Dienstag, 8. April 2025

Das Mädchen ohne Hände Teil 4 (Grimm)

Weit entfernt, auf einer Insel,
stand ein Grabmal an der See.
Efeu wuchs in jedem Winkel,
Mauern ragten aus dem Schnee.
"Wo die Wälder düster rauschen
und das Meer die Boote wiegt,
warten wir verwest und lauschen,
wie die Welt vorüberzieht.
Wir sind vom edlen Feengeschlecht,
doch liegen wir im Staube nieder,
bis bei großem Widerrecht
die alte Pracht erhebt sich wieder."

So sang der Wind und trug die Dame
langsam hin zum Boden dann,
die nun die Inansichtnahme,
der Versammelten begann.
Nymphen, Sylphen, Salamander,
Irrlichter und Wassermänner,
standen schimpfend beieinander
und man kam auf einen Nenner.

"Dem Erdenreich, in großen Nöten,
ihres Hauptes bös' beraubt,
sind zur Seite wir getreten.
Doch die Frage sei erlaubt:
Wo ist eure Anteilnahme,
wo ist euer Kontingent?"
"Ihr habt Recht.", sprach da die Dame
und hat ihren Stab geschwenkt.

Im Abendrot, getränkt in Flammen,
kamen Gnome, Faune, Trolle,
und Zentauren bald zusammen.
"Wenn ich Euch Respekt auch zolle,"
sprach der Herr der Seen und Meere,
als er aus den Reihen trat,
"aber selbst wenn alle Heere
man am Platz versammelt hat,
ist die Frage, welchen Gegner
man damit zu fällen denkt,
ob man mit Gewalt, verwegner,
oder List und Tücke kämpft."

"Laßt die Lage uns beraten."
schlug der Feuerkönig vor,
"Ungelegte Eier braten,
das ruft Hunger nur hervor."
So ließen sie sich auf der Lichtung
vor dem Königsgrabmal nieder
und sie schauten in die Richtung
des Geschehens dort hinüber.

Es saßen vor der Grabeshalle
zwei Figuren, schwarz und weiß.
Die Dame rief "Ach, sind das alle?"
Die Herren zischten “Seid doch leis!”
“Sie sind nur zwei, jedoch sie spielen
Töne, die immens betören.
Sieh die Krieger, die dort fielen,
schlafen, ohne aufzuhören.”

Von drüben kam nun leise, klagend,
eine Flötenmelodie,
Süßes Fordern mit sich tragend,
ihr zu folgen bis ans Ziel.
Ja und dann rannte sie querfeldein,
sprang über Stock und Stein
und dabei sah sie nicht mal,
wer auf dem Boden schlief,
oder wer nach ihr rief.
Das war ihr völlig egal.

“Ach, da bist du ja, mein Liebes!”
sprach der Engel hocherfreut.
"Nur der erste Teil des Spieles,
und ich hab ihn schon bereut."
grummelte der Teufel neidisch,
und rief: "Doppelt oder nichts!
Prüfen wir, ganz unparteiisch
ob sie hält, was sie verspricht!“

Die Dame sprach: „Du bist der Teufel,
der mir meine Hände nahm.“
„Ja, da stimmt, ganz ohne Zweifel,
und auch deinen Ehemann.“
"Nur den halben wirst du haben."
fing der Engel an zu lachen
"Die andre Hälfte liegt begraben,
wo die Feengeister wachen.

Diese Gruft wird streng behütet,
und du hast den Zugang nicht.
Die Gelegenheit gebietet,
da du einverstanden bist,
dass wir eine Wette schließen,
aufs Neue, ob die Königin,
wirklich steiget in die Tiefen,
um zu bergen, was darin.“

„Er ist bei Euch? Das will ich sehen,
als Beweis, dass Ihr nicht lügt.“
„Schau, du Herrscherin der Feen,
was in meinen Händen liegt!"
Der Teufel hielt in seinen Pranken
einen dunkelroten Stein.
Die Dame sagte, in Gedanken,
"Das kann nicht mein Gatte sein."

Der Kristall fing auf ihr Reden
an zu leuchten und zu pochen
und sie schluckte, fragte bebend:
„Teufel, was hast du verbrochen?“
„Das ist aber ungerecht!
Lass uns bei der Sache bleiben.
Machen wir ein Tauschgeschäft
mit dem Engel hier als Zeugen.
Dieses ist ein Herz, ein halbes,
und gehst du durch diese Tür
und bringst mir das andre halbe,
geb ich dir etwas dafür."

„Ich will meinen Ehemann.“
„Den kann ich dir gerne geben.
Ich will euer Söhnlein dann,
als ein Leben für ein Leben.“
Die Königin ging darauf ein,
sagte: „Alles wird sich fügen.“
und der Engel kam herbei,
mahnte: „Kind, lass dich nicht trügen!

Ich sag dir, du kommst nicht mehr
aus der Hexengruft heraus.“
Der Teufel sprach: „Was ist so schwer?
Das ist nur ein Knochenhaus.
Ich glaub schon, dass sie es schafft,
Eure werte Arroganz.
Also sei es abgemacht!
Schluss jetzt mit dem Firlefanz.“

Die Tore gingen schleifend auf,
als sie an die Pforte schlug
und es kam ein schwacher Hauch,
der … mit sich trug.
Die Dame schritt beherzt ins Dunkle
auf breiten, ausgehaunen Stufen.

Sonntag, 30. März 2025

Die Drusen (Geologische Satire)

Die Drusen sind dem Fachmann auch als Geoden bekannt. Es sind kleine harte Burschen mit einer Menge Kristalle im Bauch, was sie für den Menschen interessant macht und weswegen er sie gerne aufschlitzt, um die Innereien makaber in Schaufenstern und Vitrinen zu drapieren. Das Äussere hingegen ist unscheinbar ockern bis dünklich, wie bei den Vögeln ja auch die Gefiederfarben variieren.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Wuchshöhe. Hier kennt man die Zwergendrusen, die Normdrusen und die Minorität der Riesendrusen. Diese sind so gewaltig, dass einige Exemplare (sogenannte Jonasdrusen) gar von innen begehbar sein sollen. Ein drittes Merkmal sind die Innereien: Kalk, Braunspat, Quarz, Amethyst oder Zeolith. Die besonderen Amethystdrusen sind Schalenbewohner, gehüllt in nichts weniger als edlem Achat.

