt beherzt ins Nichts,
auf breiten, ausgehaunen Stufen.
Ihrem Stab entsprang ein Licht
und dann hörte man sie rufen:
„Wie nützlich dieses Zepter ist!“

Wie sie lief, mit jedem Schritte,
wandelte ihr Umriss mit,
schwarz und fein wie Scherenschnitte,
wechselnd jeden Augenblick.
Manchmal dünn und manchmal breit,
zuckend, springend, Fratzen schneidend,
mal ein Wolf, zum Sprung bereit,
mal wie eine Schlange gleitend.
Als viel Zeit vergangen war
und sie das Gefühl verlor,
wo sie war und wann sie war,
drangen Schritte an ihr Ohr.
Sie hallten, wie die eigenen,
von einer Wand zur andern Wand,
bis auf der sich neigenden
Kurve noch ein Licht entstand.

Sie näherte sich angsterfüllt,
stand Angesicht zu Angesicht,
und blickte in ihr Spiegelbild
und sagte dann ganz lange nichts.
Ihr Konterfei sprach rauh und trocken:
„Hab gesucht und nichts gefunden
und die Geister hier gesprochen,
die an diesen Ort gebunden.

Glücklichsein ist uns verwehrt,
wärn wir nur zu Haus geblieben
warm am elterlichen Herd,
statt den König gar zu lieben,
etwas, dass wir nicht verdienen,
etwas, dass wir nur gestohlen.
Lass den Rückweg uns beginnen,
dass ist’s, was wir wirklich wollen.“

„Weißt du, wer mein Vater ist?“
frug die Dame, um zu prüfen.
„Arm und niedrig, ganz gewiss!“
„Komm wir gehen in die Tiefen,
du mein andres, falsches Ich.
Sei geherzt und sei willkommen.
Leg als Mantel dich um mich.
Hoppla, du hast Platz genommen!”

Montag, 21. April 2025

Die Lehren des E. A. Poe

Physikalisch richtig und doch phänomenal übertrieben schilderte Edgar Allan Poe bereits 1841 die Abdrift schnöder Holzboote und Fässer in den Gezeitenstrom zwischen den Lofoteninseln. Aber genau so wie der Held fährt auch die Seele zum Grund. Sie klammert sich an ein Holzfass und hofft nicht zu ertrinken. Die grimmigen Seeleute, die, taub und blind ob der Gefahr, schweigend ihre Arbeit verrichten, sind, was ihr von den Menschen zufällt. Mit ihnen zu sprechen ist Verzweiflung. Und dann ist da noch das Haus Usher, ein marodes Schloss auf sumpfigem Grunde, bewohnt von kranken und geisteskranken Adeligen. Ein Hort zwielichtiger Erscheinungen und Geräusche, der mit dem ihm innewohnenden Sterben noch vor Anbruch des Tages versinkt, allein der Gast kann fliehen. Das sind die inneren Landschaften, wer nur Gast ist, wer weglaufen kann, der berichte. "Nur eine Schauermär, Schauermär..." "Nein, es ist alles wahr!"

Einen unbefangenen Augenblick lang könntest du eine andere Welt entdecken, ganz ohne zu träumen, aber ins Träumen geraten. Während du im Internet bist, sitzt du in Wahrheit zwischen zwei Spiegeln. Jeden Tag, den du die Aussenwelt vergisst, rutschst du eine Reflektion weiter in den Hintergrund, immerfort, bis es dich irgendwann nicht mehr gibt. Und um so weiter du in den Hintergrund gerätst, desto mehr wehrst du dich, wirst noch zappeliger und ausgefallener, um aufzufallen und deine anderen Spiegelungen klatschen vielleicht ab und an Beifall.
Poe schrieb 1842 die Kurzgeschichte "Das ovale Portrait" in der eine junge Frau, während sie von ihrem Gatten detailversunken in ein Bild gemalt wird, langsam stirbt. Er hat damals nichts vom Internet gewusst, wohl aber etwas von Obsession und Sucht. Willkommen zwischen den Spiegeln. 