Will man die Drusen aufspüren, muss fachmännisches Wissen dem Hirnträger bleuig sein. Denn die Druse lebt unter Tage und nicht jeder, der einfach mit einem Spaten etwa blindlings ins Feld sticht, ist dem Feldspat mirnichtsunddirauchnichts fündig. Denn den Gängen des Erzes muss man kundig sein, wo sich die Drusen drängen und deren Nahrung das Erz ist. Und hier rät es sich, einen graubärtigen Gangführer zu bemühen, der mit Erfahrung die Erzrute zu zucken weis oder etwa ein abgerichtetes Drusenpferd, welches den Boden beschnüffelt, als treuen Begleiter zu küren.

Der junge Drusenjünger wandele, so unbesattelt, zuerst ein mal nach Drusethal, das einstige Mekka der Drusen. Dort kamen sie, in religiöser Verzückung, zu tausenden leichtsinnig an die Erdoberfläche (der Fachmann nennt das Hervorbrechen) und fielen dem energischen Steineklopfer leicht in die Hand. Viel zu spät geriet dieses Gebiet nun in Naturschutz, bevor der illegalen Drusenmafia das Handwerk gelegt werden konnte, wurden zu viele Exemplare für schnöden Mammon dem Boden entrissen, so dass die Drusen scheu wurden und das Gebiet bald mieden. Heute informieren eine Gedächtnisstätte und ein internationales Bildungszentrum über die damaligen Greueltaten und allgemeine Drusenkunde. Der Drusenjünger übe sich also in Geduld und Nachsicht. Entnimmt er dem natürlichen Lebensraum der Drusen zu viele solche, ist zum Beispiel ihre Vermehrung stark gefährdet, wie man dem folgenden Abschnitt entnehmen kann.

Die Fortbewegung der Drusen im Erdreich so wie im Felsgestein ist mühselig. Jeder Zentimeter dauert Jahre, das einfache Vor-die-Tür-gehen-und-Rauchen Jahrhunderte. Dabei hat die gemeine Druse selbst keine sichtbaren Fortbewegungsorgane, sondern segelt geschickt im tektonischen Aufwind. Deshalb ist auch die Populationentwicklung eine Sache von Zeitaltern. Doch der Drusenjäger muss noch keine tausend Jahre auf den nächsten Fang warten, denn glücklicherweise gab es dereinst eine feurige Zeit, als der Unterweltgott Pluto unseren Wandelstern enthusiastisch walkte und planschte und Fontänen schmiss und in die Badelava flatulierte. Aus diesen Blubberblasen, so erzählen sich die Drusen gerne bei Hundert-Jahres-Teegesellschaften, sind die ersten Drusen entstanden, um sich ihrer göttlichen Herkunft zu versichern. Aber naturlement ist das Kokolorus. Die Drusen pflanzen sich wie alle Lebewesen fort. Sie sind streng monogam. Bei der Befruchtung wird ein kleiner Impfkristall in den Leib der Druse vom männlichen Exemplar in Sinnenfreude eingeschleust. Der wächst da im Kristallwasser der Mutter. Lange (genaue Zeitangaben leider nicht erhältlich). Irgendwann ist das Kind der Mutter gleich gross und es entsteht der Keimdrusen-Komplex, der sich teilt. Damit endet die Fortpflanzung und neues Liebesspiel kann beginnen.

Nicht alles ist nun falsch an den Sagen der Drusen. In den prähistorischen Zeiten der Heissweicherde war das Leben der Drusen viel zackiger, ja ein Fest. Sie konnten sich flugs herumflutschen und ihr Lebensrythmus war fast menschenähnlich. Aus dieser Zeit stammt noch fast sämtlich die heutige Gesamtpopulation, denn Drusen sind, so sie nicht zersägt werden, unsterblich. Das ist ein Geheimnis, welches es ihnen zu entreissen gilt, kommende Forschergenerationen werden dies unmissverständlich zeigen. Vielleicht findet auch der Mensch ein zufrieden Leben im Gestein: Die neue Langsamkeit? Deswegen noch ein letzter Appell: Schneiden sie keine gefundene Druse auf. Vergraben sie sie nach Klassifizierung und Beringung wieder in freier Wildbahn.

Freitag, 28. März 2025

Das Mädchen ohne Hände Teil 3 (Grimm)

Die Wiesel waren eingespannt,
ihr Atem dampfte in der Kälte
als die Fürstin ihrem Mann
das neueste vom Tag erzählte 
„Diese eignen Hände meine
sind mir nicht so recht geheuer.
Heut nahm ich sie von der Leine
und sie gossen Öl ins Feuer!
Gestern rissen sie sich los
und sie schubsten unsre Magd.
Schätzelein, was mach ich bloß?"

"Hör, ich muss jetzt los zur Jagd.
Sperr die Tierchen in den Kobel
und ich will mich wohl beeilen
um nach Hatz auf Nerz und Zobel
bald bei unserm Kind zu weilen.
Bin ich nicht beizeit zurück,
schreib mir bitte einen Brief,
der mir zeugt von meinem Glück,
und wie die Geburt verlief."

Gesagt, getan, die Missetäter
saßen bald im Holzverschlag
und nur ein paar Tage später
war der Fürstin großer Tag.
Ein schönes Kindlein ward geboren,
rosig, wonnig und gesund
auch die Mutter war wohlauf.

Und nach etwa einer Stund
gab sie eine Nachricht auf
um dem Gatten mitzuteilen,
dass der Erbe munter sei
und es sollt der Bote eilen
gleich beim ersten Hahnenschrei.
Von fern her klang nun schrill und klagend
eine Flötenmelodie.
Neid und Missgunst mit sich tragend
auf die frische Harmonie.

Mit Knirschen löste sich ein Brett,
die Händchen liefen durch die Nacht,
bis zum Nachttisch bei dem Bett,
wo das Brieflein hingebracht
von dem Schreiber zur Verwahrung
doch die Pferdchen mit fünf Beinen
stahlen es zwecks Offenbarung.
Wem? Das bleibt noch im Geheimen.

Im weissen Schnee, mit rotem Kopf
saß der König auf dem Schlitten
denn es summte unterm Schopf
sein ganzer Schwarm von Wut-Hornissen.
Der Brief, den er gelesen hatte,
segelte im Wind davon
und er sagte ihre Worte,
fassungslos und ohne Ton.
„Mein Gatte, ich gebar das Kind
deines Bruders Flammenkönig.
Ich verlasse dich für ihn,
das tut mir leid,
wenn auch nur wenig.“

Der Bote sprach "Ihro Durchlaucht
wollen eine Antwort geben?"
„Mein Teuerster, was es hier braucht,
ist ein Kampf auf Tod und Leben!“
Der König schob das Kinn heraus
„Die Fahrt soll gleich zum Schlosse gehen.
Dort wollen wir, als Herr im Haus,
selber nach dem rechten sehen!“

Doch die Wiesel liefen seltsam
wirre Schleifen, weite Kreise.
Erst nach Wochen kam man an,
müde von der Heimwärtsreise.
Bei der Ankunft war das Schloss
verlassen, zugig, kalt und düster.
Licht, dass durch die Türe floss
zeigte eine Reihe wüst
zerschrammter liebgewordner Dinge.