Mittwoch, 9. April 2025

Die Drusen (Geologische Satire)

Die Drusen sind dem Fachmann auch als Geoden bekannt. Es sind kleine harte Burschen mit einer Menge Kristalle im Bauch, was sie für den Menschen interessant macht und weswegen er sie gerne aufschlitzt, um die Innereien makaber in Schaufenstern und Vitrinen zu drapieren. Das Äussere hingegen ist unscheinbar ockern bis dünklich, wie bei den Vögeln ja auch die Gefiederfarben variieren.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Wuchshöhe. Hier kennt man die Zwergendrusen, die Normdrusen und die Minorität der Riesendrusen. Diese sind so gewaltig, dass einige Exemplare (sogenannte Jonasdrusen) gar von innen begehbar sein sollen. Ein drittes Merkmal sind die Innereien: Kalk, Braunspat, Quarz, Amethyst oder Zeolith. Die besonderen Amethystdrusen sind Schalenbewohner, gehüllt in nichts weniger als edlem Achat.

Will man die Drusen aufspüren, muss fachmännisches Wissen dem Hirnträger bleuig sein. Denn die Druse lebt unter Tage und nicht jeder, der einfach mit einem Spaten etwa blindlings ins Feld sticht, ist dem Feldspat mirnichtsunddirauchnichts fündig. Denn den Gängen des Erzes muss man kundig sein, wo sich die Drusen drängen und deren Nahrung das Erz ist. Und hier rät es sich, einen graubärtigen Gangführer zu bemühen, der mit Erfahrung die Erzrute zu zucken weis oder etwa ein abgerichtetes Drusenpferd, welches den Boden beschnüffelt, als treuen Begleiter zu küren.

Der junge Drusenjünger wandele, so unbesattelt, zuerst ein mal nach Drusethal, das einstige Mekka der Drusen. Dort kamen sie, in religiöser Verzückung, zu tausenden leichtsinnig an die Erdoberfläche (der Fachmann nennt das Hervorbrechen) und fielen dem energischen Steineklopfer leicht in die Hand. Viel zu spät geriet dieses Gebiet nun in Naturschutz, bevor der illegalen Drusenmafia das Handwerk gelegt werden konnte, wurden zu viele Exemplare für schnöden Mammon dem Boden entrissen, so dass die Drusen scheu wurden und das Gebiet bald mieden. Heute informieren eine Gedächtnisstätte und ein internationales Bildungszentrum über die damaligen Greueltaten und allgemeine Drusenkunde. Der Drusenjünger übe sich also in Geduld und Nachsicht. Entnimmt er dem natürlichen Lebensraum der Drusen zu viele solche, ist zum Beispiel ihre Vermehrung stark gefährdet, wie man dem folgenden Abschnitt entnehmen kann.

Die Fortbewegung der Drusen im Erdreich so wie im Felsgestein ist mühselig. Jeder Zentimeter dauert Jahre, das einfache Vor-die-Tür-gehen-und-Rauchen Jahrhunderte. Dabei hat die gemeine Druse selbst keine sichtbaren Fortbewegungsorgane, sondern segelt geschickt im tektonischen Aufwind. Deshalb ist auch die Populationentwicklung eine Sache von Zeitaltern. Doch der Drusenjäger muss noch keine tausend Jahre auf den nächsten Fang warten, denn glücklicherweise gab es dereinst eine feurige Zeit, als der Unterweltgott Pluto unseren Wandelstern enthusiastisch walkte und planschte und Fontänen schmiss und in die Badelava flatulierte. Aus diesen Blubberblasen, so erzählen sich die Drusen gerne bei Hundert-Jahres-Teegesellschaften, sind die ersten Drusen entstanden, um sich ihrer göttlichen Herkunft zu versichern. Aber naturlement ist das Kokolorus. Die Drusen pflanzen sich wie alle Lebewesen fort. Bei der Befruchtung wird ein kleiner Impfkristall in den Leib der Druse vom männlichen Exemplar in Sinnenfreude eingeschleust. Der wächst da im Kristallwasser der Mutter. Lange (genaue Zeitangaben leider nicht erhältlich). Irgendwann ist das Kind der Mutter gleich gross und es entsteht der Keimdrusen-Komplex, der sich teilt. Damit endet die Fortpflanzung und neues Liebesspiel kann beginnen.