"Oh ihr Räuber, wartet bloß,
bis ich euch zur Strecke bringe!"
rief der König und die Suche
ging durch schaurig stille Zimmer.
Aber letztlich stand zu Buche,
dass man keinen blassen Schimmer
vom Verbleib der Seinen hatte
und der König sprach bewegt:

„Meine Treuen, ich gestatte,
dass ihr euch zu Bett begebt.
Schließt die Türen fest sodann,
denn ich will es nicht riskieren,
auch nur einen weitren Mann
hier und heute zu verlieren."

Der König schreckte in der Nacht,
auf von einem lauten Klirren.
Er sprach „Hab ichs mir gedacht
oder sollte ich mich irren?
Die einz'gen Teile ihres Leibes,
die in meinem Schloss geblieben,
sind die Hände meines Weibes,
welche so viel Unfug trieben.”

Ein Händchen hob nun wie ein Mann
den Feuerhaken vom Kamin,
und es attackierte dann
den König, welcher darauf hin
das Schwert zog und die harten Schläge
wie ein rechter Held parierte,
als er sich, vom Schlaf noch träge,
fast den eignen Bart rasierte.
Es ging nach vorn, es ging zurück
es schepperte, die Funken flogen.
Dann verließ ihn das Geschick,
just, als er das Schwert erhoben.

Um die Beine wanden sich
Stricke und dabei ließ ihn
das liebe Gleichgewicht im Stich
und er fiel nach vorne hin.
Er rief dann "Hole mich der Teufel!
Hab nicht hinter mich geschaut.
Ohne Zweifel war's das zweite
Händchen, dass sich das getraut!"

Der Teufel kam mit einem Knall
"Lange hatte ich Geduld.
Du bist nun mein Knecht, Vasall
und das ganz aus eigner Schuld."
Die Sonne brachte es zutage,
dass der König misslich fehlte.
Lasst uns sehen, welche Pfade
die Dame ohne Hände wählte.

Dieselbe lief, zuerst allein,
mit ihrem Kindlein durch den Schnee.
Dann rieselte zunächst ein Stein,
dann brach ein Ästlein in der Näh.
Hier ein Flüstern, da ein Hut,
dann reichte es der Königin.
So rief sie "Fasset Euren Mut,
und stellt euch einmal vor mir hin."

Rosa Punkte zeigten sich
schüchtern hinter Strauch und Baum.
„Lässt mich der Verstand im Stich?“
fragte sie, „Ich glaub es kaum!
Seid ihr alle, meine Lieben,
mir auf eigne Faust gefolgt?
Wer ist dann im Schloss geblieben?
Seht, das ihr euch heimwärts trollt!“

„Wir hatten“, so sprach nun die Amme,
„Angst um Euch und euer Kind.
Doch ist and'res noch im Gange,
weshalb wir so zahlreich sind.
Doch sagt erst, oh Königin,
warum habt ihr uns verlassen?
Sprecht, was hattet ihr im Sinn,
so einen Entschluss zu fassen?“

„Ich lese euch, ihr lieben Leute
vor, was mir mein Mann geschrieben.
Dann verstehet ihr noch heute,
was mich von euch fortgetrieben.
‚Meine werte Angetraute,
schändlich hast du den belogen,
der auf deine Treue baute
und ihn um sein Kind betrogen.
Nimmermehr will ich dich sehen,
geh und komm nicht mehr zurück.
Magst zum Feuerkönig gehen.
Lebewohl, ich wünsch dir Glück!‘

Diese Worte, falsch und schwer,
möcht ich mit dem König klären.
Doch was führet euch hierher?
Alles drängt mich, dies zu hören."
"Eure bösen Hände wurden
schlimmer noch als Ihr gegangen.
Kaum, dass wir noch schlafen durften
und sie ließen sich nicht fangen.“
„Eine sprang mir in mein Essen.“
„Eine würgte mich einmal.“
"Eine, ach ich habs vergessen!“
sprach der greise Hofmarschall.

"Wir sorgten uns um unser Leben,
deshalb sind wir nachgekommen
um Euch dieses hier zu geben,
was wir aus dem Schloß entnommen.
Das eine ist das 'Horn der Vier',
nicht, um Met daraus zu leeren,
nein man bläst es so und hier.
Um den Bruderbund zu ehren,
kommt nun je nach dem Signal
einer der vier Könige
zu Hilfe fast in jedem Fall.

Das zweite ist das 'Ewige
Zepter aller Erdenfeen'.
Es verleiht dir, Königliche,
Macht, im Kampfe zu bestehen.
Schwingt's gemäß dem Protokolle
und es werden sich erheben
aus der Erde große Trolle
um dir den Salut zu geben."

„Das Horn blas' ich gleich jetzt und hier.“
sprach die Dame vor sich hin
„Und vielleicht gelingt es mir
meinen Gatten anzuziehen.“
Nun tat sie, wie ihr geheißen
und der Ton rief laut und klar,
doch das Echo war die einzge
Antwort, die zu hören war.

Dann rief sie den Sturm, der sprach:
„Komm wir warten schon auf dich!
Fühlst du nicht das Ungemach?
Lass den Ärmsten nicht im Stich!“
„Sturmwind, zeige mir wohin!“
“Ich trag dich auf meinem Rücken
und du kannst, wenn wir erst dort sind,
all das Üble selbst erblicken.“
Das Kind gab sie an ihre Amme,
dann hob der Wind sie schnaufend hoch.
Von weitem sah sie eine Schlange
banger kleiner Wichtel noch.

Der Sturmwind seufzte schauerlich,
als sie durch die Lüfte glitten,
"Es ist sehr bedauerlich.
Ihr habt beide viel gelitten.
Unser Bruder ist zwar tüchtig,
und auch voller Leidenschaft.
Doch er ist auch eifersüchtig
und das macht ihn wankelhaft.
Keinem kann er ganz vertrauen,
niemand kann er wirklich lieben
und so ward er von den Frauen
als 'König Halbherz' oft beschrieben."








Resteküche:

Die Feenkönge wollte ich
länger schon in meiner Gewalt
wegen ihrer 

Der Engel kommt und gibt ihr das Herz
… die Hände sind wieder an ihrem Platz.


vor dem Grabmal sitzen die zwei Flötenspieler, einer hat das halbe Herz des Königs als Geisel.

Die Königin muss in das Labyrinth des Grabmals 

herabsteigen; wo sie auf die Erinnerungen des Königs trifft, auch auf sich selbst. Sie muss gegen den Vater des Königs kämpfen, der das andere halbe Herz hat. Dabei setzt sie das Zepter und die Geschenke der Könige ein, um zu gewinnen.

Der Engel schickt die Hände, die er vom Teufel gewonnen hat, um vom Teufel die Herzhälfte zu stehlen und sie der Königin zu bringen. Die zwei verschwinden durch den Hintereingang. Der Teufel wartet, merkt, was passiert ist und will in die Gruft eindringen. Darauf hin gibt es ärger und einen Kampf mit Geistern und evtl der Armee. Das paar holt das Kind ab und macht sich auf den Weg zu ihren Eltern.


nimm dieses Krüglein und darin
soll immer klares Wasser sein
nimm dieses Scheitlein und daran
soll immer eine Flamme sein
nimm dieses Säcklein und darin
soll immer etwas Essen sein

Dass die Hölle zugefriert?

Und die Moral am End ist:
Wenn dir die Hände genommen,
dann braucht es einen Engel,
um sie wieder zurück zu bekommen.

Werte

Mancher geht gern am Geländer,
blinzelt schaudernd über Ränder,
rechts und links nur Abgünd' gähnen,
hach wie schön ist's da zu wähnen,
fast die Augen könnt man schliessen,
um die Führung zu geniessen.

Diese starken, klaren Stützen,
die vor irren Wegen schützen.
So zu höherem gerufen,
nimmt man lässig alle Stufen.

Kommt das Ende denkt man heiter:
In die Richtung muss ich weiter!
Blind, frohgemut und hirnverbrannt,
läuft man gegen eine Wand. 

Mittwoch, 19. März 2025

Einmaleins der Poesie

1. Als erstes sucht ihr euch ein Reimschema aus: ABAB, ABBA und AABB sind die einfachsten Reimschemen und fürs erste völlig ausreichend. Innerhalb eines Gedichtes kann man gerne mal das Schema wechseln, um Dynamik reinzubringen.
2. Silbenzählen: sich reimende Zeilen (A und A bzw. B und B) sollten die gleiche Silbenzahl haben, maximal eine mehr oder eine weniger. Falsche Silbenzahlen sind der häufigste Fehler, den aber nicht nur Anfänger machen. Dazu muss man sich nur mal Goethes "Faust" oder Heines "Deutschland. Ein Wintermärchen" ansehen. Wörter kann man strecken oder kürzen, um Silbenzahlen anzupassen (z.B. lieg‘ für liege oder lieget für liegt). Oft werden auch umgangssprachlich Wörter gekürzt  (warn für waren, sahn für sahen). A und B, die sich ja nicht reimen müssen, können unterschiedliche Silbenzahlen haben.
3. Wortbetonung: machmal erzwingen Reime falsche Betonungen, dann kann man z.B. andere Worte wählen.
4. Wortfluss: besonders lange Wörter mit vielen Konsonanten hemmen den Wortfluss. Die Sprache soll so natürlich wie möglich klingen.
5. Vorlesen: Deshalb das Geschriebene regelmäßig laut vorlesen, um Betonung und Wortfluss zu überprüfen.
6. Sprachmelodie: Wenn man schon eine Melodie für den Text im Kopf hat, fällt alles viel leichter. Wenn man eine Sprachmelodie herausbekommen will, geht man folgendermaßen vor: Man ersetzt alle Silben in einem Satz durch eine einzige, wie da, di oder la. Dann liest man diese Silbenfolge mit der gleichen Betonung vor wie den originalen Satz und schon stellt es sich heraus, dass man einige Silben höher ausspricht als andere oder lauter als andere oder länger als andere. Das ist schon so etwas ähnliches wie musikalische Noten. Mit dieser Methode kann man auch herausfinden, wann eine Zeile "ins Stocken gerät".
7. „Waisen“: besonders bei ABAB Reimen kann es passieren, dass man aus Versehen Zeilen ohne Reim stehen läßt. Das ist besonders ärgerlich, wenn man schon viel weiter gedichtet hat und alles nochmal aufdröseln muss. Als Schnellreparatur kann man eine weitere Reimzeile dranhängen.
8. Wortlänge: ein- und zweisilbige Wörter klingen in Gedichten am besten. Dreisilbige Wörter am besten nur eins pro Zeile. Vier- und mehrsilbige Wörter sind wie teure Gewürze, besser sparsam verwenden. Sätze können dahingegen ruhig lang sein und möglichst viele Bindewörter wie und, aber, oder haben.
9. Adjektive: helfen, den Text besonders audiovisuell zu verstehen. Adjektive am Zeilenende nach einem Komma sollte man unbedingt vermeiden. (Schlechtes Beispiel: „Sie kamen zu dem Hause, kalt. Darinnen standen Möbel, alt“ Besser: "Sie traten in das alte Haus, die Möbel sahen modrig aus."). Dies ist der zweithäufigste Anfängerfehler. 
10. Wortwahl: "Beamtendeutsch" am besten vermeiden und umgangssprachlich einfach schreiben. Die Wortwahl auch an die Figuren oder das Thema anpassen. Es gibt einige Wörter, die nur noch in Gedichten verwendet werden, wie "ward" für wurde und "frug" für fragte.
11. Reime finden: Dafür gibt es online Hilfe. Einfach mal nach "Was reimt sich auf ..." suchen. Gibt es keinen passenden Reim, hilft oft ein Synonym, welches dann einen passenden Reim hat. Dann sucht man nach "Synonym für ..."
12. Manche Gedichte kann man nur flüssig vorlesen, wenn man die richtige Silbe in der Zeile besonders betont. Das passiert oft bei langen Gedichtzeilen und ist dann eine Herausforderung für den Vorlesenden, weil der sich extra Hervorhebungen markieren muss. Dies ist ein Fehler für Fortgeschrittene. Auch hier ist Goethes "Faust" das beste Beispiel. 
13. In Prosa kann man alle erdenkliche Information hineinpacken. Sie gleicht einem barocken Ölgemälde. In Lyrik bzw. Gedichten muss man minimalistisch arbeiten. Das gleicht einer Zeichnung mit Tusche, Stift, Kreide oder Aquarell. Daher muss man planen, wohin man den Blick des Zuschauers lenkt. Ein Teil der Szene wird besonders hervorgehoben, der Rest bleibt schemenhaft. Wenn beim Leser trotzdem der Eindruck eines kompletten Bildes entsteht, hat man alles richtig gemacht.