Nicht alles ist nun falsch an den Sagen der Drusen. In den prähistorischen Zeiten der Heissweicherde war das Leben der Drusen viel zackiger, ja ein Fest. Sie konnten sich flugs herumflutschen und ihr Lebensrythmus war fast menschenähnlich. Aus dieser Zeit stammt noch fast sämtlich die heutige Gesamtpopulation, denn Drusen sind, so sie nicht zersägt werden, unsterblich. Das ist ein Geheimnis, welches es ihnen zu entreissen gilt, kommende Forschergenerationen werden dies unmissverständlich zeigen. Vielleicht findet auch der Mensch ein zufrieden Leben im Gestein: Die neue Langsamkeit? Deswegen noch ein letzter Appell: Schneiden sie keine gefundene Druse auf. Vergraben sie sie nach Klassifizierung und Beringung wieder in freier Wildbahn. 

Freitag, 28. März 2025

Das Mädchen ohne Hände Teil 3 (Grimm)

Die Wiesel waren eingespannt,
ihr Atem dampfte in der Kälte
als die Fürstin ihrem Mann
das neueste vom Tag erzählte 
„Diese eignen Hände meine
sind mir nicht so recht geheuer.
Heut nahm ich sie von der Leine
und sie gossen Öl ins Feuer!
Gestern rissen sie sich los
und sie schubsten unsre Magd.
Schätzelein, was mach ich bloß?"

"Hör, ich muss jetzt los zur Jagd.
Sperr die Tierchen in den Kobel
und ich will mich wohl beeilen
um nach Hatz auf Nerz und Zobel
bald bei unserm Kind zu weilen.
Bin ich nicht beizeit zurück,
schreib mir bitte einen Brief,
der mir zeugt von meinem Glück,
und wie die Geburt verlief."

Gesagt, getan, die Missetäter
saßen bald im Holzverschlag
und nur ein paar Tage später
war der Fürstin großer Tag.
Ein schönes Kindlein ward geboren,
rosig, wonnig und gesund
auch die Mutter war wohlauf.

Und nach etwa einer Stund
gab sie eine Nachricht auf
um dem Gatten mitzuteilen,
dass der Erbe munter sei
und es sollt der Bote eilen
gleich beim ersten Hahnenschrei.
Von fern her klang nun schrill und klagend
eine Flötenmelodie.
Neid und Missgunst mit sich tragend
auf die frische Harmonie.

Mit Knirschen löste sich ein Brett,
die Händchen liefen durch die Nacht,
bis zum Nachttisch bei dem Bett,
wo das Brieflein hingebracht
von dem Schreiber zur Verwahrung
doch die Pferdchen mit fünf Beinen
stahlen es zwecks Offenbarung.
Wem? Das bleibt noch im Geheimen.

Im weissen Schnee, mit rotem Kopf
saß der König auf dem Schlitten
denn es summte unterm Schopf
sein ganzer Schwarm von Wut-Hornissen.
Der Brief, den er gelesen hatte,
segelte im Wind davon
und er sagte ihre Worte,
fassungslos und ohne Ton.
„Mein Gatte, ich gebar das Kind
deines Bruders Flammenkönig.
Ich verlasse dich für ihn,
das tut mir leid,
wenn auch nur wenig.“

Der Bote sprach "Ihro Durchlaucht
wollen eine Antwort geben?"
„Mein Teuerster, was es hier braucht,
ist ein Kampf auf Tod und Leben!“
Der König schob das Kinn heraus
„Die Fahrt soll gleich zum Schlosse gehen.
Dort wollen wir, als Herr im Haus,
selber nach dem rechten sehen!“

Doch die Wiesel liefen seltsam
wirre Schleifen, weite Kreise.
Erst nach Wochen kam man an,
müde von der Heimwärtsreise.
Bei der Ankunft war das Schloss
verlassen, zugig, kalt und düster.
Licht, dass durch die Türe floss
zeigte eine Reihe wüst
zerschrammter liebgewordner Dinge.