Samstag, 15. März 2025

Douglas Adams' 6x9=42 solved


According to Douglas Adams, the answer to the ultimate question about the meaning of life, the universe and everything is simple: 42. And the ultimate question is: What is 6 multiplied by 9, which is definitely not 42 but 54. So how can six times nine equal forty-two? Before we can answer this we have to ask another question: Why is 6 afraid of 7? Because 7 ate 9! In my opinion, 6x9=42 if 789 (7 ate 9). The nine becomes an imaginary number. With the seven-nine as a complex number, the whole thing then could be expressed in this way: 6x(7+9i)=(42+54i). Its funny that the digit sum of 42 is 6, the digit sum of 54 is 9 and 42+54=96.

So far so good. Since writing is seldom a logical process, here are my best guesses for the autors personal motivations for the numbers: forty-two is the age of Chrono when the book "The Sirens of Titan" from Kurt Vonnegut ends. If you read the volume, you learn that Chrono is indeed the meaning of life, the universe and everything (to mankind). The word "Tralfamadore" means 541 in tralfamadorian also there. And six times nine is Mary-Anne, according to the old poem "A mortifying mistake". Fun-fact: 042 is the ASCII-code for *. This is the wildcard sign, which can replace any other character.

To learn more about Deep Thought, I suggest you to read "When Harlie was one" from David Gerrold. Harlie is a computer with neuronal networks who thinks like a human but much faster and more complex. He wants to prove the existence of god. So he plans the GOD-machine, a bigger computer than himself. Not only has the first estimation of GOD the size of a planet (later it shrinks to a small town), its calculation times are also estimated to be ten thousands of years because of the long cables that transport the signals. In addition it is stated that very complex questions such as religion or the meaning of life can only be questioned right by a computer and the answer understood only by a computer aswell.

And now quickly how Magritte's pipe painting relates to 6x9=42. Both have two different states at the same time, like Schrödinger's cat. In Magritte's case, the pipe is not a pipe according to the statement, but at the same time it is a pipe according to the picture. Adam's equation is correct according to the statement and at the same time wrong according to the logic.


Nach Douglas Adams ist die ultimative Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens ganz einfach: 42. Und die ultimative Frage ist: Was ist 9 multipliziert mit 6, was definitiv nicht 42 ergibt, sondern 54. Also wie kann 6x9=42 sein? Ich denke, 6x9=42 if 789 (7 ate 9). Kleiner englischer Sprachwitz, in dem die Sieben die Neun isst. Damit wird die neun zu einer imaginären Zahl. Als komplexe Zahl könnte man das ganze dann so ausdrücken: 6x(7+9i)=(42+54i). Die Quersumme von 42 ist 6 und die Quersumme von 54 ist 9, witzigerweise. Und 42+54=96.

So weit so gut. Da Schreiben selten ein logischer, sondern meist ein assoziativer Prozess ist, sind hier meine besten Vermutungen für die Motivationen des Autors, gerade diese Ziffern zu benutzen: Zweiundvierzig ist das Alter von Chrono, wenn das Buch "Die Sirenen des Titan" von Kurt Vonnegut endet. Wenn man es liest lernt man, dass Chrono wirklich der Sinn des Lebens, des Universums und des ganzen Restes ist (für die Menschheit). Das Wort "Tralfamadore" in dem Buch bedeutet 541 in tralfamadorisch. Und sechs mal neun ist "Mary-Anne" nach dem alten Gedicht "A mortifying mistake".
Fun-Fakt: 042 ist der ASCII-Code für *, das Wildcardzeichen, das alle anderen Zeichen ersetzen kann.

Um mehr über Deep Thought zu lernen empfehle ich auch das Buch "Ich bin Harlie" von David Gerrold. Harlie ist ein Computer mit neuronalen Netzwerken, der wie ein Mensch denkt, nur viel schneller und komplexer. Er will die Existenz von Gott beweisen. Deswegen plant er die GOD-Maschine, ein größerer Computer als er selbst. Nicht nur ist die erste Schätzung der Größe von GOD die eines Planeten (später schrumpft sie auf eine Kleinstadt), ihre Berechnungszeiten betragen auch zehntausende von Jahren wegen der langen Kabel, die die Signale transportieren. Ausserdem wird postuliert, dass sehr komplexe Fragen wie nach Religion oder dem Sinn des Lebens nur von Computern richtig gestellt werden können und die Antworten auf diese Fragen nur von Computern verstanden.

Und nun noch schnell dazu, wie Magrittes Pfeifengemälde mit 6x9=42 zusammenhängt. Beide haben gleichzeitig zwei verschiedene Zustände, wie etwa Schrödingers Katze. Bei Magritte ist die Pfeife keine Pfeife der Aussage ("Das ist keine Pfeife") nach und gleichzeitig doch eine Pfeife dem Bild nach. Adams Gleichung ist richtig der Aussage nach und gleichzeitig falsch der Logik nach.


Montag, 3. März 2025

Multifaktorielle Migrationsursachen und ihr Einfluss auf die psychische Gesundheit (von Angelica)

Einführung

Migration hat es im Laufe der Geschichte überall auf der Welt gegeben. Sie war vor allem mit der Suche nach einer besseren Lebensqualität verbunden, sei es aus wirtschaftlichen, politischen oder sozialen Gründen oder aufgrund bewaffneter Konflikte. Während des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) kam es zu einer Massenvertreibung von Menschen, vor allem in Richtung USA, die dadurch zu Flüchtlingen wurden. Seitdem war eine derart bedeutende Migrationsbewegung erst im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wieder zu verzeichnen. Hierbei initiierten globale Konflikte einen stetigen und massiven Anstieg der menschlichen Mobilität, was wiederum zu einer Diversifizierung der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes führte. Im Jahr 2020 gab es etwa 281 Millionen internationale Migranten, das entspricht 3,6 % der Weltbevölkerung.

Die unterschiedlichen Gründe für eine Migration – von der Suche nach Wohlstand bis hin zur Zwangsvertreibung infolge bewaffneter Konflikte – können bei Migranten unterschiedliche psychologische Reaktionen auf die Unsicherheit und die Herausforderungen der Integration im Gastland hervorrufen. Diese psychischen Störungen, wie etwa Stress, Angst und Depression, können in ihrer Intensität von akut bis chronisch variieren. Es ist von entscheidender Bedeutung, multidisziplinäre Strategien zu entwickeln, die die Unterstützung, Rehabilitation und Integration dieser Gruppen in den Aufnahmeländern erleichtern.

Entwicklung

Migration ist ein sehr komplizierter Prozess, der sich auf die psychische Gesundheit auswirkt, insbesondere bei gefährdeten Gruppen wie Kindern, Jugendlichen, Frauen und in jüngster Zeit auch auf Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Vertriebene (Zwangsmigration) aller Altersgruppen. Dabei handelt es sich oft um alleinstehende Männer und Kinder und Jugendliche und in geringerem Maße um Familien, die aus Eltern und Kindern bestehen. Das Ausmaß der negativen psychologischen Auswirkungen wird von den negativen Bedingungen vor der Migration abhängen (Gewalt, Trauma und Verlust) und Postmigration (Diskriminierung, Akkulturation und Mangel an sozialer Unterstützung).

Darüber hinaus muss zwischen verschiedenen Arten der Vertreibung unterschieden werden: Binnenmigration (innerhalb desselben Landes) und internationale Migration (Bewegung außerhalb der Landesgrenzen). Die Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes sind unterschiedlich und haben unterschiedliche Implikationen:

·       Flüchtling Person, die aus Angst vor Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Nationalität oder Religion aus ihrem Land flieht

·       Binnenvertriebene Personen, die von zu Hause geflohen sind, ohne jedoch internationale Grenzen überschritten zu haben.

·       Externe Vertriebene und Zwangsmigranten Personen, die ihr Land auf der Suche nach Zuflucht verlassen hat

·       Ein-/Auswanderer Jede Person, die aus verschiedenen Gründen, die nicht unbedingt eine unmittelbare  Bedrohung durch Verfolgung und Tod beinhalten, ihren üblichen Wohnort verlässt

Studien heben Probleme und Störungen hervor wie:

·       Stress posttraumatisch

·       Stress chronisch aufgrund der schwierigen Bedingungen im Migrationsprozess

·       Angst verbunden mit dem Kampf um Migrationserfolg oder der Angst vor Diskriminierung

·       Depression mit Symptomen wie schwerer Traurigkeit, verbunden geringem Selbstwertgefühl im Zusammenhang mit dem Scheitern des persönlichen Migrationsprojekts

·       Migrationstrauer (umgangssprachlich: Heimweh) entsteht durch den Verlust von Familie, Kultur, sozialem Status und Sicherheit, der je nach den Umständen des Migranten und der Umgebung des Aufnahmelandes einfach, kompliziert oder extrem sein kann.

Die Veränderung der psychischen Gesundheit ist je nach Alter unterschiedlich und unterschiedlich ausgeprägt:

·       Kinder und Jugendliche Sie neigen eher dazu, psychische Probleme und Störungen zu entwickeln, vor allem Depressionen, soziale Ängste und Suchterkrankungen, insbesondere wenn sie alleine migrieren.

·       Frauen Sie weisen meist psychiatrische Symptome und posttraumatische Belastungsstörungen aufgrund von körperlicher und sexueller Gewalt auf, sei es durch ihre Partner, die Gemeinschaft oder Menschen außerhalb ihres Umfelds. Stress entsteht durch die Betreuung ihrer Kinder unter Risikobedingungen

·       Männer Sie haben häufig Probleme mit illegalem Aufenthalt und sozialer Ausgrenzung.

Studien, die dieses multifaktorielle Problem erklären, werden überwiegend in Ländern mit hohem Einkommen durchgeführt. Besonders hervorzuheben sind hier die USA und Kanada, gefolgt von Australien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Dies sind traditionell die reichen Länder, die die meisten Migranten aufnehmen: In den letzten Jahren haben sie ihre Einwanderungs- und Asylpolitik verschärft. Der Grund dafür ist Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die durch die Medien und digitalen sozialen Netzwerke noch verstärkt werden. Diese Einflüsse können auf Faktoren wie Alter, Bildungsniveau, Geschlecht und Religion zurückzuführen sein. Auf diese Weise haben sich Länder wie Mexiko, die Türkei, Griechenland und Italien in die Liste der Länder mit der höchsten Zahl an Menschenmobilität eingereiht, da sie mit ihren Nachbarn bei der Kontrolle der irregulären Migration zusammenarbeiten, um die Ankunft von Flüchtlingen und Einwanderern zu verhindern und einzudämmen, indem sie die Grenzen militarisieren. Diese militärischen Maßnahmen sind bei der Bewältigung der Integration letztlich kontraproduktiv. 

Studien in Kanada und den USA geben an, dass es mehr männliche (51,9 %) als weibliche (48,1 %) Migranten gibt. Sie gehen davon aus, dass es zwei Arten von Migration gibt: gesunde Migration und krankmachende Migration. Der erste Punkt spielt auf die Tatsache an, dass Migranten ein geringeres Risiko für psychische Störungen haben, was möglicherweise mit ihrem höheren Bildungsniveau und ihrer psychischen Gesundheit vor der Migration zusammenhängt. Dies kann sich jedoch aufgrund externer Faktoren ändern, mit denen sie während des Migrationsprozesses konfrontiert werden, wie etwa Rassismus, Akkulturation, Ausbeutung, Diskriminierung und Gewalt, die wiederum ihre psychische Gesundheit beeinträchtigen können. Andererseits zeigen Studien in Europa, Asien und Australien, dass Migranten häufiger psychische Probleme haben, insbesondere wenn sie aus Entwicklungsländern oder aus Ländern mit erheblichen kulturellen Unterschieden kommen. Schließlich ist auch in Israel und China bei Migranten eine höhere Prävalenz psychischer Störungen zu beobachten als bei der einheimischen Bevölkerung. Im Jahr 2022 nahmen Europa und Asien die Mehrheit der internationalen Migranten auf (61 % der Gesamtzahl).

Andererseits wurde hervorgehoben, dass soziale Unterstützung dazu beiträgt, die negativen Aspekte des Migrationsprozesses abzumildern. Soziale Interaktionen, die Unterstützung bieten und die Integration erleichtern, mildern die Auswirkungen wahrgenommener Probleme und verringern das Ausmaß von Depressionen und Ängsten, insbesondere bei Menschen mit mittelschweren oder schweren Symptomen. Andererseits führen der Mangel an Unterstützung und die Wahrnehmung schwerwiegender Schwierigkeiten in Bereichen wie Arbeit, Wohnen, Behördengängen und sozialen Beziehungen häufiger zu psychischen Problemen und Störungen.