"Oh ihr Räuber, wartet bloß,
bis ich euch zur Strecke bringe!"
rief der König und die Suche
ging durch schaurig stille Zimmer.
Aber letztlich stand zu Buche,
dass man keinen blassen Schimmer
vom Verbleib der Seinen hatte
und der König sprach bewegt:

„Meine Treuen, ich gestatte,
dass ihr euch zu Bett begebt.
Schließt die Türen fest sodann,
denn ich will es nicht riskieren,
auch nur einen weitren Mann
hier und heute zu verlieren."

Der König schreckte in der Nacht,
auf von einem lauten Klirren.
Er sprach „Hab ichs mir gedacht
oder sollte ich mich irren?
Die einz'gen Teile ihres Leibes,
die in meinem Schloss geblieben,
sind die Hände meines Weibes,
welche so viel Unfug trieben.”

Ein Händchen hob nun wie ein Mann
den Feuerhaken vom Kamin,
und es attackierte dann
den König, welcher darauf hin
das Schwert zog und die harten Schläge
wie ein rechter Held parierte,
als er sich, vom Schlaf noch träge,
fast den eignen Bart rasierte.
Es ging nach vorn, es ging zurück
es schepperte, die Funken flogen.
Dann verließ ihn das Geschick,
just, als er das Schwert erhoben.

Um die Beine wanden sich
Stricke und dabei ließ ihn
das liebe Gleichgewicht im Stich
und er fiel nach vorne hin.
Er rief dann "Hole mich der Teufel!
Hab nicht hinter mich geschaut.
Ohne Zweifel war's das zweite
Händchen, dass sich das getraut!"

Der Teufel kam mit einem Knall
"Lange hatte ich Geduld.
Du bist nun mein Knecht, Vasall
und das ganz aus eigner Schuld."
Die Sonne brachte es zutage,
dass der König misslich fehlte.
Lasst uns sehen, welche Pfade
die Dame ohne Hände wählte.

Dieselbe lief, zuerst allein,
mit ihrem Kindlein durch den Schnee.
Dann rieselte zunächst ein Stein,
dann brach ein Ästlein in der Näh.
Hier ein Flüstern, da ein Hut,
dann reichte es der Königin.
So rief sie "Fasset Euren Mut,
und stellt euch einmal vor mir hin."

Rosa Punkte zeigten sich
schüchtern hinter Strauch und Baum.
„Lässt mich der Verstand im Stich?“
fragte sie, „Ich glaub es kaum!
Seid ihr alle, meine Lieben,
mir auf eigne Faust gefolgt?
Wer ist dann im Schloss geblieben?
Seht, das ihr euch heimwärts trollt!“

„Wir hatten“, so sprach nun die Amme,
„Angst um Euch und euer Kind.
Doch ist and'res noch im Gange,
weshalb wir so zahlreich sind.
Doch sagt erst, oh Königin,
warum habt ihr uns verlassen?
Sprecht, was hattet ihr im Sinn,
so einen Entschluss zu fassen?“

„Ich lese euch, ihr lieben Leute
vor, was mir mein Mann geschrieben.
Dann verstehet ihr noch heute,
was mich von euch fortgetrieben.
‚Meine werte Angetraute,
schändlich hast du den belogen,
der auf deine Treue baute
und ihn um sein Kind betrogen.
Nimmermehr will ich dich sehen,
geh und komm nicht mehr zurück.
Magst zum Feuerkönig gehen.
Lebewohl, ich wünsch dir Glück!‘

Diese Worte, falsch und schwer,
möcht ich mit dem König klären.
Doch was führet euch hierher?
Alles drängt mich, dies zu hören."
"Eure bösen Hände wurden
schlimmer noch als Ihr gegangen.
Kaum, dass wir noch schlafen durften
und sie ließen sich nicht fangen.“
„Eine sprang mir in mein Essen.“
„Eine würgte mich einmal.“
"Eine, ach ich habs vergessen!“
sprach der greise Hofmarschall.