Schlussfolgerungen

Angesichts der Komplexität der Migration ist es wichtig, dieses Phänomen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und seine besonderen Merkmale zu berücksichtigen, insbesondere bei gefährdeten Gruppen, die stärker zu psychischen Problemen und Störungen neigen. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, den Kontext und die Besonderheiten des Migrationsprozesses zu berücksichtigen, den jede Person auf ihrem Weg zur Integration im Aufnahmeland erlebt hat. Jede Gruppe und jeder Einzelne hat spezifische Migrationsursachen und -probleme. Daher ist es wichtig, soziodemografische, psychologische und kulturelle Aspekte, die Herkunftsregion, gelebte Erfahrungen und den Akkulturationsprozess zu berücksichtigen. Dieser umfassende Ansatz würde es Fachleuten aus verschiedenen Disziplinen ermöglichen, die psychische Gesundheitsversorgung von Migranten und der Bevölkerung insgesamt zu verbessern.

Um dies zu erreichen, ist es von entscheidender Bedeutung, die Gesellschaft im Allgemeinen und insbesondere Beamte und Arbeitnehmer in Bereichen wie Sozialdiensten, Gesundheit, Bildung und Justiz für Zwangsvertreibung, Flucht und Migration und deren Ursachen zu sensibilisieren, da sie bei der wirksamen Integration von Migranten in ihre neue Umgebung entscheidende Akteure sind. Darüber hinaus muss die Migrationspolitik neu definiert und unterstützter, empathischer und wirksamer gestaltet werden. Es müssen geeignete Erkennungs- und Präventionsstrategien entwickelt werden, die auf die besonderen Bedürfnisse von Migranten eingehen und ihr psychisches Wohlbefinden fördern. Hierzu gehört die Bekämpfung sozialer Ausgrenzung und Ungleichheit durch entsprechende soziale Unterstützung.

Bibliografie

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·      García Ramírez Manuel, Martínez García Manuel Francisco, Maya Jariego Isidro (2001). El efecto amortiguador del apoyo social sobre la depression en un colectivo de inmigrantes. Psicothema. Vol. 13, nº 4, pp. 605-610.

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·      Informe sobre las Migraciones en el Mundo 2024. (2024). Organización Internacional para las Migraciones OIM, ONU Migración.

 

Migration und die psychische Gesundheit von Migranten (von Angelica)

„… du fragst mich, Zyklop, wie mein Name ist… Ich werde es dir sagen, mein Name ist Niemand, und Niemand nennen mich alle…“ Odyssee, Gesang IX

Einleitung
Migration ist ein Phänomen, das oft zur Entmenschlichung neigt, da es aus demografischen und sozioökonomischen Perspektiven betrachtet wird, anstatt den Migranten in den Mittelpunkt zu stellen, der die Hauptfigur dieser komplexen Realität ist. Der Migrationsprozess ist per se stresserzeugend, daher ist es entscheidend, den Fokus auf die Menschen und die Stressfaktoren zu legen, die ihre psychische Gesundheit beeinträchtigen können. Die Migrationstrauer verdeutlicht die Anzeichen, die Menschen während der Anpassung an ihre neue Umgebung zeigen können.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Migrationstrauer eine Reihe von Symptomen aufweist, die mit Depressionen verwechselt werden könnten und fälschlicherweise als solche behandelt werden. Wer Symptome der Migrationstrauer zeigt, leidet nicht an einer klinischen Depression, sondern durchläuft einen natürlichen Prozess der Gewöhnung an die neue Umgebung, der, wenn er falsch gehandhabt wird, verschiedene Syndrome oder Pathologien auslösen könnte. Dieser Text wird die Ursachen und Symptome dieses psychischen Problems erläutern und die wichtigsten Unterschiede zwischen klinischer Depression und Migrationstrauer aufzeigen, um die Unterscheidung und ein besseres Verständnis dieses psychischen Gesundheitsproblems zu erleichtern.

Entwicklung
Migration ist ein wesentlicher Teil der Menschheitsgeschichte, angetrieben durch den Wunsch nach einer besseren Lebensqualität. Seit dem ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ist ein deutlicher Anstieg der Migrationsbewegungen zu beobachten, der durch globale Konflikte verstärkt wurde, die die menschliche Mobilität erhöht haben. Die geschätzte Gesamtzahl von 281 Millionen Menschen, die im Jahr 2020 in einem anderen Land als ihrem Geburtsland lebten, ist um 128 Millionen höher als im Jahr 1990 und mehr als dreimal so hoch wie im Jahr 1970. (Weltmigrationsbericht 2024. 2024). Daher ist die Motivation groß, über dieses aktuelle Thema zu sprechen.

Die Migrationstrauer
Migration bedeutet, sich verschiedenen Herausforderungen und Veränderungen zu stellen, die bei den Betroffenen Stress auslösen können. Die Migrationstrauer, auch bekannt als „Trauer um den kulturellen Verlust“, ist ein Prozess, der die Transformation der Identität von Einwanderern und die emotionale Anpassung an die mit der Migration verbundenen Verluste beinhaltet. Dies geschieht, wenn Menschen ihren Heimatort verlassen, um an einen anderen Ort zu ziehen, und ihre Identität in einer neuen Umgebung neu strukturieren müssen. Durch diese Trauer können Menschen eine neue, reichere Identität entwickeln; einige Einwanderer spiegeln diese Bereicherung in ihrer Reife und Weltsicht wider. Die Anzeichen der Migrationstrauer können in Intensität und Art variieren, abhängig von Faktoren wie dem Bewältigungsstil und den sozialen Umständen. Sie lassen sich unterteilen in:

  1. Partielle Trauer. Im Gegensatz zur totalen Trauer (um den Tod) verschwindet bei der Migration das „Objekt“ der Trauer (das Heimatland) nicht, sondern es gibt eine Trennung, und die Möglichkeit, den Kontakt aufrechtzuerhalten, besteht.

  2. Wiederkehrende Trauer. Der kontinuierliche Kontakt mit dem Heimatland, erleichtert durch die Globalisierung und digitale Medien (Internet, soziale Netzwerke), belebt die Bindungen wieder und macht die Trauer wiederkehrend.

  3. Multiple Trauer. Es ist der gleichzeitige Verlust verschiedener bedeutender Aspekte. Es werden sieben Arten von Trauer identifiziert:

  • Familie und geliebte Menschen: Die Trennung von der Familie und den engsten Bezugspersonen.

  • Sprache: Der Verlust der Muttersprache und die Anstrengung, eine neue Sprache zu lernen.

  • Kultur: Die Anpassung an neue Werte, Bräuche und Weltanschauungen.

  • Heimat: Die Sehnsucht nach der Landschaft, dem Klima und der natürlichen Umgebung.

  • Sozialer Status: Der Verlust der sozialen Stellung, der Arbeit und der Möglichkeiten.

  • Kontakt mit der Bezugsgruppe: Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

  • Physische Risiken: Die mit der Migration verbundenen Gefahren wie Unfälle, Gewalt oder Krankheiten sowie die Lebensbedingungen im Aufnahmeland.

Zur Migrationstrauer können Faktoren hinzukommen, die die Integration und Anpassung an das Aufnahmeland erschweren, wie Arbeitslosigkeit, Stigmatisierung, Menschenrechtsverletzungen, Rassismus und andere. Somit kann diese Trauer in drei Intensitätsstufen unterteilt werden:

  • Einfach: Die Anpassung verläuft ohne größere Probleme, wobei die Person über eine angemessene Fähigkeit verfügt, ihre Emotionen effektiv zu bewältigen und zu kontrollieren.

  • Kompliziert: Wenn es einige Schwierigkeiten bei der Anpassung gibt. In diesen Fällen wird die Trauer dennoch verarbeitet, überwunden, und die Person geht weiter.

  • Extrem: Wenn sich das Syndrom des Odysseus entwickelt. In diesem Fall lebt der Migrant in einem Zustand extremen Stresses, einer extremen Trauer, die nicht verarbeitet werden kann, was die Vorteile der Migration zunichtemacht und zu einer permanenten Krise führt, die das Risiko erhöht, eine Störung zu entwickeln.

Emotionsregulation
Die Emotionsregulation ist ein wesentlicher Bestandteil der Fähigkeit, Emotionen effektiv zu bewältigen und zu kontrollieren, was beeinflusst, wie die Migrationstrauer verarbeitet wird und ob psychologische Symptome wie Depressionen, Angstzustände und somatische Symptome auftreten. Sie wirkt als Schutzfaktor, der hilft, die mit der Migrationstrauer verbundene Symptomatik zu verhindern oder zu mildern.

Depression
Andererseits ist Depression ein komplexes Phänomen, das die Menschheit im Laufe der Jahre begleitet hat. Es ist eine vorübergehende oder dauerhafte Stimmungsstörung, die Gedanken, Verhalten und die Fähigkeit beeinträchtigt, im täglichen Leben zu funktionieren. Es handelt sich nicht um eine einfache Traurigkeit oder Niedergeschlagenheit für kurze Zeit, sondern um einen anhaltenden Zustand, der das Leben der Person erheblich beeinträchtigen kann.

Es gibt drei verschiedene Ebenen:

  • Symptom: Isoliert oder in Begleitung anderer, ohne direkten Zusammenhang.

  • Syndrom: Basierend auf Traurigkeit, wobei die Symptome miteinander verbunden sind.

  • Störung: Wenn bestimmte charakteristische und nachweisbare Symptome auftreten.

Depressionen entstehen durch verschiedene Ursachen, wie Ereignisse des täglichen Lebens (Verluste oder die Unfähigkeit, mit ihnen umzugehen), chemische Veränderungen im Gehirn, Nebenwirkungen von Medikamenten, verschiedene körperliche Störungen, genetische und evolutionäre Faktoren.

Im Folgenden ein Vergleich der charakteristischen Symptome zwischen Migrationstrauer und Depression:

Symptome

  • Depression: Die Symptome sind anhaltend.

    • Tiefe Traurigkeit, Verlust von Interessen, Schlafstörungen.

    • Beeinträchtigt ständig die Stimmung und die täglichen Aktivitäten, z.B. die Arbeitsfähigkeit, die Aufrechterhaltung von Beziehungen.

    • Kann Gefühle von Leere und tiefer Verzweiflung einschließen, unabhängig von einem bestimmten Ereignis.

    • Erfordert in der Regel eine professionelle therapeutische Behandlung und in einigen Fällen Medikamente.

    • Gedanken der Wertlosigkeit und Schuld.

    • Müdigkeit und Hoffnungslosigkeit.

    • Suizidgedanken.

    • Ohne therapeutische Behandlung kann sich die Depression verschlimmern und chronisch werden, was die psychische Gesundheit beeinträchtigt.

  • Migrationstrauer: Die Symptome können vorübergehend auftreten und variieren in der Intensität.

    • Traurigkeit, Nostalgie, Sehnsucht nach dem Heimatland.

    • Kann die Stimmung und Emotionen beeinflussen, beeinträchtigt jedoch in der Regel nicht die Fähigkeit, tägliche Aktivitäten auszuführen.

    • Kann mit der Hoffnung auf Anpassung an die neue Umgebung koexistieren.

    • Je nach Intensität der Symptome kann sie mit oder ohne Therapie verlaufen, die Besserung erfolgt durch emotionale Unterstützung und angemessene kulturelle Integration.

    • Tendiert dazu, sich zu verbessern, wenn sich die Person an die neue Umgebung anpasst. Kann jedoch zu einem Odysseus-Syndrom oder sogar zu einer Depression führen, wenn sie nicht angemessen bewältigt wird.

Schlussfolgerungen
Obwohl die Migrationstrauer Merkmale mit der Depression teilt, unterscheidet sie sich in Intensität, Häufigkeit, Zeitlichkeit und Motivation. Diese Unterschiede zu erkennen, ist entscheidend für die psychologische Begleitung des Migranten, weshalb eine genaue Diagnose unerlässlich ist.

Migration ist ein dynamisches Gleichgewicht, in dem sowohl positive als auch negative Aspekte überwiegen. Die Migrationstrauer ist ein Anpassungsmechanismus an die neue Umgebung, ein temporäres psychisches Gesundheitsproblem und keine Krankheit. Eine falsche Handhabung kann jedoch zu schwerwiegenden Pathologien führen. Darüber hinaus sehen sich Migranten mit multiplen Stressfaktoren konfrontiert, wie Arbeitslosigkeit, Stigmatisierung, Gewalt und Diskriminierung.

Dass die Migrationstrauer partiell ist, macht sie nicht einfach. Sie betrifft sowohl die Einheimischen als auch diejenigen, die im Heimatland bleiben.

Eine Schlüsselvariable bei der Anpassung ist die Emotionsregulation, die beeinflusst, wie Verluste verarbeitet und die Herausforderungen der neuen Umgebung bewältigt werden. Die Verbesserung dieser Fähigkeit ist entscheidend, um psychische Gesundheitsprobleme in dieser Population zu verhindern.

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