"Wir sorgten uns um unser Leben,
deshalb sind wir nachgekommen
um Euch dieses hier zu geben,
was wir aus dem Schloß entnommen.
Das eine ist das 'Horn der Vier',
nicht, um Met daraus zu leeren,
nein man bläst es so und hier.
Um den Bruderbund zu ehren,
kommt nun je nach dem Signal
einer der vier Könige
zu Hilfe fast in jedem Fall.

Das zweite ist das 'Ewige
Zepter aller Erdenfeen'.
Es verleiht dir, Königliche,
Macht, im Kampfe zu bestehen.
Schwingt's gemäß dem Protokolle
und es werden sich erheben
aus der Erde große Trolle
um dir den Salut zu geben."

„Das Horn blas' ich gleich jetzt und hier.“
sprach die Dame vor sich hin
„Und vielleicht gelingt es mir
meinen Gatten anzuziehen.“
Nun tat sie, wie ihr geheißen
und der Ton rief laut und klar,
doch das Echo war die einzge
Antwort, die zu hören war.

Dann rief sie den Sturm, der sprach:
„Komm wir warten schon auf dich!
Fühlst du nicht das Ungemach?
Lass den Ärmsten nicht im Stich!“
„Sturmwind, zeige mir wohin!“
“Ich trag dich auf meinem Rücken
und du kannst, wenn wir erst dort sind,
all das Üble selbst erblicken.“
Das Kind gab sie an ihre Amme,
dann hob der Wind sie schnaufend hoch.
Von weitem sah sie eine Schlange
banger kleiner Wichtel noch.

Der Sturmwind seufzte schauerlich,
als sie durch die Lüfte glitten,
"Es ist sehr bedauerlich.
Ihr habt beide viel gelitten.
Unser Bruder ist zwar tüchtig,
und auch voller Leidenschaft.
Doch er ist auch eifersüchtig
und das macht ihn wankelhaft.
Keinem kann er ganz vertrauen,
niemand kann er wirklich lieben
und so ward er von den Frauen
als 'König Halbherz' oft beschrieben."




Resteküche:

Die Feenkönge wollte ich
länger schon in meiner Gewalt
wegen ihrer 

Der Engel kommt und gibt ihr das Herz
… die Hände sind wieder an ihrem Platz.


vor dem Grabmal sitzen die zwei Flötenspieler, einer hat das halbe Herz des Königs als Geisel.

Die Königin muss in das Labyrinth des Grabmals 

herabsteigen; wo sie auf die Erinnerungen des Königs trifft, auch auf sich selbst. Sie muss gegen den Vater des Königs kämpfen, der das andere halbe Herz hat. Dabei setzt sie das Zepter und die Geschenke der Könige ein, um zu gewinnen.

Der Engel schickt die Hände, die er vom Teufel gewonnen hat, um vom Teufel die Herzhälfte zu stehlen und sie der Königin zu bringen. Die zwei verschwinden durch den Hintereingang. Der Teufel wartet, merkt, was passiert ist und will in die Gruft eindringen. Darauf hin gibt es ärger und einen Kampf mit Geistern und evtl der Armee. Das paar holt das Kind ab und macht sich auf den Weg zu ihren Eltern.


nimm dieses Krüglein und darin
soll immer klares Wasser sein
nimm dieses Scheitlein und daran
soll immer eine Flamme sein
nimm dieses Säcklein und darin
soll immer etwas Essen sein

Dass die Hölle zugefriert?

Und die Moral am End ist:
Wenn dir die Hände genommen,
dann braucht es einen Engel,
um sie wieder zurück zu bekommen.